Volpini (de Maestri) (Maestre, Maëstri), Anton (II.) (1821–1881), Industrieller

Volpini (de Maestri) (Maestre, Maëstri) Anton (II.), Industrieller. Geb. 1821 oder 1822; gest. Bruck im Pinzgau (Bruck an der Großglocknerstraße, Sbg.), 21. 7. 1881 (begraben: Wien-Hietzing); röm.-kath. Sohn des Geschäftsführers der Reiserʼschen Fez-Fabrik Anton (I.) V. (geb. Mailand, Lombardei / Milano, I, 1788; gest. 29. 3. 1859), der nach Johann Reisers Tod 1816 einen Tl. seiner Geräte übernahm und eine eigene Fez-Erzeugung aufbaute, Bruder des öff. Ges. der Fa. A. Volpini & Söhne Ignaz V. (geb. 1825 oder 1826; gest. 22. 7. 1861), Vater der Industriellen und Nachfolger im Familienunternehmen Carl V. (gest. 1934), Dir. der AG der österr. Fezfabriken, und Anton (III.) V. (geb. 1864; gest. 20. 10. 1910), Verw.R. der AG der österr. Fezfabriken, ab 1907 leitender Dir. der A. Volpini & Söhne, AG für Filztuch- und Wollwarenfabrikation und Besitzer der Pappenfabrik Anton Volpini de Maestri vormals Anton L. Moritsch in Spittal an der Drau, Schwiegervater von Gisela V., geb. Stölzle (gest. 1950), die nach dem Ableben ihres Ehemanns diese bis zur Volljährigkeit ihres Sohns Anton (IV.) V. leitete, Großvater der Papierfabrikanten Anton (IV.) V. (geb. 1896; gest. 18. 8. 1941) und Paul V., die 1920 Ges. des Unternehmens in Spittal an der Drau wurden; verheiratet mit der Tochter eines Gumpendorfer Leinenwebers, Marie Louise V., geb. Garber (geb. 1840; gest. Gloggnitz, NÖ, 9. 2. 1922, begraben: Wien-Hietzing). – V. stieg 1842 in das väterl. Unternehmen in Wien-Gumpendorf ein, dessen Produktion in Konstantinopel und Bulgarien abgesetzt wurde. Man erzeugte wöchentl. über 12.000 Käppchen, wobei sämtl. Arbeiten mit Ausnahme des Walkens im Haus in Wien 6 durchgeführt wurden. Die Feze zeichneten sich durch eine bes. rote Farbe und feine Qualität aus. 1845 präsentierte die Fa. V. ihr Fezsortiment (Abbas, Nisam, Servianer, albanes., griech. Fez und Orleans) auf der Wr. Gewerbeausst. und erhielt die bronzene Medaille. 1847 erfolgte die Umwandlung in die öff. Ges. A. Volpini & Söhne. 1850 wurden die Produktionskapazitäten erweitert. V. erwarb in Stuppach bei Gloggnitz ein Haus, Anfang 1852 ein weiteres Halblehenhaus und eine Mühle sowie 1856 ein Halblehenhaus und den Hammer in Gloggnitz, wo i. d. F. neben Wien eine zweite Fez-Erzeugung entstand. 1855 wurde die Fa. für ihre Produkte auf der Pariser Weltausst. ausgez. Nach dem Tod des Vaters ging die Landesbefugnis an V. sowie das Unternehmen zu gleichen Tle. an ihn und seinen Bruder. 1861 meldete V. ein Patent zur Erzeugung von Hüten und Kappen auf Wirkmaschinen ohne Naht an, was die Erweiterung der Produktpalette auf die Hut- und Kappenerzeugung ermöglichte. V. ließ seine Marke schützen und meldete ein zweites Patent auf ein Dampfdruckgerät an, mit dem man Feze schnell und gleichmäßig appretieren und gleichzeitig daktieren konnte. Dieses Patent wurde auf den Fezindustriellen Theodor Gülcher erweitert, der seinerseits das Nutzungsrecht für eine Maschine zur Doppelappretur von Fezen auch auf V. übertrug. Nach dem Ableben des Bruders wurde 1862 V.s Ehefrau Prokuristin und die Produktion erweitert. 1865 zählte der Arbeiterstand 300 Personen. 1867 stellte man 50.000 Dutzend Feze her. Auf den Weltausst. in Paris 1867 erhielt V. die bronzene Medaille und in Wien 1873 die Fortschrittsmedaille. Ab 1874 lag der Fa.sitz im schles. Niklasdorf und die Wr. Fez-Erzeugung wurde aufgelassen. V., ao. Mitgl. der HK in Konstantinopel, richtete einen Krankenunterstützungsver., einen Schlafsaal für auswärtige Arbeiterinnen sowie Küche und Speisesaal für die Arbeiter ein. V. setzte seine Ehefrau als Universalerbin ein. Die Fabriken in Niklasdorf, Gloggnitz, Stuppach und Köttlach samt Realitäten gingen nach seinem Tod an die Söhne Carl V. und Anton (III.) V., die gem. mit der Mutter die Fa. weiterführten. Das Unternehmen setzte seine Fez-Produktion vorwiegend in Ägypten, Syrien sowie Indien ab. 1899 wurde die Fezfabrik Bestandtl. der AG der Fezfabriken; die Fa. A. Volpini & Söhne mit Niederlassung in Gloggnitz sowie den Holzschleifereien in Stuppach und Köttlach (1876 erworben) bestand vorerst weiter, wurde 1907 in die A. Volpini & Söhne AG für Filztuch- und Wollwarenfabrikation umgewandelt und ging 1908 in der AG der österr. Fezfabriken auf.

L.: NFP, 23. 7. 1881 (Parte); Slokar; Internationale Ausst. zu Paris, Kat. der österr. Abt., 1867, S. 106; F. Kuchelbacher, in: 900 Jahre Gloggnitz 1094–1994, (1994), S. 116; B. Schiferer, Salon- und Hausmusik einst und heute, 2000, S. 81ff.; M. Purkhart, Die österr. Fezind., phil. Diss. Wien, 2006, passim, bes. S. 58ff.; G. A. Stadler, Das industrielle Erbe NÖ: Geschichte, Technik, Architektur, 2006, S. 211f.; I. Soravia, Millstätter See, 2014, S. 159ff. (m. B.); Zedhia, Zentraleurop. digitales wirtschafts- und gesellschaftshist. interaktives Archiv (online, Zugriff 24. 8. 2017); WStLA, Wien; Pfarre Bruck an der Glocknerstraße, Sbg.
(I. Nawrocka)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 69, 2018), S. 346f.
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