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Die Inschriften des Bundeslandes Tirol

Politischer Bezirk Landeck

185 Innsbruck, Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum 2. V. 16. Jh.

Bildfenster mit erklärender Beischrift (Inv. Nr. GL 515), 1841 zusammen mit zwölf weiteren Scheiben aus dem Turmsaal von Schloss Sigmundsried (dort wenigstens 1837 nachweisbar) ins Tiroler Landesmuseum übertragen, ursprünglicher Standort unbekannt1). Vollrunder Tondo („Silver Stained Roundel“): im Zentrum in Grisaillemalerei mit vereinzelten gelben Hervorhebungen Szene Josua im Feldlager vor vier getöteten Königen, im Hintergrund sind zwei Lanzenträger und eine weitere kleine Figur mit Turban vor einem Zelt zu erkennen. Mittelfeld gerahmt von einem umlaufenden blauen, von vier Bleistegen unterbrochenen Schriftband. Die schwarze Inschrift nimmt die obere Hälfte des Schriftbands ein, die untere Hälfte ist von schwarzen vegetabilen Ornamenten ausgefüllt.

D. 21,7 cm, Bu. ca. 0,9–1,1 cm. – Gotische Minuskel mit Versalien.


Textedition
			

xxxi kvnig von Josva Erschlage[n]a) // Josve · 12b) ·

Anmerkungen
a) n unter Bleisteg.
b) Trennzeichen quadrangelförmig.

Kommentar

Die Darstellung der Scheibe illustriert die Landnahme der Israeliten unter Josua, der bei den blutigen Kämpfen insgesamt 31 einheimische Könige erschlug, deren Namen die Bibel einzeln aufzählt2). Die kurze Inschrift kommentiert die Szene entsprechend.

Unter den aus Sigmundsried stammenden Scheiben des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum (vgl. Kat.-Nrr. 172, 176, 178f. und 188f.) befinden sich zwei weitere Stücke, die ein biblisches Thema behandeln und höchst wahrscheinlich gemeinsam mit dem Josua-Fenster aus einem Zyklus stammen dürften, was übereinstimmender Durchmesser, Machart, Schriftart und Inhalt nahe legen; alle drei Scheiben dürften von einem bayerischen oder fränkischen (wahrscheinlich Nürnberger) Maler, vielleicht Veit Hirsvogel, angefertigt worden sein (vgl. Kat.-Nrr. 186f.). Als Vorlage für alle diese Scheiben dienten die Illustrationen der 1533 erschienenen „Biblischen Historien, figürlich fürgebildet“ von Hans Sebald Beham3). Die schwungvollen Gotischen Minuskel-Formen dieser Scheibe samt epsilonförmigem E stützen eine Datierung in den oben angesetzten Zeitraum.

1) Ehemals Inv.-Nr. Platte 1809. Zur Übertragung nach Innsbruck s. Zimmeter, Glasgemälde 56, Comploy,Burgen 69 und CVMA Österreich 4, 392. Nach den Angaben des CVMA sowie nach Wolf, Rund- und Wappenscheiben 219–222 legen die Motive der Scheibe eine Herstellung für einen Profanbau nahe, wobei Sigmundsried schon der ursprüngliche Standort gewesen sein könnte. Vgl. auch Kat.-Nrr. 172, 176, 178f. und 186–189.
2) Jos 11,15–12. Das zwölfte Kapitel enthält die Aufzählung der einzelnen Könige (12,9–24).
3) Vgl. dazu ausführlicher CVMA Österreich 4, 392 und Wolf, Rund- und Wappenscheiben 90–92.
Literatur

Zimmeter, Glasgemälde 69. – CVMA Österreich 4, 392–394 (Innsbruck, Landesmuseum Ferdinandeum, Kat.-Nr. 7). – Wolf, Rund- und Wappenscheiben 90–93 (Abb. 86 und 91) und 219–222.



Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser

Zitierregel:
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte, ges. u. bearb. v. Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser (Die Deutschen Inschriften 82. Band, Wiener Reihe 7. Band, Teil 1) Wien 2013, Kat. Nr. 185,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/tirol-1/landeck/tirol-1-obj185.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
82. Band, Wiener Reihe 7. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol - Teil 1
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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