Habig, Peter (1839–1916), Fabrikant

Habig Peter, Fabrikant. Geb. Salmünster, Kurhessen (Bad Soden-Salmünster, D), 29. 1. 1839; gest. Wien, 4. 1. 1916; röm.-kath. Enkel des Leinenwebers Christof Habig (1776–1855), Sohn von Blasius Habig (1814–1880), der ein Leinweberhaus und einen Landwirtschaftsbetrieb geerbt hatte, und von Christine Habig, geb. Dieter, Bruder und Kompagnon von Carl Habig (gest. 8. 5. 1917); verheiratet mit Adelheid Habig, geb. Auhl (geb. 1. 6. 1841; gest. 17. 1. 1918), der Tochter des Wiener Seidenhutmachers Franz Auhl, eines weitschichtigen Verwandten. – H. kam 1853 zu Auhl nach Wien, wo er das Hutmachergewerbe erlernte; 1858 erfolgte seine Freisprechung zum Hutmachergesellen. Adelheid Habig brachte als Mitgift das Detailgeschäft ihres Vaters in die Ehe ein, das H. bis 1866 weiterführte. 1867 wurde eine kleine Werkstätte angefügt, die ausschließlich Seiden- und Chemise-Galette-Hüte erzeugte. 1871 stieg H.s Bruder Carl Habig, der seit 1865 im Geschäft mitarbeitete, als Kompagnon in das Unternehmen Peter & Carl Habig ein. Sie machten erste Versuche mit der Fabrikation von Filzhüten. Aufgrund des exzellenten Rufs der englischen Hutmacher exportierten die Brüder anfänglich unter einer falschen englischen Markenbezeichnung im En-gros-Handel nach Budapest, Prag sowie Frankfurt am Main und gründeten Niederlassungen in Großstädten des In- und Auslands. Als k. u. k. Hofhutlieferant belieferte H. den Hochadel, u. a. die deutsche Kaiserin Auguste Viktoria, Friedrich Leopold Prinz von Preußen, die Könige Eduard VII. von Großbritannien, Georg I. von Griechenland, Peter I. von Serbien und Großherzog Wilhelm IV. von Luxemburg. 1874 eröffnete H. im Wiener Palais Todesco ein neues Geschäft. 1882 begann man auf der Wiedner Hauptstraße in Wien 4 mit dem Bau einer großen Fabrik. 1896–97 entstand der sogenannte Habig-Hof, ein Gebäudekomplex über mehrere Grundstücke, konzipiert von den Architekten Carl Holzmann und →Heinrich Adam, der Wohn-, Geschäfts- und Fabrikanlage umfasste. H. gehörte als Vertreter der gesamten Mode- und Bekleidungsindustrie dem von der Gemeinde Wien zur Errichtung des Technischen Museums für Industrie und Gewerbe eingesetzten Kuratorium an und richtete dort aus eigenen Mitteln eine Musterwerkstätte der Hutmacher ein. Für seine Belegschaft initiierte er soziale Einrichtungen (Peter Habig-Stiftung zugunsten verarmter Mitglieder des Klubs oder deren Witwen) und Errungenschaften wie die Treueprämien für über 20 Jahre im Betrieb arbeitende Gehilfen sowie für tüchtige Lehrlinge oder den sogenannten Kriegsfürsorgehut. H. war Sponsor der Zeitschrift „Das Andere“ von →Adolf Loos und Ehrenmitglied des Modenklubs, gründete den Klub österreichischer Hutfabrikanten und gehörte jahrzehntelang dem Vorstand der Wiener Hutmachergenossenschaft sowie dem österreichischen Hutmodenverein an. Außerdem war er wiederholt Präsident internationaler Ausstellungskommissionen, Mitglied des Schiedsgerichts des Niederösterreichischen Gewerbe-Vereins und mehrmals Präsident der Kommissionen für die gesamte Bekleidungsindustrie. Kommerzialrat H. erhielt zahlreiche internationale Auszeichnungen wie 1870 die Goldmedaille auf der Internationalen Ausstellung in Kassel und 1873 das Goldene Verdienstkreuz mit der Krone. Weiters erzielte er Ausstellungserfolge wie Goldmedaillen und Ehrendiplome in Philadelphia (1876), Paris (1878), Antwerpen (1885), Brüssel (1888), Chicago (1893) und den Grand Prix in Paris (1900). Für seine Verdienste erhielt H. 1901 das Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens, 1907 wurde er Ritter des Ordens der Eisernen Krone III. Klasse, weiters bekam er das Ritterkreuz der Légion d’honneur sowie den russischen Stanislaus-Orden II. Klasse verliehen. H.s Familiengruft auf dem Zentralfriedhof mit Grabdenkmal wurde von →Josef Engelhart gestaltet.

L.: NFP, 5. 1. 1916; Großind. Österr. I; Österreichisch-ungarische Hutmacher-Zeitung 33, 1916, Nr. 2, S. 1ff. (mit Bild); R. Meister, Ruhmeshalle der Wiener Universität, 1934; H. Markl, Kennst du die berühmten letzten Ruhestätten auf den Wiener Friedhöfen?, 1961; R. v. Granichstaedten-Cerva u. a., Altösterreichische Unternehmer, 1969, S. 47ff.; W. Kleindel, Das große Buch der Österreicher, 1987; Wien Geschichte Wiki (Zugriff 26. 4. 2021); Zedhia, Zentraleuropäisches digitales wirtschafts- und gesellschaftshistorisches interaktives Archiv (online, Zugriff 17. 4. 2021); Technisches Museum, Wien.
(S. B. Weiss)  
Zuletzt aktualisiert: 25.8.2023  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 11 (25.08.2023)