Die Inschriften des Bundeslandes Tirol
Politischer Bezirk Reutte
330 |
Vils, Kapelle Hl. Anna |
1625 |
Altarblatt Heilige Familie mit Künstlersignatur, Öl auf Leinwand, in Sekundärverwendung als autonomes Bild an der Wand aufgehängt. Hochrechteckiges Gemälde in sekundärem Rahmen: Zentral sitzend Maria mit dem stehenden unbekleideten Jesusknaben, der an der von Maria mit der Linken gehaltenen Rose riecht; links unten sitzend in Gebetsgestus mit überkreuzten Armen die Hl. Anna, rechts knieend der Hl. Joachim, ein aufgeschlagenes Buch mit rotem Schnitt haltend, auf dessen Seiten eine links neun-, rechts sechszeilige schwarze Inschrift auf weißem Grund als Text sichtbar ist (I). Hinter Maria links stehend der Erzengel Raffael, links neben diesem unten der Knabe Tobias, oben Abraham. Rechts hinter Maria stehend der Hl. Josef, rechts neben ihm König David mit der Harfe. Am unteren Bildrand mittig ein Stein, darauf eine schwarze Jahreszahl (II). Im rundbogigen oberen Abschluss des Bildfeldes Gott-Vater in Wolkenband mit der Taube des Hl. Geistes. In den beiden oberen Zwickeln je ein kartuschenförmiger, zur Mitte hin gelehnter Wappenschild, der linke (heraldisch) linksgewendet.
Bu. 0,5 cm. – Fraktur und Minuskelantiqua.
Textedition
I.
Jma) Jahr Christ(i) / 1625b) · ist diser / Alter gemalt / vnd auffgericht / worden. /
Johann Ludwi(g) / Ertinger Pin=/xit beym / F(ürstlichen) St(ift) / Kempt(en)c) //
Od) / Piii / Deuis / Et am / Dauit / Ja
II.
1625 ·
Anmerkungen
Wappen: Hoheneck1), Freiberg2).
Kommentar
Der Altar, dessen zentrales Gemälde das gegenständliche Bild ursprünglich dargestellt hatte, könnte als kleinerer Seitenaltar in der Vilser Pfarrkirche zu vermuten sein, in der die Hohenecker, die sichtlich Stifter dieses Altars waren, ihre Grablege besaßen (vgl. Kat.-Nrr. 304, 308 und 334). Freilich wäre angesichts der als Angehörige der Heiligen Familie bildlich dargestellten Hl. Anna auch ein originaler Standort in der Vilser Annenkapelle denkbar.
In der Figur des Hl. Joachim hat man im Sinne eines sakralen Identifikationsportraits den Maler des Bildes erkennen wollen3), was angesichts der von der Joachims-Figur dem Betrachter präsentierten Signatur nahe liegend erscheint. Es handelt sich um den Allgäuer Künstler Johann Ludwig Ertinger. Damit belegt dieses Werk die engen künstlerischen Beziehungen zwischen dem Außerfern und dem benachbarten alemannischen Raum4).
Die nicht sinnvoll zu lesende Inschrift der rechten Buchseite soll offenbar lateinischen Text simulieren, weshalb sie auch im Unterschied zur Fraktur der deutschsprachigen Künstlersignatur in Minuskelantiqua ausgeführt wurde.
Literatur
Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser
Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
82. Band, Wiener Reihe 7. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol - Teil 1
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte
Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Austrian Academy of Sciences Press
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