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Die Inschriften des Bundeslandes Tirol

Politischer Bezirk Landeck

160† Landeck, Pfk. Mariä Himmelfahrt (1513?)

Figurengruppe mit Titulus auf einem heute verlorenen Podest, polychromiertes Holz, in der Predella des sog. Schrofensteiner Altares (Hochaltares). Die Gruppe besteht aus der deutlich größer gearbeiteten Figur des thronenden Hl. Oswald (mit Rüstung, Krone, Zepter, Salbgefäß und Rabe) in der Mitte, die flankiert wird von den Figuren des knienden Stifterpaars. Links der bärtige Stifter, Oswald von Schrofenstein, vor seinem gelehnten Wappen, rechts die Stifterin, hinter ihr das aufrecht gestellte Vollwappen. Der Thron des Hl. Oswald war einst durch ein Podest zusätzlich erhöht, auf dem man deutlich eine aufgemalte, schwarze Inschrift erkennen konnte (I). Die Inschrift war noch 1966 zu sehen, als Erich Egg ein Foto der Figurengruppe veröffentlichte1). Nach dieser Abbildung scheint die Inschrift jedoch bereits eine neuzeitliche Wiederholung einer vielleicht originalen gleich lautenden Beschriftung gewesen zu sein.

Gotische Minuskel?.

Text und Positionsangabe nach Trapp, Denkmale Taf. VIII, Bild 4, vgl. Egg, Kunst in Innsbruck 40, Abb. 13 und Jenny, Kirche 26 und 28.


Textedition
			

S(anc)t(us) · Oswald(us) · M(artyr) ·

Anmerkungen

Der Heilige Märtyrer Oswald.


Wappen: Schrofenstein2), Wolkenstein3).


Kommentar

Die beiden Stifterfiguren stellen Oswald von Schrofenstein und seine Frau Praxedis von Wolkenstein dar. Vom Grabdenkmalensemble des Oswald von Schrofenstein haben sich noch mehrere Objekte in der Landecker Pfarrkirche erhalten, so etwa der prächtige Totenschild (vgl. Kat.-Nr. 140) und zwei Grabdenkmäler mit Wappenrelief (vgl. Kat.-Nrr. 141f.).

Die Figuren werden dem zur Zeit Maximilians I. tätigen Künstler Sebald Bocksdorfer zugeschrieben4), der auch die Grabdenkmäler Schrofensteins ausgeführt hatte. Vom Schrofensteiner Altar, dessen Predella-Figuren hier besprochen werden, hat sich noch die Figurengruppe der Anbetung der Hl. Drei Könige erhalten, die heute das Mittelstück des Hochaltares in der Pfarrkirche bildet. Der Altar wurde aber 1857/60 einer einschneidenden Restaurierung und Neugestaltung unterzogen. Es scheint durchaus möglich, dass auch das Podest mit der Inschrift erst Mitte des 19. Jahrhunderts unter der Figur des Hl. Oswald ergänzt wurde und es sich bei der Inschrift um eine völlige Neuschöpfung handelt; Pläne für eine Änderung oder Umgestaltung des Altares haben sich jedoch nicht erhalten, so dass sich von der historistischen Überarbeitung eher das Bild einer Ergänzung des bestehenden Altares um zwei neugotische Flügel ergibt, ohne dass man in die alte Gestaltung etwa der Predella selbst eingriff5).

Die Datierung des Altares auf 1513 basiert auf dem urkundlich für dieses Jahr belegten Tafelbild der Schreinrückwand mit dem Jüngsten Gericht, die Sebastian Scheel zugeschrieben wird6).

1) Egg, Kunst in Innsbruck 40, Abb. 13. Vgl. zuvor Trapp, Denkmale Taf. VIII, Bild 4.
2) In Silber ein oberhalber, schwarzer Steinbock, aus dessen Rumpf vier rote Flammen schlagen; linksgewendeter Spangenhelm mit dem Steinbock als Helmzier.
3) Si Tir 19 und Taf. 23 (Wappen 3 [Wolkenstein-Trostburg]) bzw. Bay 24b und Taf. 20 (I. Wappen; jedoch ohne Herzschild), vgl. auch Württembergisches Adels- und Wappenbuch 1085.
4) Etwa Müller, Skulptur 43f. Gegen eine solche Zuschreibung trat Miller, Bocksdorfer 83, ein.
5) Vgl. dazu Lunger, Einrichtung 21–23.
6) Vgl. dazu Huter/Weingartner, Person 88–90 und Egg, Kunst in Innsbruck 38, 42 und 50. Zu Sebastian Scheel vgl. Kat.-Nr. 42.
Literatur

Mayrhofen, Genealogien 7, 114. – Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 4, 47. – Jenny, Kirche 26 und 28. – Hochenegg, Kirchen 205. – Tiroler Landesmuseum, Gotik in Tirol 67. – Egg, Kunst in Innsbruck 38–43. – Egg, Kunst in Tirol (1972) 128f. – Müller, Skulptur 43f. und 446. – Trapp, Denkmale 52–54. – Ammann, Oberland 221. – Lunger, Einrichtung 21–23. – Dehio Tirol 456f.



Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser

Zitierregel:
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte, ges. u. bearb. v. Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser (Die Deutschen Inschriften 82. Band, Wiener Reihe 7. Band, Teil 1) Wien 2013, Kat. Nr. 160,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/tirol-1/landeck/tirol-1-obj160.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
82. Band, Wiener Reihe 7. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol - Teil 1
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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