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Die Inschriften des Bundeslandes Tirol

Politischer Bezirk Reutte

324 Biberwier, Kapelle Hl. Rochus 1618

Marien- bzw. Sebastians- und Rochusaltar mit Meisterinschriften, polychromiertes und vergoldetes Holz. Der als Hochaltar im Chor aufgestellte kleine einachsige, dreigeschossige Altar zeigt im leicht querrechteckigen, oben mittig ausgebuchteten und mit Cherubskopf besetzten Schrein, von zwei blau marmorierten Halbsäulen mit vergoldeten Kompositkapitellen und cherubskopfbesetzten unteren Schaftenden flankiert, die Statuen der Maria mit Kind (Mitte), beseitet von den Patronen der Kapelle, den Hll. Sebastian (links) und Rochus (rechts). Im wohl sekundären Aufsatz (von 1685?) vollrundes Gemälde Hl. Johannes Evangelist und Hl. Barbara in Lorbeerkranz, beseitet von den Statuen der Hll. Georg (links) und Florian (rechts). Aufsatz hinterfangen und Schrein flankiert von sekundärem filigranen, rocaillen­förmigen Akanthus. Volutengerahmte Predella mit sekundärem Tabernakel. An der Altarhinterseite an der Oberkante der Schreinrückwand drei schwarz auf weißem Grund aufgemalte Inschriften: links dreizeilige Inschrift (I), in der Mitte erhöht vierzeilige Inschrift (II), rechts zweizeilige Inschrift (III). Insbesondere bei der mittleren Inschrift (II) sind die eingeritzten Hilfslinien noch deutlich erkennbar.

Bu. 3 cm. – Fraktur.


Textedition
			

I. Hannß : Pätsch Pilthauer Von Lanndögg : Meineß / Alterß 18 Jarra) · Hab : Lödig Standtß Geshnidten / Disen Altar Zum Ersenb) Malc) · II. Michael Willer Maler von Vilßd) . / meines Altersd) . 27 Jarr : Hab lödigs / Standts gefast dise(n) meine(n) esrste(n)b) Altar / · 16e) // 18f) · III. Christani Petz dischler von Vils meines Alters, / . 22g) Jard) . hab die dicshlerarbeith) · für wahri) · / · gemachtj)

Anmerkungen
a) folgt rosettenförmiges Trennzeichen.
b) sic!
c) folgt vegetabiles Füllzeichen, danach Meisterzeichen (s. Nachzeichnung in Anhang 1).
d) folgen als Trennzeichen zwei kurze rechtsschräge Striche auf der Grundlinie.
e) Jz. unterbrochen; eine sekundär montierte Holzplatte überdeckt Teile dieser und der folgenden Z.
f) das in der nächsten Z. folgende Meisterzeichen fast völlig verdeckt.
g) vor und nach der Zahl zwei kurze rechtsschräge Striche auf der Grundlinie.
h) sic! verschrieben für dischlerarbeit.
i) folgendes Trennzeichen ein aus je zwei kurzen rechtsschrägen Strichen bestehender Doppelpunkt.
j) vor dem Wort ein beidseitig eingerolltes, kurzes Füllzeichen; das Wort und die davor liegenden Zierzeichen unter dem letzten Drittel der darüber liegenden Z. in halber Größe nachgetragen.

Kommentar

Die zum inschriftlich bezeichneten Jahr 1618 als Ausführende der Arbeiten am Altar genannten jungen bzw. ledigen Handwerker sind für Biberwier auch urkundlich greifbar.

Vom in Inschrift I genannten Bildhauer Hans Pätsch und seinem gleichnamigen Vater hat sich offenbar zudem eine Inschrift am Haus Nr. 131 in Pfunds erhalten (vgl. Kat.-Nr. 242). Aufgrund hoher Übereinstimmungen im Gesamteindruck wie in den Einzelformen scheint der 1614 als Ausführender der Pfundser Bauinschrift anzunehmende junge Bildhauer auch der Ausführende der Meisterinschriften des Biberwierer Altars gewesen zu sein. Nach Ammann ist es durchaus typisch, dass man im Außerfern auf auswärtige Kräfte wie diesen Bildhauer aus Landeck oder auf Maler wie den Allgäuer Johann Ludwig Ertinger (vgl. Kat.-Nr. 330) zurückgriff, da es zu dieser Zeit offensichtlich an eigenen qualifizierten Künstlern mangelte1). Die Rückseite des Schreins wurde wenig später auch Träger zahlreicher Graffiti (Kat.-Nr. 329).

1) Ammann, Mobilität 400.
Literatur

Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 437. – Hochenegg, Kirchen 240. – Felmayer, Altäre 21. – Ammann, Oberland 100f. – Dehio Tirol 196. – Ammann, Mobilität 400.



Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser

Zitierregel:
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte, ges. u. bearb. v. Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser (Die Deutschen Inschriften 82. Band, Wiener Reihe 7. Band, Teil 1) Wien 2013, Kat. Nr. 324,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/tirol-1/reutte/tirol-1-obj324.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
82. Band, Wiener Reihe 7. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol - Teil 1
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol  Politischer Bezirk Reutte  Biberwier, Kapelle Hl. Rochus    •  Ammann, Gert  •  Ertinger, Johann Ludwig  •  Pätsch, Hans d. J.  •  Petz, Christian  •  Willer, Michael  •  Allgäu  •  Außerfern  •  Biberwier  •  Landeck  •  Pfunds  •  Vils

Abbildungen

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Abb. 192–194: Meisterinschriften (1618)
©  ÖAW, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Fotograf: Werner Köfler)