Proch, Heinrich (1809-1878), Violinist, Kapellmeister und Komponist

Proch Heinrich, Violinist, Kapellmeister und Komponist. * Wien, 22. 7. 1809; † Wien, 18. 12. 1878. War trotz auffallender musikal. Begabung vorerst für die jurist. Laufbahn bestimmt; erhielt in Wr. Neustadt, wo sein Vater ab 1819 Landesadvokat war, Violinunterricht bei dem Stadtgeiger Smolleck und dem Violinisten J. Benesch sowie Generalbaß- und Kompositionsunterricht bei dem Regenschori Herzog. 1828–32 stud. er an der Univ. Wien Jus und war anschließend beim Wr. Magistrat tätig. 1826 und 1833/34 trat er als Violinvirtuose mit meist eigenen Kompositionen mehrmals sehr erfolgreich öff. auf. 1834–67 war er Mitgl. der Wr. Hofkapelle, 1837–40 dirigierte P., nachdem er als Leiter der pálffyschen Kurkapelle in Baden aufgefallen war, am Josefstädtertheater in Wien, für das er ca. 30 Bühnenmusiken komponierte. 1840 erhielt er infolge der von ihm erfolgreich geleiteten Wr. Erstaufführung von Meyerbeers „Hugenotten“ (1839) eine Anstellung als Erster Kapellmeister am Kärntnertortheater (der späteren Hofoper), die er bis zu seiner Pensionierung, 1870, innehatte. 1874 war er kurze Zeit Kapellmeister der neuerbauten Kom. Oper am Schottenring (dem späteren Ringtheater), die er mit Rossinis „Barbier von Sevilla“ eröffnete. Ab 1855 erwarb sich P. auch große Verdienste als Gesanglehrer. Zu seinen Schülern zählten namhafte Künstlerinnen, wie A. Materna (s. d.), Dustmann-Meyer (s. d.), T. Tietjens, M. Peschka (s. d.) etc. P. genoß als Dirigent, Liederkomponist und Gesangpädagoge hohes Ansehen. Von seinen Bühnenwerken gehörten „Die schlimmen Frauen im Serail“ mit 230 Wiederholungen zu seinen größten Erfolgen. Er komponierte ca. 200 Lieder, die lebhaften Beifall und außerordentlich große Verbreitung fanden, und übers. Operntextbücher (G. Verdi, „Les vêpres siciliennes“ und „Il trovatore“, G. Donizetti, „Linda di Chamounix“ und „Don Pasquale“, V. Massé, „La reine Topaze“) ins Dt. Als Operndirigent bevorzugte er italien. und französ. Opern (Donizetti, Meyerbeer). P. wurde vielfach geehrt und ausgezeichnet. Seine Tochter Louise war eine begabte Sängerin und Schauspielerin, seine Enkelinnen, Marie Seyff-Katzmayr und Louise Katzmayr, Konzertsängerinnen.

W.: Messen; Offertorien; Graduale; Ring und Maske (Oper), 1844; Orchesterwerke; Kammermusik; 200 Lieder, u. a. Von der Alpe tönt das Horn, Ein Wanderbursch mit dem Stab in der Hand; etc. Operetten: Die Blutrache, 1846; Zweiter und dritter Stock, 1847; Der gefährliche Sprung, 1848. Musik zu Bühnenstücken: Das Geisterschloß, 1838; Treffkg. oder Spieler und Totengräber, 1838; Die Reise nach der blauen Insel, 1838; Der Müller und sein Kind, 1840; Die schlimmen Frauen im Serail, 1840; etc.
L.: Österr. Morgenbl. vom 9. 12. 1841; Wr. Ztg. vom 20. 12. 1878; N. Fr. Pr. vom 22. 7. 1909; E. Rychnovsky, H. P., in: Dt. Arbeit 8, 1908/09, S. 763 ff.; ADB; Baker; Bernsdorf; Die Musik in Geschichte und Gegenwart; Fétis; Gathy; Grove; Kosch, Das kath. Deutschland; Reissmann; Riemann; Schilling; Schmidl; Wurzbach; F. S. Gaßner, Universal-Lex. der Tonkunst, Neuausg. 1849; Handlex. der Musik, hrsg. von F. Bremer (= Universal-Bibl. 1681/86), 1883; J. Schuberth’s Musikal. Conversations-Lex., 11. Aufl., hrsg. von E. Breslaur, 1890; R. Wallaschek, Das k. k. Hofoperntheater (= Die Theater Wiens 4), 1909, s. Reg.; I.-Ch. Völker, H. P. Sein Leben und Wirken 1–2, phil. Diss. Wien, 1950; The International Cyclopedia of Music and Musicians, 10. Aufl. 1975.
(Ch. Harten)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 8 (Lfg. 39, 1982), S. 290f.
Bd. <==> | |<1  <=−10<=  S. 1 =>+10=>
Bd. <==> | |<1  <=−10<=  S. 1 =>+10=>