Angerer, Ludwig (1827–1879), Photograph und Pharmazeut

Angerer Ludwig, Photograph und Pharmazeut. Geb. Malaczka, Ungarn (Malacky, SK), 15. 8. 1827; gest. Wien, 12. 5. 1879; röm.-kath. Sohn eines Försters, Bruder des Kunsthändlers August Angerer (geb. 1833; gest. Wien, 22. 12. 1881) und von →Victor Angerer. – Nach Abschluss des Pharmazie- und Chemiestudiums in Pest arbeitete A. ab 1854 als Apotheker in der Garnisons-Apotheke in Wien und betätigte sich daneben als Amateurphotograph. Als Feldapotheker begleitete er 1854 ein österreichisches Regiment in die Donaufürstentümer und photographierte dabei u. a. 1856 Ansichten von Bukarest, die dort stationierten Offiziere sowie einheimische Bauern und Gewerbetreibende in der Walachei. 1857 quittierte er den Militärdienst und eröffnete 1858 ein Atelier in Wien 4, das er zunächst gemeinsam mit Hugo von Strassern unterhielt. Vor 1860 übersiedelte er in ein anderes Atelier auf der Wieden und errichtete 1867 eine Zweigstelle in Wien 1, die er ab 1873 gemeinsam mit seinem Bruder Victor unter dem Namen „L. & V. Angerer“ betrieb; Mitte 1875 übergab er die Geschäfte an seinen Bruder. A. führte ca. 1857 die Visitbilder in Wien ein, produzierte später vielfach Abzüge in großen Formaten und gelegentlich auch Stereobilder. In seinem vornehm ausgestatteten Atelier porträtierte er Kaiser Franz Joseph I. und Mitglieder des Kaiserhauses sowie bekannte Persönlichkeiten, die in Wien lebten oder die Stadt besuchten. Außerdem fertigte er Stadtansichten, Studien von präparierten Tieren, Kunstreproduktionen, Wiedergaben von kunstgewerblichen Gegenständen und Genredarstellungen. 1864 übernahm er die Leitung des Ateliers im Österreichischen Museum für Kunst und Industrie und dokumentierte dort Gemälde, Möbel, Gewänder und andere Sammlungsstücke. A. war in den 1860er-Jahren ein international anerkannter Photograph und in der Monarchie der bedeutendste Künstler auf dem Porträtsektor: Das von ihm initiierte Ateliersystem wurde von den führenden Porträtisten übernommen. Ab 1869 schuf er Lichtdrucke nach dem Verfahren des Münchner Photographen Joseph Albert. Seine Arbeiten präsentierte er auf zahlreichen Ausstellungen, u. a. bei den Weltausstellungen 1862 in London, 1867 in Paris und 1873 in Wien, ab den 1870er-Jahren veröffentlichte er seine Werke in Alben und Mappen. A., der als erster Lichtbildner in der Monarchie 1860 den Titel eines k. k. Hof-Photographen erhielt, gehörte 1861 zu den Gründungsmitgliedern der Photographischen Gesellschaft in Wien, deren Ehrenmitglied er später wurde, und war ab 1869 Mitglied der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens (Künstlerhaus).

W.: Ueber den Vergrösserungs-Apparat, in: Zeitschrift für Fotografie und Stereoskopie 3, 1861; Ueber eine Methode auf trockenem Kollod, ebd. 4, 1861; Ein neues System für Atelier-Stative, in: Photographische Correspondenz 3, 1866; Bericht über den photographischen Teil der Weltausstellung in Paris 1867, ebd. 4, 1867; etc.
N.: NFP, 13. 5. 1879; Photographische Notizen 15, 1879, S. 74f.
L.: Die Presse, 6. 11. 2004; Geschichte der Fotografie in Österreich 1–2, ed. O. Hochreiter – T. Starl, Bad Ischl 1983, s. Reg. (Kat.); Slovenský biografický slovník 1, 1986; A. Holzer, Im Schatten des Krimkrieges. L. A.s Fotoexpedition nach Bukarest …, in: Fotogeschichte 24, 2004, H. 93, S. 23–50; T. Starl, Lexikon zur Fotografie in Österreich 1839–1945, 2005; FotoBibl. Biobibliografie zur Fotografie in Österreich, http://fotobiobibliografie.albertina.at/d/fotobibl/einstieg.html (nur online, Zugriff 25. 5. 2010).
(T. Starl)   
Zuletzt aktualisiert: 1.3.2011  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 1 (01.03.2011)