Pulitzer, Josef; früher Pollitzer (1847-1911), Journalist und Zeitungsherausgeber

Pulitzer Josef, Journalist und Zeitungsherausgeber. * Makó, Kom. Csongrád (Ungarn), 10. 4. 1847; † Charleston, S. C. (USA), 29. 10. 1911. Hieß ursprünglich Pollitzer. Sohn eines wohlhabenden Getreidehändlers, Cousin des Otologen A. Politzer (s. d.); nach dem Tod des Vaters bewarb sich P. um Aufnahme in die österr. Armee, dann in die Fremdenlegion und in den Indian Service, wurde jedoch wegen Untauglichkeit abgewiesen, dagegen für die amerikan. Unionsarmee angeworben. Ab 1864 in den USA, schied er 1865 aus dem Militärdienst und ging nach St. Louis, Mo., wo er sich drei Jahre in verschiedenen Berufen versuchte. Zugleich stud. er in den öff. Bibl. vor allem Rechtswiss., bis er – 1867 amerikan. Staatsbürger – 1868 als Reporter zur dt.sprachigen „Westlichen Post“ kam, die von C. Schurz hrsg. wurde. Rastlose Arbeit und außerordentliches Journalist. Geschick bewirkten P.s rasanten Aufstieg und machten ihn bald zum Miteigentümer und Managing editor der Ztg. Er wirkte auch als deren Berichterstatter im Abg.Haus von Missouri und wurde 1869 selbst zum Abg. gewählt. 1873 verkaufte er mit Gewinn seinen Ztg.Anteil, unternahm in den folgenden Jahren einige Europareisen und war in Washington D. C. als Anwalt und in der Politik tätig. 1878 erwarb er in St. Louis die bankrotte Ztg. „St. Louis Dispatch“ und vereinigte sie 1881 mit der „Post“ zur „St. Louis Post-Dispatch“, aus der in den folgenden Jahren eine durch viele Jahrzehnte führende Ztg. des Mittleren Westens wurde. 1883 erwarb er die 1860 gegründete „New York World“, die er als „The World“ (später noch um die „Evening World“ und die „Sunday World“ erweitert) binnen kurzer Zeit – tw. in Konkurrenz zu seinem Bruder Albert P. (1851–1909), der 1882 in New York das „Morning Journal“ gegründet hatte – zu einer der modernsten und erfolgreichsten Ztg. New Yorks machte. Durch billigen Preis, leicht faßlichen Stil, Sensationsberr., Illustrationen etc. suchte P. einerseits neue Leserkreise zu gewinnen, anderseits strebte er eine verantwortungsbewußte, erschöpfende Information des Lesers an und vertrat in den Leitartikeln eine prinzipientreue, furchtlose Reformpolitik. Er verzehnfachte in wenigen Jahren die Aufl.Höhe der „World“ und gewann durch sie auch wesentlichen polit. Einfluß, so etwa auf die Wahl Clevelands zum Präs. der USA. 1884 Kongreßabg., legte P. sein Mandat jedoch nach fünf Monaten nieder. Er erwarb ein enormes Vermögen, aber seine Gesundheit war der Intensität seiner Arbeit nicht gewachsen: 1887 erlitt er einen vollständigen körperlichen Zusammenbruch und hielt sich daraufhin fast nur noch in europ. und amerikan. Kurorten auf. 1890 zog er sich offiziell aus allen Tätigkeiten zurück, leitete jedoch de facto seine beiden Ztg. von seiner Jacht aus, schwer krank und – ab 1889 – fast gänzlich erblindet. P. beeinflußte durch den von ihm geschaffenen Ztg.Stil und dessen Auswirkung – bes. auf den sog. „new journalism“ – maßgeblich die Entwicklung der amerikan. Journalistik, darüber hinaus ließ er sich auch die Ausbildung und Schulung des journalist. Nachwuchses angelegen sein: Durch eine Stiftung an die Columbia Univ. in New York legte er den Grund für die School of journalism dieser Univ., der andere folgten. Auch die aufgrund seines Testaments jährlich verliehenen P.-Preise für hervorragende Leistungen auf dem Gebiet des Journalismus, des Romans und Dramas sowie der Geschichtsschreibung und Biographik (später noch durch andere Gebiete erweitert) setzten und setzen wesentliche kulturpolit. Akzente.

L.: G. S. Johns, J. P. in St. Louis, in: Missouri Historical Review 25/26, 1931, S. 416 ff.; Enc. Jud.; Jew. Enc.; J. L. Heaton, The Story of a Page, 1913, Neudruck 1970; D. C. Seitz, J. P., his Life and Letters, 1924; J. W. Barrett, The World, the Flesh and Messrs. P., 1931; A. Ireland, An Adventure with a Genius. Recollections of J. P., 1937; J. W. Barrett, J. P. and his World, 1941; Dictionary of American Biography 15, 1946; W. R. Reynolds, J. P., phil. Diss. New York, 1950; K. Stewart–J. Tebbel, Makers of Modern Journalism, 1952, S. 86 ff.; I. Noble, J. P., 1957; A. Churchill, Park Row, 1958; G. J. Laub, J. P., phil. Diss. Wien, 1960; F. L. Mott, American Journalism, 3. Aufl. 1962, s. Reg.; G. Juergens, J. P. and the New York World, 1966; J. S. Rammelkamp, P.s Post-dispatch, 1878–83, 1967; W. A. Swanberg, P., 1967; H. Hohenberg, The P. Prizes, 1974. Belletrist.: W. J. Gramberg, The World of J. P., 1965.
(H. Knoepfmacher–E. Lebensaft)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 8 (Lfg. 39, 1982), S. 330f.
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