Wassilko (Vasylʼko), Nikolaus (Nikolai, Nikolaj, Neculai, Mykola) Ritter von (1868–1924), Politiker, Diplomat und Großgrundbesitzer

Wassilko (Vasylʼko) Nikolaus (Nikolai, Nikolaj, Neculai, Mykola) Ritter von, Politiker, Diplomat und Großgrundbesitzer. Geb. Lukawetz, Bukowina (Lukavci, UA), 21. oder 24. 3. 1868; gest. Bad Reichenhall, Dt. Reich (D), 2. 8. 1924; griech.-oriental. Sohn von Nikolaus (Nicolae) Ritter v. W. (1839–1892), einem der ersten LT-Abg. der Bukowina, und dessen Frau Aglaia v. W., geb. de Petrino-Armis, Neffe 2. Grads von →Alexander Gf. v. W.-Serecki; ab 1892 verheiratet mit Olga de Gherghel (Gherghely), später in 2. Ehe mit der Wr. Sängerin Gerda Walden (eigentl. Jetty Winkler). – W. besuchte 1878–87 das Theresianum in Wien, danach folgte ein Jahr Militärdienst sowie ein Stud. der Rechtswiss. (Abschluss 1891), beides in Czernowitz. Zunächst in der rumän.-konservativen Partei aktiv, wechselte W. 1898 zu den Ruthenen und zog als deren Vertreter in den Bukowiner LT ein. 1903 gründete er gem. mit Aurel v. Onciul und →Benno Straucher den überparteil. Verband der Freisinnigen, dessen Vorsitz er 1904 übernahm. W. spielte als Eigentümer der „Bukowinaer Post“ in der Öffentlichkeit gezielt deren polit. Einfluss aus. 1899–1918 saß er im AH des RR. 1907 kam es während einer RR-Sitzung zum Eklat, als W. mit den ruthen. Abg. das ukrain. Nationallied sang. Kulturell setzte W. bes. in der nördl., ruthen. dominierten Bukowina Akzente. Er gründete 1904 in Kooperation mit dem Ver. Ruska Rada das dt.-ruthen. Staatsgymn. in Kotzmann und 1909 das Franz-Josef-Jubiläumsgymn. in Wiżnitz. 1914 gehörte er zu den Mitbegründern des Ukrain. Nationalrats in Lemberg (Vizepräs.). Während des 1. Weltkriegs unterstützte W. die in Graz-Thalerhof internierten Ruthenen. Er entwickelte im Kriegsverlauf zunehmend die Idee einer weitgehenden territorialen Autonomie für die Ruthenen, zunächst noch innerhalb des Habsburgerreichs. An den Verhh. von Brest-Litowsk nahm W. bereits als Gesandter der Ukraine teil, wohl auch auf Vermittlung seines Schulkollegen aus dem Theresianum →Ottokar Gf. Czernin. 1919–20 vertrat W. als Botschafter die Ukrain. Volksrepublik u. a. in Bern, Wien und Berlin. Nach seinem Tod lobten österr. Ztg. W. als Zeugen der „habsburgischen Kulturmission im Osten“ bzw. als „Mann der Couloirpolitik“.

L. (tw. unter Vasylʼko): Innsbrucker Nachrichten, 5. 7. 1907; Czernowitzer Allg. Ztg., 9. 7. 1914; AZ, 4., NFP, 5. 8. 1924; Enc. istoriji Ukrajiny 1, 2003; Enc. sučasnoji Ukrajiny 4, 2005; O. V. Dobržansʼkyj, in: Naukovyj visnyk Diplomatyčnoji akad. Ukrajiny 14, 2008, S. 222ff.; A. Corbea-Hoisie, in: East Central Europe 39, 2012, S. 13ff.; C. Ungureanu, Școlile secundare din Bucovina (1808–1918), 2016, S. 138, 143; AVA, Wien.
(K. Scharr)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 70, 2019), S. 13
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