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Die Inschriften des Bundeslandes Tirol

Politischer Bezirk Landeck

149 Stuben (Pfunds), Fk. Mariä Himmelfahrt um 1500

Wandmalereien mit Beischriften, an der Südwand des Langhauses im zweiten Joch. Dargestellt ist einerseits links des Fensters in hochrechteckigem Bildfeld mit breitem Rahmen aus roten Wellenranken vor schwarzem Grund die Heimsuchung Mariens: vor Fluss- bzw. Aulandschaft links stehend Maria, der die von rechts hinzutretende Elisabeth zum Gruß beide Hände reicht. Rechts oben findet sich ein langes weißes, einzeilig schwarz bemaltes Spruchband, das an seinem rechten Ende eine Schlinge bildet (I, zarte rote Zeilenlinierung sichtbar). Im selben Joch befindet sich rechts des Fensters weiters ein querrechteckiges Bildfeld mit dem Beschlagwunder des Hl. Eligius1), dessen rotgrundiger Nimbus einen ocker bis gold aufgemalten Titulus (II) enthält. In den schmalen, durch zwei schlanke Säulen gebildeten flankierenden Nischen stehen die Hll. Jakobus d. Ä. (links) und Sebastian (rechts), deren Nimben gleichartig ausgeführte Tituli zeigen (III und IV). Inschrift II ist nur mehr schlecht erhalten. Vgl. zur Freilegung und Restaurierung der Stubener Wandmalereien Kat.-Nr. 146.

Bu. 6 cm (I), 4 cm (II), 3–4 cm (III und IV). – Gotische Minuskel.


Textedition
			

I. · bene//dictaa) tub) // in mulieribus // et // benedi//ctusc) · II. [sanct]us · eloyus III. sanctus · iacobus IV. sanctus · sebastianus

Anmerkungen
a) voranstehendes Zierzeichen rosettenartig rot aufgemalt; b durch unsachgemäßen restauratorischen Eingriff v-artig verkürzt; Unterbrechungen durch Falten des Spruchbandes.
b) Bestand heute verfälscht zu cu.
c) Bestand heute verfälscht zu unedi//ctus; folgt rosettenartiges rotes Füllzeichen.

Du bist gebenedeit unter den Frauen und gebenedeit (...) (I).

Nach Lc 1,42 (I).


Kommentar

Zur malerischen Gesamtausstattung der Stubener Filialkirche s. Kat.-Nr. 146.

So wie bei der Ölbergszene im Stubener Wandmalereizyklus (vgl. Kat.-Nr. 148) bezieht sich auch bei der Heimsuchung der Text des Spruchbandes situativ auf die entsprechenden Bibelstellen: Es handelt sich um die Ausrufe der Elisabeth, die – selbst mit Johannes dem Täufer schwanger – die schwangere Maria trifft. So heißt es im Lukas-Evangelium: „Da wurde Elisabeth vom Heiligen Geist erfüllt und rief mit lauter Stimme: Gesegnet bist du mehr als alle anderen Frauen, und gesegnet ist die Frucht deines Leibes.“2) Die Kombination der beiden Ausrufe der Elisabeth entspricht der in der Messe bis heute häufig gebrauchten Formel und war so den mittelalterlichen Betrachtern des Bildes sofort ein Begriff; zugleich aber rief das Wandgemälde den biblischen Ursprung des Textes wieder ins Gedächtnis der Kirchgänger. Man mag darin – wie überhaupt in den sehr bildhaft gehaltenen, die Bibel geradezu illustrierenden Wandgemälden in Stuben – einen Ausdruck der „devotio moderna“ und eines allgemein stärkeren Rückgriffs auf die Schrift in der Zeit um 1500 sehen.

1) Zur Ikonographie des Hl. Eligius vgl. Werner, Eligius 123–126.
2) Lk 1,41f.
Literatur

Hochenegg, Kirchen 223. – Matscher, Am obersten Inn 222. – Ammann, Oberland 283. – Dehio Tirol 610. – Klien, Kunstschätze 82 und 84. – Klien, Geschichte 82.



Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser

Zitierregel:
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte, ges. u. bearb. v. Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser (Die Deutschen Inschriften 82. Band, Wiener Reihe 7. Band, Teil 1) Wien 2013, Kat. Nr. 149,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/tirol-1/landeck/tirol-1-obj149.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
82. Band, Wiener Reihe 7. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol - Teil 1
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol  Politischer Bezirk Landeck  Stuben (Pfunds), Fk. Mariä Himmelfahrt    •  Wandmalereien  •  Beischriften  •  Gotische Minuskel  •  Stuben, Wallfahrtskirche

Abbildungen

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Abb. 123: Stuben, Wandmalereien
(um 1500), Detail

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Abb. 124: Detail

©  ÖAW, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Fotograf: Romedio Schmitz-Esser)