Wittner, Viktor (Victor); Ps. Vivo, M. Busch, Stefan Steil (1896–1949), Schriftsteller und Publizist

Wittner Viktor (Victor), Ps. Vivo, M. Busch, Stefan Steil, Schriftsteller und Publizist. Geb. Herza, Rumänien (Herca, UA), 1. 3. 1896; gest. Wien, 27. 10. 1949 (Ehrengrab: Zentralfriedhof); mos. Sohn des Arztes Max W. – W. wuchs in Suczawa auf, wo er auch maturierte. Danach begann er 1914 in Wien ein durch Kriegsdienst unterbrochenes Med.stud., das er jedoch nicht abschloss. Nach 1918 war er in Wien als freier Schriftsteller, Theater- und Musikkritiker tätig und schrieb v. a. für die Bll. „Die Stunde“ und „Die Bühne“. Er lernte u. a. →Arthur Schnitzler, →Hugo Hofmann v. Hofmannsthal, Stefan Zweig, Arnold Schönberg und →Gustav Klimt sowie Franz Theodor Csokor und Peter Altenberg (→Richard Engländer) kennen. Ab 1929 wirkte er in Berlin als Chefred. der Kulturz. „Der Querschnitt“, kehrte allerdings 1933 nach Wien zurück und arbeitete hier als Theaterkritiker. 1938 emigrierte er über Prag in die Schweiz, wo er bis 1945 als Flüchtling ohne Arbeitserlaubnis teils unter Ps. u. a. beim Berner „Bund“, der „Basler Nationalzeitung“ und der „Neuen Schweizer Rundschau“ publ. 1947 erkrankt, kehrte er 1948 nach Wien zurück und lieferte i. d. F. Beitrr. für Otto Basils „Plan“ sowie die „Litterarische Welt“ und verf. unter dem Titel „In den Wind gemurmelt“ Aphorismen für Ztg. Schon 1914 veröff. W. anonym den Ged.bd. „Klüfte, Klagen, Klärungen“, weitere Lyrikbde. erschienen 1924 („Sprung auf die Straße“, von →Robert Musil gelobt), 1929 („Der Mann zwischen Fenster und Spiegel“), 1932 („Lehre leichten Lebens“), 1934 („Blick vom Balkon“, Sonette) und 1941 („Alltag der Augen“, von Thomas Mann positiv besprochen). Aus dem Nachlass erschien 1956 der von Rudolf Felmayer ed. Bd. „Das Haarpfand“. Von seinen Komödien wurde „Ein Herr Herbst“ (1932) im Wr. Dt. Volkstheater aufgef., ein weiteres Stück dieses Genres ist „Die weiße Weste“ (1935). W.s Ged. schließen polit. Zeitkritik weitgehend aus und zeigen eher eine heile Welt, die aber von den gesellschaftl. Mechanismen des Alltags verfremdet wird. Idyll. Erinnerungen an Heimat und Kindheit deuten schon früh ein persönl. Entwurzelungsgefühl an, das sich später zu einer pessimist. Weltsicht entwickelt und zum Zentralthema einer nie geglückten Identitätsfindung führt. Trotz manchmal verwendeter expressionist. Stilmittel darf er nicht dieser Strömung, sondern muss eher der Neuen Sachlichkeit zugeordnet werden. Nicht zuletzt im Nachlass zeigt sich W.s dichter. Vielfältigkeit. Neben der Komödie „Drei Tage stumm“ finden sich darin Fragmente eines Romans, einer Erz. und Kurzprosa, v. a. aber journalist. Texte, die sehr wohl aktuelle Politik behandeln, etwa den Streit der Sowjets und Westalliierten um Berlin, die sowjet. Annexion der Bukowina und die Besetzung Siebenbürgens. Daneben stehen Arbeiten über zeitgenöss. Autoren und Theaterleute, Nachrufe auf Georg Kaiser, Max Halbe, Carl Sternheim u. a. im Exil Verstorbene.

Weitere W.: Ged., in: Texte des Expressionismus, ed. A. A. Wallas, 1988. – Nachlass: Dokumentationsstelle für neuere österr. Literatur (Splitternachlass), Österr. Nationalbibl. (Hss.smlg., Teilnachlass), beide Wien.
L.: Neues Österr., 29. 2. 1946; Hdb. jüd. AutorInnen; Killy; E. Castle, Geschichte der dt. Literatur in Österr.-Ungarn im Zeitalter Franz Josephs I., 2, (1937), S. 2170; E. Reichmann, in: Z. der Germanisten Rumäniens, 1997, H. 1–2 (11–12), S. 191ff.; Metzler Lex. der dt.-jüd. Literatur, ed. A. B. Kilcher, 2. Aufl. 2012 (m. B.); UA, Wien.
(R. Pichl)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 71, 2020), S. 296f.
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