Wolf, Bruno (1884–1928), Journalist

Wolf Bruno, Journalist. Geb. Wien, 10. 12. 1884; gest. ebd., 19. 6. 1928 (ermordet); mos. Sohn von →Robert W. und Rosa W., geb. Fried, Bruder von →Max W.; ab 1910 verheiratet mit Elsa W., geb. Weiss. – Nach der Matura stud. W. 1904–08 an der jurid. Fak. der Univ. Wien. Danach hielt er sich zunächst in Berlin auf und war nach seiner Rückkehr einige Jahre als Red. beim „Illustrirten Wiener Extrablatt“ tätig. Von dort wechselte er 1913 zum „Neuen Wiener Journal“, dessen Red.ausschuss er angehörte. Daneben arbeitete er als stellv. Chefred. für die „Wiener Sonn- und Montags-Zeitung“, aus der er aber nach einem Besitzerwechsel im Mai 1925 ausschied. Gelegentl. schrieb er auch Feuilletons für das „Prager Tagblatt“. Die polit. Haltung des „Neuen Wiener Journals“ änderte sich im Lauf der Jahre: Als die Ztg. im Frühjahr 1919 beschuldigt wurde, im Interesse der Siegerstaaten gegen einen Anschluss Österr. an Dtld. einzutreten, protestierte W. zusammen mit seinen Kollegen scharf gegen diese Angriffe. Ebenso wandte sich der Red.ausschuss später gegen die Versuche eines Kollegen, die polit. Haltung der Ztg. zugunsten der Politik von Miklós Horthy zu beeinflussen. Das Verhältnis zwischen Teilen der Red. und dem Hrsg. →Jakob Lippowitz war lange Zeit von Spannungen geprägt. Nach dem Zusammenbruch zahlreicher Banken 1924 gab es Gerüchte, dieser habe den Red. Oskar Pöffel vorgeschickt, um eine größere Bankeinlage der Ztg. bei der Allg. Depositenbank zu retten, da ein Verlust der Einlage drohte. Schon vorher hatte es Konflikte zwischen der Red. und Pöffel gegeben, weil dieser im Zusammenhang mit einem Strafprozess der Polizei brisante Hinweise gab, die einen klaren Bruch des Red.geheimnisses darstellten. W. beschuldigte ihn daraufhin im Februar 1926 verbrecher. Handlungen, was zu einem jahrelangen Ehrenbeleidigungs- und schließl. zu einem Strafprozess führte. In offener Gerichtsverh. erschoss Pöffel seinen früheren Red.kollegen W., dessen persönl. Integrität, mutige Haltung auch gegenüber dem Hrsg. und strenges Berufsethos mehrfach während der Verhh. bestätigt worden waren. Im darauffolgenden Prozess wurde Pöffel, der vom nationalsozialist. Rechtsanwalt Walter Riehl vertreten wurde, wegen begreifl. „Sinnesverwirrung“ zum Zeitpunkt der Tat von der Anklage des Mordes an W. freigesprochen. Das Urteil wurde von der parlamentar. Opposition als klarer Beweis einer polit. Justiz und als Schlag gegen die Pressefreiheit gesehen. W. war ab 1917 Mitgl. des Journalisten- und Schriftsteller-Ver. „Concordia“ und gehörte der gewerkschaftl. Organisation der Wr. Presse seit ihrer Gründung 1917 an.

L.: Neues Wr. Journal, 13. 4. 1919, 24. 5., 1. 11. 1925, 4. 2., 24. 4. 1926, 20. 6. 1928; AZ, 13. 2. 1921, 20. 6. 1928; Illustrierte Kronen Ztg., Der Tag, 20. 6. 1928 (beide m. B.); Wr. Sonn- und Montags-Ztg. 66, 1928, Nr. 26, S. 4; UA, Wien.
(Th. Venus)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 71, 2020), S. 320f.
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