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Die Inschriften des Bundeslandes Tirol

Politischer Bezirk Landeck

146 Stuben (Pfunds), Fk. Mariä Himmelfahrt um 1500

Wandmalereien mit Beischriften, im Chorgewölbe, Teil einer umfassenden malerischen Gesamtausstattung des ganzen Kircheninnenraums (s. Kat.-Nrr. 147–149). Dargestellt ist im zentralen rautenförmigen Gewölbefeld Christus als Weltenrichter, flankiert von zwei gewundenen Spruchbändern mit einzeiliger schwarzer Inschrift auf weißem Grund, die zarte rote Zeilenlinierung ist sichtbar geblieben (links I, rechts II). In den umgebenden Gewölbefeldern die vier Evangelistensymbole mit jeweils einem gleichartig gestalteten Spruchband (Matthäus/Engel III, Lukas/Stier IV, Markus/Löwe V, Johannes/Adler VI). Die reichen Wandmalereien der ehemaligen Pfarrkirche wurden 1912 freigelegt1) und um 1973 bzw. zwischen 1971 und 1978 restauriert2). Die Wandmalereien waren vor ihrer Restaurierung in sehr schlechtem Zustand, die Inschriften der Spruchbänder kaum zu lesen, wie Aufnahmen aus der Zeit vor 1970 zeigen3). Alle Inschriften sind heute entweder äußerst fragmentarisch erhalten oder in solcher Weise überarbeitet, dass eine sinnvolle Transkription bisweilen kaum möglich ist. Gerade bei den Spruchbändern Christi (I, II) ist der aktuelle Bestand fast durchwegs entstellt und völlig sinnentleert.

Bu. ca. 7 cm (I–II), ca. 10 cm (III–V), ca. 16 cm (VI). – Gotische Minuskel.


Textedition
			

I. [ve]nitea) · [b(e)n(e)d(i)ctib)] · // [patrisc)] · mei II. Jte · maledictid) · // i(n) i[gne(m) et(er)nu(m)e)] III. · sanctvsf) · [mat]theus IV. · s[anctus lucas] V. · [sanctus · marcusg)] VI. · [sanctush)] Johanne[s]

Anmerkungen
a) Trennzeichen quadrangelförmig.
b) so wohl der Originalbestand; aktueller Bestand durch unsachgemäße restauratorische Eingriffe völlig entstellt: dnncti · i; folgt Übergang auf den zweiten Abschnitt des Spruchbands.
c) so wohl der Originalbestand; aktueller Bestand durch unsachgemäße restauratorische Eingriffe völlig entstellt: agn mit Kürzungsstrich · pi.
d) der linksschräge obere Teil des abgeknickten Schafts von d bei Restaurierung verschwunden; t zu c verändert; folgt Übergang auf den zweiten Abschnitt des Spruchbands.
e) so wohl der Originalbestand; aktueller Bestand durch unsachgemäße restauratorische Eingriffe völlig entstellt: idmb mit Kürzungsstrich iaiu mit Kürzungsstrich.
f) als Trennzeichen schwarze Quadrangeln, von roten vegetabilen Ranken umgeben.
g) im aktuellen Bestand lediglich einige sinnlose Buchstabenbestandteile fett nachgezogen.
h) bei der Restaurierung wurden zwar wenigstens zwei nebeneinander liegende Schäfte am Beginn der Inschrift nachgezogen, doch legt der Befund der übrigen Tituli als Originalbestand lediglich s(anctus) nahe.

Kommt, ihr Gesegneten meines Vaters! (I).
Geht, ihr Verfluchten, ins ewige Feuer! (II).

Mt 25,34 (I); nach Mt 25,41 (II).


Kommentar

Die malerische Gesamtausstattung der Kirche (vgl. Kat.-Nrr. 147–149) wurde unter einer mutmaßlichen Datierung in das letzte Drittel des 15. Jahrhunderts dem Innsbrucker Maler Martin Enzelsberger zugeschrieben. Es würde sich demnach um eines der ältesten erhaltenen Werke des Malers handeln, der seit 1493 als Maler im Dienst Erzherzog Sigmunds belegt ist; er verstarb wahrscheinlich erst um 1543 in Innsbruck, wo er zahlreiche kommunale Ämter (etwa als Baumeister im Stadtrat) versehen hatte4). Tatsächlich legen allgemeine stilistische Merkmale, kostümgeschichtliche Details und der inschriftenpaläographische Befund eher eine Datierung der gegenständlichen Wandmalereien um 1500 nahe.

1) Hochenegg, Kirchen 223 und Matscher, Am obersten Inn 222.
2) Klien, Geschichte 80.
3) Fotos im Fotoarchiv des Bundesdenkmalamtes Innsbruck unter Pfunds-Stuben/Frauenkirche (Neg. Nr. 10.555 und 5432).
4) Dankmar, Enzelsberger 186.
Literatur

Hochenegg, Kirchen 223. – Matscher, Am obersten Inn 222. – Ammann, Oberland 282. – Dehio Tirol 610. – Klien, Geschichte 83.



Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser

Zitierregel:
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte, ges. u. bearb. v. Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser (Die Deutschen Inschriften 82. Band, Wiener Reihe 7. Band, Teil 1) Wien 2013, Kat. Nr. 146,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/tirol-1/landeck/tirol-1-obj146.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
82. Band, Wiener Reihe 7. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol - Teil 1
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol  Politischer Bezirk Landeck  Stuben (Pfunds), Fk. Mariä Himmelfahrt    •  Wandmalereien  •  Beischriften  •  Gotische Minuskel  •  Enzelsberger, Martin  •  Sigmund  •  Stuben, Wallfahrtskirche

Abbildungen

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Abb. 120: Wandmalereien
(um 1500), Detail

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Abb. 121: Detail

©  ÖAW, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Fotograf: Romedio Schmitz-Esser)