Wahliss, Erich David (1876–1938), Großindustrieller

Wahliss Erich David, Großindustrieller. Geb. Wien, 25. 5. 1876; gest. ebd., 7. 2. 1938; evang. AB. Sohn von →Ernst Wahliss, Bruder von Hans Carl Wahliss (geb. Wien, 8. 5. 1870; gest. ebd., 2. 10. 1900), der ebenfalls im Familienunternehmen tätig war; ab 1903 verheiratet mit (Rosa Eugenia) Margarethe Wahliss, geb. Salkinson (geb. Pressburg, Ungarn / Bratislava, SK, 21. 7. 1867; gest. Wien, 7. 3. 1952). – W. war ab 1899 Prokurist und nach dem Tod seines Vaters Geschäftsführer der Firma Ernst Wahliss, zu der die Porzellanfabrik in Turn-Teplitz und die beiden großen Porzellanwarenhäuser in der Wiener Kärntner Straße und in der Londoner Oxford Street gehörten. W. führte die „Scharffeuer-Emailtechnik“ (Emailpunkte auf Porzellan) ein, erwarb 1902 die noch erhaltenen, originalen Negativmodelle der kaiserlichen Manufaktur vom Sohn des ehemaligen Tonwarenfabrikanten De Cente in Wiener Neustadt und ließ damit in seiner Fabrik in Turn-Teplitz wieder Alt-Wiener Porzellan herstellen. 1904 hatte die Firma 400 Angestellte mit Niederlassungen in London, Berlin, Paris und Brüssel. 1911 begann man auf Anregung des Architekten Karl Klaus mit der Produktion der berühmten Serapis-Fayencen, mit Dekor nach Entwürfen von Klaus, Franz Staudigl, Charles Gallé, Willy Ross, Emanuel Josef Margold, Otto Prutscher und Hans Bolek. Unter W.’ Leitung nahm die Firma an vielen Ausstellungen teil, u. a. 1902/03 in London, 1908 an der Petersburger Kunstgewerbe-Ausstellung und 1910/11 an einer Ausstellung des Österreichischen Museums für Kunst und Industrie. Bei der Leipziger Baufachausstellung 1913 präsentierte W. keramische Radiatoren für Zentralheizungen, für die er den Sächsischen Staatspreis erhielt. Im Jahr darauf war seine Firma bei der Kölner Werkbundausstellung vertreten, wie auch 1925 bei der Pariser Kunstgewerbe-Ausstellung. Kommerzialrat W. gehörte 1914–18 der Permanenzkommission für die Handelswerte des Außenhandelsverkehrs an und wurde 1920 zum Mitglied des Beirats für Handelsstatistik ernannt. Nach dem 1. Weltkrieg geriet die Firma in finanzielle Schwierigkeiten, sodass sie 1922 auf Betreiben des Bankhauses Kola & Co. sowie der Anglo-American-Bank in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde. W. verblieb im Verwaltungsrat derselben. 1930 ließ er als Geschäftsführer der Thaya Erdgas- und Erdöl-Gesellschaft m.b.H. Bohrungen im nördlichen Niederösterreich durchführen. Zudem hielt W. verschiedene Berechtigungen für den Kohlen- und Eisensteinbergbau in Reisach sowie für Freischürfe in Hermagor und Kötschach. 1934 erfolgte der erste, vergebliche Versuch einer Versteigerung des Warenhauses in der Kärntner Straße 17; 1936 ersteigerte die Porr AG das Objekt. Nach W.’ Tod setzte seine Witwe, die ab November 1930 im Verwaltungsrat und bis 1939 im Vorstand der Firma war, Franz Kramer jun. als Unternehmensleiter ein, der schon zuvor auch die Geschäftsführung innegehabt hatte. Wie sein Vater war W. karitativ tätig: Er spendete u. a. für die Kirche am Matzleinsdorfer Friedhof zwei Glocken und erließ dem Kärntner Schülerheim den zinslosen Kredit, den sein Vater zu dessen Bau gewährt hatte.

L.: NWT, 7. 11. 1913, 9. 2. 1938; Kleine Volks-Zeitung, 10. 2. 1938; Le arti a Vienna. Dalla Secessione alla caduta dell’Impero asburgico, ed. M. Abate – D. Pertocoli, Venezia 1984, S. 585 (Kat.); A. Gmeiner – G. Pirhofer, Der österreichische Werkbund, 1985, S. 191; J. Weinmann, Egerländer Porzellan und Steingut 1792–1945, 1999, S. 107f.; Ernst-Wahliss.at (Zugriff 28. 2. 2022, mit Bild); A. Ahrens, Das Warenhaus Wahliss Porzellanhaus (online, Zugriff 28. 2. 2022); AdR, Lutherische Stadtkirche, WStLA, alle Wien.
(R. Müller)   
Zuletzt aktualisiert: 25.8.2023  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 11 (25.08.2023)