Wiser (Wieser), Karl (Carl) (1800–1889), Jurist und Politiker

Wiser (Wieser) Karl (Carl), Jurist und Politiker. Geb. Wien, 6. 3. 1800; gest. Linz (OÖ), 18. 6. 1889; röm.-kath. Sohn des Hofjuweliers Anton W. und dessen Frau Helene W., geb. Resch (Rösch), Schwiegervater von →Ignaz Karl Figuly; ab 1824 verheiratet mit Therese W., geb. Strehlitz (gest. 1830), ab 1833 mit Maria W., geb. Hackl (gest. 1881). – W. besuchte 1811–16 das Akadem. Gymn., absolv. 1816–19 die phil. Jgg. und stud. 1819–23 Jus an der Univ. Wien; 1832 Prom. und Richteramtsprüfung. 1824 trat er als Praktikant bei der k. k. Hofkammer-Prokuratur in den Staatsdienst ein. 1835 übersiedelte W. nach Linz, wo er als Hof- und Gerichtsadvokat eine Anwaltskanzlei eröffnete. Liberal gesinnt, befürwortete W. 1848 die grundsätzl. Ziele der Revolution, wandte sich aber gleichzeitig gegen Ausschreitungen. Im selben Jahr wurde er Mitgl. des Linzer Gmd.rats, wo er entscheidend an der Ausarbeitung der prov. Gmd.ordnung von 1850 beteiligt war. Vom Gmd.rat wurde er 1848–49 auch zum konstituierenden RT nach Wien (und später Kremsier) entsandt und von diesem zum Schriftführer gewählt. Über eigenes Ansuchen 1851 aus dem Linzer Gmd.rat ausgeschieden, blieb W. der Politik über ein Jahrzehnt fern. Nach Überwindung des Neoabsolutismus 1861 betätigte sich W. erneut in der polit. Öffentlichkeit. Ein Vierteljahrhundert lang war er fortan die Führungspersönlichkeit des Liberalismus in OÖ. Der von ihm 1869 mitgegr. Liberal-polit. Ver. für OÖ, dem er bis 1873 als Obmann vorstand, bildete den institutionellen Gegenpart zu dem 1870 von →Franz Josef Rudigier ins Leben gerufenen Kath. Volksver. für OÖ. Trotz gegensätzl. Positionen in vielen Fragen waren die inhaltl. harten Auseinandersetzungen von W. mit Rudigier von gegenseitigem Respekt getragen. Polit. Mandate nach 1861 hatte W. im Linzer Gmd.rat (1861–85), im RR (1861–63) sowie im oö. LT (1861–80) inne. 1861–67 bekleidete er das Amt des oö. Landeshptm.-Stellv., 1873–85 fungierte er in der Nachfolge Viktor Drouots als Bgm. von Linz. In dieser Funktion zeichnete er für die Umsetzung zentraler Infrastruktur-Projekte verantwortl.: Ausbau des Bahnnetzes mit Linz als Knotenpunkt der Westbahnstrecke, Errichtung neuer Schulen (Staatsgymn. 1873, Lehrerbildungsanstalt 1876, Volks- und Bürgerschulen), Kanalisierung (1876–81) und Vorarbeiten für den Bau einer städt. Wasserleitung (1891–93 unter →Johann Ev. Wimhölzel verwirklicht) sowie die 1880 in Betrieb genommene Pferdebahn vom Linzer Bahnhof nach Urfahr als erste Linzer Straßenbahn. Das von ihm entscheidend miterarbeitete Linzer Gmd.statut mit der Festlegung der Wahlkörper, der Dauer der Funktionsperioden und des Prozedere der Bgm.-Wahl war bereits 1867 in Kraft getreten. Erstmals wurden auf W.s Initiative auch Rechenschaftsberr. der Stadtverwaltung veröff., die anhand statist. Daten einen detaillierten Einblick in die Leistungen der Kommunalpolitik und des Magistrats boten. Neben seiner polit. Tätigkeit engag. sich W. in zahlreichen Ver. wie auch in der anwaltl. Ständevertretung in einflussreichen Positionen: Präs. der oö. Advokatenkammer (1851–69), Präs. des Oö. Kunstver. (1869–72), Vizepräs. des Oö. Musealver. (ab 1868) und Obmann des Linzer Verschönerungsver. (1865–70). Bis 1879 fungierte er zudem als Linzer Stadtschulrat, danach als oö. Landesschulrat. 1867 wurde er daneben als Richter an den Staatsgerichtshof in Wien berufen, für den er bis 1880 tätig blieb.

L.: Tages-Post (Linz), Linzer Volksbl., 20. 6. 1889; Adlgasser; Wurzbach; E. Straßmayr, in: Hist. Jb. der Stadt Linz 1953, 1954, S. 233ff. (m. B.); G. Grüll, Das Linzer Bgm.buch, 1959, s. Reg. (m. B.); I. Adam, Dr. K. W. …, phil. Diss. Wien, 1963 (m. B.); I. Adam, in: Hist. Jb. der Stadt Linz 1964, 1965, S. 259ff.; E. Puffer, in: Die Gmd.vertretung der Stadt Linz vom Jahre 1848 bis zur Gegenwart, 1968, S. 283f.; I. Karl, Kultur-, Sozial- und Wirtschaftspolitik des oö. LT 1871–83, phil. Diss. Graz, 1972, s. Reg.; K. Wimmer, Liberalismus in OÖ, 1979, s. Reg.; S. Oberlik, in: Lebendiges Linz 3, 1980, Nr. 16, S. 11 (m. B.); K. Tweraser, in: Hist. Jb. der Stadt Linz 1979, 1980, S. 293ff.; H. Slapnicka, OÖ – Die polit. Führungsschicht 1861–1918, 1983 (m. B.); P. Wrabetz, Österreichs Rechtsanwälte in Vergangenheit und Gegenwart, 2002, s. Reg.; Land OÖ. Politikerdatenbank (online, Zugriff 27. 5. 2019); UA, Wien; Archiv der Stadt Linz, OÖ.
(M. Krenn)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 71, 2020), S. 279f.
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