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Die Inschriften des Bundeslandes Tirol
Politischer Bezirk Landeck
209 |
Prutz, Totenkapelle |
1586, 1707 |
Epitaph des Georg Payr und seiner Familie, Öl (?) auf Holz, innen an der Südwand, gegen Ende des 18. Jahrhunderts noch in der Pfarrkirche Prutz, rechts des Haupteingangs1); von hier dürfte es zwischen etwa 1850 und 1870 anlässlich einer Renovierung der Pfarrkirche in die Totenkapelle verbracht worden sein, wo es sich 1899 jedenfalls mit Sicherheit nachweisen lässt2). Das querrechteckige Gemälde in breitem, einfach profiliertem, oben mit einem schlichten Gesims abschließendem, schwarz lackiertem Rahmen von 1707 (?) ist in ein oberes und ein unteres Bildregister geteilt. Links oben sind in einem querrechteckigen Feld eine Kreuzigungsgruppe (Titulus I schwarz auf weißem Grund aufgemalt) vor weiter Landschaft, rechts oben eine Pietà zu sehen. Die Mitte des oberen Registers nehmen drei Vollwappen (die beiden äußeren zur Mitte hin gewendet) in annähernd quadratischen, durch Balustersäulen mit Kompositkapitellen voneinander getrennten Feldern ein. Über den Helmzierden befindet sich jeweils ein gefälteltes weißes Spruchband mit schwarz aufgemaltem Segenswunsch bzw. Wortdevisen, unter der Fersenstelle der Schilde ein gleichartiges Spruchband mit Namensbeischrift (Wappen links: oben II, unten III; Wappen in der Mitte: oben IV, unten V; Wappen rechts: oben VI, unten VII). Das untere Register zeigt links die männlichen Angehörigen der Familie im Gebet kniend, über ihren Köpfen in schwarzer Farbe jeweils der zugehörige Name (von rechts nach links, beginnend mit dem weißbärtigen Vater: VIII–XV). Rechts sieht man die weiblichen Mitglieder der Familie, ebenfalls mit ihren Namen über den Köpfen (von links nach rechts: XVI–XX). In der Mitte zwischen den beiden Beterreihen ist ein hochrechteckiges gelblich-weißes Inschriftenfeld mit 25-zeiliger schwarzer Inschrift eingeschoben (XXI). Das Epitaph wurde laut einem Nachtrag am Ende von Inschrift XXI 1707 renoviert, offenbar gerahmt und sichtlich sowohl im Bereich der bildlichen Darstellungen als auch der Inschriften überarbeitet; eine weitere Restaurierung fand 1899 statt3). Der originale Schriftcharakter wurde dabei überformt.
H. 89 cm, B. 201 cm, Bu. 0,5 cm (I), 1,2 cm (II, V), 1,5 cm (III, VII), 1,4 cm (IV, VI), 1,3 cm (VIII–XX; XXI außer den letzten drei Zeilen), 0,7 cm (XXI: letzte drei Zeilen). – Fraktur (II–XX; XXI bis aufletzte Zeile) und Kapitalis (I; XXI: letzte Zeile).
Textedition
I.
INRI
II.
Gott // Geb Irr // Gnada)
III.
Cunigundt // Von // Walla) ·
IV.
Gott // Alain die // Ehrb) ·
V.
Georg // Bairb) ·
VI.
Zu gott // mein Trost
VII.
Eua Wein//anglinc)
VIII.
Georg Beir zu Prutz
IX.
Adam
X.
Jorg
XI.
Cristan
XII.
Cristoff
XIII.
Rueprecht
XIV.
khasparl
XV.
Johannes
XVI.
Chunigundt Von Wall
XVII.
Cunigunda
XVIII.
Margretha
XIX.
Eua
XX.
Eua Weinanglin
XXI.
Adid) den 23 tag Manats may / 1586 Jar hab ich Jörg Payr / Zu prutz vnd neben
mir bede · / meine hausfrauen auch Kinder als / die Edl Tugetsame) Fraw
Cunigunta / von Wall Sellig mein Erste haus/fraw so im 62 iar in got
entschla=/fen vnd nach solichem Jrm ablebf)= / die ander Erndugetsame) Fraw /
Eua Weinangling) vnd bey Jr / er Zeugt elich die kinder all=/disse History vnd
Fyguren dem / Almechtigen Gott Zue lob Er / vnd preiß auch mir denen / Selben
meinen beden Eehaus/frawen vnd kinder Zue Mensch/lichen gedechtnus
ausrichten / vnd mallen lassen Gott well / den Lebentigen vnd den ab/Gestorben
die ewige Ruee / vnd ain freliche Auffersteung / Genedigklichen Verleichen
Amen · / <darnachh) ist obgemelter Georg Payr den / 19 tag Jenuary A(nn)oi)
(etcetera) 90 iar in Gott entschlaffen ·> / <RENOVIERT · ANNO 1707j)> ·
Anmerkungen
Wappen: Waal4), Payr5), Weinangl6).
Kommentar
Der Auftraggeber dieser Tafel, der am 19. Januar 1590 verstorbene Georg I. Payr, war der Sohn des Richters von Laudeck, Ruprecht Payr (gest. 1559). Er war zweimal verheiratet, nämlich mit Kunigunde von Waal, die als letzte Erbin einer alten Prutzer Familie entstammte und nach der Inschrift 1562 verstarb, und mit Eva Weinangl aus Landeck.
Diesen Ehen7) entsprangen die in der Inschrift genannten und bildlich dargestellten sieben Söhne und drei Töchter. Adam I. Payr heiratete Euphrosine Kappeler aus Imst und verstarb 1595 in Prutz. Georg III., der 1631 nach längerer Tätigkeit als Richter durch Erzherzog Leopold das Freisassen-Diplom erhielt, verstarb 1633; er war verheiratet mit Regina Roschmann. Christoph versah das Amt eines Landschreibers an der Etsch und wurde posthum in den Reichsadel aufgenommen; er heiratete Anna Schnatzer und verstarb vor 1631. Ruprecht II. wurde Wirt in Prutz, heiratete zweimal (nämlich Barbara Prenner und Dorothea Prugger) und verstarb 1626. Der Gerichtsanwalt Hans III. war mit Anna Maria von Stiegerwalder verheiratet; er starb 1609. Eva Payr heiratete zweimal, nämlich Amandus Egg und Hans Jakob Gräfinger; sie verstarb vor 1607. Hans Jakob Gräfinger heiratete darauf erneut, diesmal Ursula Kripp8). Vier der in den Inschriften genannten Kinder, nämlich Christian, Kaspar, Kunigunde und Margarethe, werden in einer Aufzählung von 1590 nicht mehr genannt und dürften zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben gewesen sein. Neben den in den Inschriften genannten legitimen Kindern hatte Georg I. Payr auch zwei natürliche Söhne, einen Urban und einen Hans (II.) Payr, die beide auf dieser Tafel nicht abgebildet sind9).
Das Adi der Datierung (Inschrift XXI, Zeile 1) ist der einzige Beleg für dieses nicht sehr häufig zu findende, redundant wirkende, vielleicht als Kontraktion von ad diem aus dem Italienischen stammende Präfix zu Tagesdatierungen im Bestand10).
In allen Inschriften des Epitaphs fällt die fast durchgängige Benutzung von zwei Punkten über dem u und dem o als diakritische Zeichen auf; da diesen jedoch kein phonetischer Gehalt zukommt, wurde auf die Edition dieser Punkte verzichtet. Der Formenbestand der Inschriften wurde im Zuge der Restaurierungen zwar spürbar überarbeitet, doch wurde kein Teil des Textes völlig neu aufgemalt. So bleibt auch der Nachtrag des Sterbevermerks zu 1590 (weil kleiner) noch deutlich als solcher zu erkennen.
Literatur
Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser
Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
82. Band, Wiener Reihe 7. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol - Teil 1
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte
Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Austrian Academy of Sciences Press
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Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol Politischer Bezirk Landeck Prutz, Totenkapelle • Epitaph • Titulus • Wortdevisen • Namensbeischrift • Fraktur • Kapitalis • Inschriften des Totengedenkens •
Egg, Amandus •
Gräfinger, Hans Jakob •
Kappeler, Euphrosine •
Kripp, Ursula •
Leopold V. •
Payr, Adam, Christian, Christoph, Eva, Georg, Hans, Johannes, Jörg, Kaspar, Margarethe, Ruprecht, Urban •
Prenner, Barbara •
Prugger, Dorothea •
Roschmann, Regina •
Stiegerwalder, Anna Maria •
Waal, Kunigunde •
Weinangl, Eva •
Imst •
Innsbruck, Landesmuseum Ferdinandeum •
Landeck •
Laudeck •
Prutz, Pfarrkirche
Abbildungen
Abb. 141: Epitaph des Georg Payr (1586, 1707)
Abb. 142: Detail
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