Angel-Katan, Anny; geb. Rosenberg (1898–1992), Psychoanalytikerin, Neurologin und Psychiaterin

Angel-Katan Anny, geb. Rosenberg, Psychoanalytikerin, Neurologin und Psychiaterin. Geb. Wien, 1. 5. 1898; gest. Cleveland, Ohio (USA), 24. 12. 1992; mos. Tochter eines Kinderarztes. – Nach Besuch des Mädchengymnasiums studierte A. ab 1917 Medizin an der Universität Wien; 1923 Dr. med. Bereits ab dem Kindesalter auf Grund der elterlichen Freundschaft in Kontakt mit Anna Freud, wurde A. 1925 ordentliches Mitglied der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung und absolvierte eine psychoanalytische Ausbildung in Berlin bei Max Eitingon und in Wien bei Theodor Reik, Wilhelm Reich und Anna Freud. Ab 1929 war sie in der von Reich und Marie Frischauf gegründeten Sozialistischen Gesellschaft für Sexualberatung und Sexualforschung tätig, wo sie Konsultationen bei sexuellen Konflikten und Neurosen durchführte, sich aber im Weiteren auf die Kinderanalyse spezialisierte. Bereits in Österreich und später in den Niederlanden war sie maßgeblich am Aufbau und der Systematisierung der Kinderanalyse beteiligt. A. war Mitglied der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ) und arbeitete in der Zeit des Austrofaschismus als Kurierin für die Revolutionären Sozialisten. 1936 emigrierte sie in die Niederlande, wo sie sich im antifaschistischen Widerstand engagierte. 1937–46 war sie mit kriegsbedingten Unterbrechungen als Lehranalytikerin am Psychoanalytischen Institut in Den Haag tätig, 1945–46 hatte sie den Direktorenposten der Child Guidance Clinic in Den Haag inne; 1946 emigrierte A. in die USA. Dort wirkte sie bis 1964 an der Case Western Reserve University in Ohio: ab 1946 als Assistenzprofessor an der Psychiatrischen Klinik und ab 1955 als Professor für Kinderpsychoanalyse an der Universitätskinderklinik. Als Mitglied der Detroit Psychoanalytic Society war sie 1957 Gründungsmitglied der Cleveland Psychoanalytic Society, Lehranalytikerin und Vorsitzende des Erziehungsausschusses am Psychoanalytic Institute in Cleveland. A. hielt Trainingslehrgänge für Kindertherapeuten, gründete 1950 die spätere Hanna Perkins Nursery School und machte sich besonders um die Arbeit mit verhaltensoriginellen und schwer erziehbaren Kindern verdient, wofür sie auch vom amerikanischen Präsidenten geehrt wurde. Darüber hinaus befasste sie sich mit den Ursachen des Bettnässens, mit Verletzungen in der phallischen Phase, mit der weiblichen Pubertät und mit Erwachsenen, die im Kindesalter vergewaltigt worden waren.

W.: s. Kerbl; Mühlleitner; Wissenschafterinnen.
L.: Hdb. jüd. AutorInnen; A. Grinstein, The Index of Psychoanalytic Writings 2, 1957, 7, 1964, 11, 1972; B. Kerbl, Die weiblichen Mitglieder der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung …, phil. DA Wien, 1992, S. 40–43 (m. W. u. L.); E. Mühlleitner, Biographisches Lexikon der Psychoanalyse, 1992 (m. W. u. L.); R. Feikes, Emigration jüdischer Wiener Ärzte ab 1938 in die USA, speziell nach New York 2, 1999; Wissenschafterinnen in und aus Österreich, ed. B. Keintzel – I. Korotin, 2002 (m. B. u. W.); Die Revolutionierung des Alltags …, ed. D. Ingrisch, 2004, S. 93; Materialiensammlung ÖBL, UA, beide Wien.
(D. Angetter)   
Zuletzt aktualisiert: 1.3.2011  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 1 (01.03.2011)