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Die Inschriften des Bundeslandes Tirol

Politischer Bezirk Reutte

291 Holzgau, Pfk. Mariä Himmelfahrt 1512

Glocke mit Marienhymnus und Angabe des Gussjahres, im Turm. Am Hals zweizeilige Umschrift zwischen einfachen Schnurleisten, darunter schließt eine nicht vollständig umlaufende dritte Zeile an. Am Mantel der Glocke mehrere Reliefs: Maria mit Kind in einem Strahlenkranz, darunter ein kleiner Wappenschild, gegenüberstehend die Hll. Nikolaus und Wolfgang mit Engeln. Am Wolm der Glocke drei Zierringe.

Bu. ca. 4 cm. – Frühhumanistische Kapitalis.


Textedition
			

+ MARIA MATER GRACIE MATER MISERICORDIE TV NOS AB HOSTE PROTEGE IN HORA MORTIS SVSCIPE / GLORIAa) TIBI DOMINE QVI NATVS ES DE VIRGINE CVM PATRE ET SANCTO SPIRITV IN SEMPITERNA SECVLA / ANNO DOMINI MCCCCCxIIb) +

Anmerkungen
a) am Zeilenbeginn senkrechter Schaft als Trennzeichen.
b) kursives x.

Maria, Mutter der Gnade, Mutter der Barmherzigkeit, beschütze uns vor dem Feind, nimm (uns) auf in der Stunde des Todes. Ehre sei Dir, Herr, der Du geboren wurdest von der Jungfrau, mit dem Vater und dem Heiligen Geist in Ewigkeit. Im Jahre des Herren 1512.

Marienhymnus.

Ambrosianische Strophe (iambischer Dimeter mit Endreim).


Wappen: unbekannt1).


Kommentar

Die Glocke befindet sich bis heute in der Pfarrkirche von Holzgau. Sie wurde also nicht, wie Tinkhauser/Rapp angeben, bei Grassmayr in Wilten umgegossen; nach Tinkhauser/Rapp gab es in Holzgau neben dieser noch eine weitere Glocke aus dem 16. Jahrhundert2) (vgl. Kat.-Nr. 315†). Der in Holzgau epigraphisch ausgeführte ambrosianische Marienhymnus stellt eine im Spätmittelalter allgemein beliebte Glockeninschrift dar.

Die Frühhumanistische Kapitalis der Glocke fügt sich mit den durchwegs relativ schlanken Proportionen, einem nur moderaten Wechsel zwischen Haar- und Schattenstrichen und mehreren charakteristischen Einzelformen in den überregionalen Rahmen des zu Erwartenden. A mit gebrochenem Mittelbalken hat beiderseits weit überstehenden, bisweilen keilförmig ausgestalten Deckbalken, D hat unziale Grundform, E ist epsilonförmig, G hat einen eingerollten Bogen, I hat eine Ausbuchtung nach rechts in der Mittellinie, M ist konisch mit hoch angesetztem Mittelteil ausgeführt, N und S sind konsequent retrograd ausgeführt. Überraschend ist der Einsatz eines als kursive Minuskelform zu deutenden x aus Schaft mit rechts oben angesetztem Bogen, der den Schaft etwa in der Mittellinie rechtsschräg überkreuzt.

1) Beil und Haue gekreuzt.
2) Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 735.
Literatur

Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 735. – Weissenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 526. – Dehio Tirol 343.



Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser

Zitierregel:
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte, ges. u. bearb. v. Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser (Die Deutschen Inschriften 82. Band, Wiener Reihe 7. Band, Teil 1) Wien 2013, Kat. Nr. 291,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/tirol-1/reutte/tirol-1-obj291.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
82. Band, Wiener Reihe 7. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol - Teil 1
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol  Politischer Bezirk Reutte  Holzgau, Pfk. Mariä Himmelfahrt    •  Glocke  •  Marienhymnus  •  Frühhumanistische Kapitalis  •  Jahreszahl  •  Tinkhauser, Georg  •  Holzgau, Pfarrkirche  •  Wilten, Glockengießerei

Abbildungen

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Abb. 178: Glocke (1512)
©  ÖAW, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Fotograf: Werner Köfler)