Ulrich, Gustav (1863–1943), Chemiker

Ulrich Gustav, Chemiker. Geb. Klagenfurt (Klagenfurt am Wörthersee, Ktn.), 6. 11. 1863; gest. Brünn, Protektorat Böhmen und Mähren (Brno, CZ), 13. 5. 1943. Sohn des Kaufmanns Gustav U. (gest. 1903) und von Theresia U., geb. Knobl; in 1. Ehe ab 1893 mit Leopoldine U., geb. Schmidt (gest. 1919), ab 1923 mit der Klavierlehrerin Maria Swoboda verheiratet. – Nach Besuch der Staatsoberrealschule stud. U. ab 1880 Maschinenbau und Chemie an der TH Wien, 1885 am II. Chem. Inst. der Univ. Wien und 1886 zwei Semester lang am Seminar für Tinktoralchemie des Techn. Gewerbe-Mus. (TGM), zunächst unter Louis Liechti, mit dem U. 1887 seinen ersten wiss. Aufsatz über Nickelbeizen in der Baumwoll-Färberei publ. Praxisjahre in Wien bei der Stückfärberei Fischer & Müller und in Ebergassing bei der Teppich- und Möbelstofffabrik Philipp Haas & Söhne folgten. 1889 kehrte U. für einige Monate an das TGM zurück und fand danach – ebenfalls für einige Monate – eine Anstellung als Unterrichtsass. an der Staatsgewerbeschule in Bielitz. 1890 übernahm er die Leitung der sog. colorist. Abt. der Farbenfabrik Kalle & Co. in Biebrich, heute Wiesbaden, 1897 wurde ihm die Leitung der Färberei-Abt. der Webschule in Aachen übertragen. Damalige Forschungsthemen U.s waren die Erprobung von Nitrosoverbindungen für die Färberei sowie die Fixierung von Metalloxiden auf der Faser in Form von Wolframaten. U. untersuchte die Eignung von Eisenbeizen, von Anthracenfarbstofflacken sowie von Indulin-Farbstoffen für die Textilfärbung. 1899 wurde er als Lehrer an die Höhere Textilschule nach Brünn berufen. Daneben lehrte er 1901–09 als Priv.Doz. für Chemie und Chem. Technol. an der dortigen dt. TH. Seine Berufung zum Prof. am Brünner II. Inst. für Chem. Technol. erfolgte 1909; fünfmal Dekan, 1917/18 und 1923/24 Rektor der dt. TH, 1934 emer. An seiner Lehrkanzel gründete U. eine textiltechnolog. Versuchsanstalt, woraufhin viele seiner Studenten eine Diss. verf., obwohl dies damals nicht üblich war. Von den Forschungen in Brünn sind Arbeiten über die Verwendung der Ameisensäure bei der Färberei und Mitt. über ein Lignorosin genanntes Präparat aus einer Sufitablauge zu erwähnen. Insbes. während des 1. Weltkriegs befasste sich U. noch intensiver mit Fragen der Verwertung von Ind.abfällen. U. zählte zu den Bearb. des von →Georg v. Georgievics initiierten „Lehrbuchs der Chemischen Technologie der Gespinstfasern“, welches in mehreren Aufl. (zuletzt 1924) erschien. Er verf. zusammen mit →Eduard Donath den Beitr. über „Die fossilen Kohlen … und ihre Verwendung“ für den von Adolf Miethe 1912 hrsg. 2. Bd. des Werks „Die Technik im zwanzigsten Jahrhundert“. Mit Deodata Krüger und Hugo Glafey schrieb er 1938 für den 3. Tl. des 8. Bd. der Enz. „Technologie der Textilfasern“ das Kapitel „Chemische Technologie und mechanische Hilfsmittel für die Veredelung der Wolle“. 1934 wurde er von der TH Brünn mit dem Titel Dr. techn. e. h. geehrt. U. war u. a. Ehrenmitgl. des Internationalen Ver. der Chemiker-Coloristen.

Weitere W.: s. Poggendorff; Anschütz, 1943.
L.: Klagenfurter Ztg., 4. 2. 1903; Ktn. Tagbl., 17. 11. 1933, 17. 6. 1934; Poggendorff 7a (m. W.); Wer istʼs?, 1935; L. Anschütz, in: HDI-Mitt. / Hauptver. Dt. Ing. in der Tschechoslowak. Republik 22, 1933, S. 344; ders., in: Berr. der Dt. chem. Ges. 76, 1943, Ser. A, S. 129ff. (m. W.); A. Kreuzer, Kärntner. Biograph. Skizzen 15.–20. Jh., 1998, S. 133f.; P. Šišma, Učitelé na německé technice v Brně 1849–1945, 2004, S. 89f., 132, 157; ders., Zur Geschichte der Dt. TH Brünn, 2009, S. 10, 15f.; ders., Teachers of Physics and Chemistry at the German Technical Univ. in Brno (nur online, Zugriff 5. 8. 2014).
(R. W. Soukup)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 67, 2016), S. 88f.
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