Grimm, (Philipp) Anton (1782–1856), Unternehmer und Erfinder

Grimm (Philipp) Anton, Unternehmer und Erfinder. Geb. Bischofsheim, Baden (Neckarbischofsheim, D), 21. 6. 1782; gest. Fischamend (Niederösterreich), 7. 2. 1856; röm.-kath. Sohn des vor G.s Geburt verstorbenen Müllermeisters in Bischofsheim Anton Grimm und von Katharina Grimm, Vater des Zimmer- und Werkbaumeisters Julius Anton Grimm (geb. Fischamend, 10. 11. 1833; gest. ebd., 21. 12. 1894), Schwiegersohn von Julie Konrad, geb. Buchler, Witwe nach den Zimmermeistern Georg Pertl und Michael Konrad; verheiratet mit Elisabeth Grimm, geb. Pertl (geb. um 1800; gest. 1851), Tochter des Zimmermeisters Georg Pertl. – G. erlernte in Heidelberg das Zimmermannsgewerbe und den Mühlenbau. Als selbsternannter „Mühlenarzt“ ging er auf Gesellenwanderschaft zunächst in die Schweiz und kam 1809 nach Wien. Von dort wurde er als Geschäftsführer nach Fischamend empfohlen, um den Betrieb der Witwe Julie Konrad aus Schwadorf zu führen, die nach dem Ableben ihrer Ehemänner den Zimmereibetrieb weiterführte. G. übernahm diesen nach ihrem Tod sowie die Obsorge für ihre zwei noch minderjährigen Kinder unter der Bedingung der Eheschließung mit der ältesten Tochter Elisabeth Pertl. Er erweiterte in der Folge die Firma, betrieb außerdem zwei Mühlen und gründete eine Spinnfabrik. Alle Geschwister arbeiteten im Unternehmen mit, die beiden Brüder an den Holzplätzen, G.s Ehefrau Elisabeth übernahm die Buchführung. G. bildete sich mathematisch weiter und erfand eine Reihe von Verbesserungen: eine Vorrichtung, die den Trichter der Mühle selbsttätig mit Getreide füllte, einen Ziegelaufzug für Hochbauten als „laufendes Band“, eine Art Zerkleinerer zur Aufbereitung des Rohstoffs, mit dem G. u. a. die Papierfabrik Schlöglmühl in Klein-Neusiedl ausstattete, sowie einen Wasserbagger („Maschine zur Räumung der Kanäle“), auf den G. 1831 ein kaiserliches Patent erhielt und der u. a. bei der Kaiser-Ferdinands-Wasserleitung verwendet wurde. Auf der Ersten österreichischen Gewerbsproduktenausstellung 1835 stellte G. eine Mehlbeutelmaschine (Beuteltambour) vor, mit der mehrere Sorten Mehl gesondert werden konnten. Die Firma, die sich auf Mühlenbau sowie die Bearbeitung und den Transport von Bauholz nach Wien spezialisierte und auch einen großen Landwirtschaftsbetrieb umfasste, wurde nach G.s Tod von seinem Sohn Julius Anton übernommen.

L.: WZ, 7. 6. 1856; Jahrbücher des kaiserlichen königlichen polytechnischen Institutes in Wien 17, 1832, S. 354; Sammlung der Gesetze für das Erzherzogthum Oesterreich unter der Ens 19, 1839, S. 566; Beschreibung der Erfindungen und Verbesserungen, für welche in den kaiserlich-königlichen österreichischen Staaten Patente ertheilt wurden … 2, 1842, S. 69; Bericht über die erste allgemeine österreichische Gewerbsprodukten-Ausstellung im Jahre 1834, o. J., S. 234; F. Kazda, Vergessener Erfinder, o. J. (Typoskript, Technisches Museum, Wien); Zedhia, Zentraleuropäisches digitales wirtschafts- und gesellschaftshistorisches interaktives Archiv (online, Zugriff 17. 4. 2021); Technisches Museum, Wien; Pfarre Fischamend, Niederösterreich.
(S. B. Weiss)   
Zuletzt aktualisiert: 25.8.2023  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 11 (25.08.2023)