Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten
Politischer Bezirk St. Veit an der Glan
12 |
St. Georgen am Längsee, Pfk. u. ehem. Stiftsk. hl. Georg |
1. H. 13. Jh. |
Stifterstein aus weißem Marmor des ehemaligen Benediktinerinnenstiftes mit der Darstellung der beiden Stifter und der ersten Äbtissin in Hochrelief, dazwischen die segnende Hand Gottes, in einem stilisierten Steinsarkophag auf der Vorderseite, die Rückseite enthält eine siebenzeilige Is. mit der Stiftungsinschrift. Der von einem Eisenrahmen gefasste Stein befand sich ursprünglich in der Vorhalle beim Südeingang, heute ist er im Kircheninneren verwahrt.
H. 17 cm, B. 23,4 cm, Bu. ± 1,6 cm. – Romanische Majuskel.
Textedition
HIC IACET COR/PVS WICHPVRGE / OTWINI COMITISa) CON/IVGIS
VEN͜ERANDE FI/LIEQ(VE) EIVS HILTIPU͜RGEb) / HVIUS COENOBII
PRI/MAE ABBATISSAE
Anmerkungen
Kommentar
Das erste Frauenkloster Kärntens entstand etwa zwischen 1002 und 1023 in St. Georgen am Längsee1). Es war ein Benediktinerinnenstift und wurde von Wichburg, der Tochter Hartwigs I., der bayerischer Pfalzgraf und Gewaltbote in Kärnten war, begründet2). Ihr Bruder Hartwig war Erzbischof von Salzburg, wohl deshalb wurde das neugegründete Kloster in St. Georgen dem Erzstift unterstellt. Ihre Schwester Adala war mit dem Pfalzgrafen Aribo I. von Bayern verheiratet und gründete das steirische Kloster Göß. Wichburg war mit dem Grafen Otwin vom Pustertal verheiratet, ihre Tochter Hiltiburg wurde erste Äbtissin des Klosters3).
Der so genannte Stifterstein entstand allerdings nicht zeitgleich mit der Stiftung, sondern ist als Erinnerungsgedenkstein an diese Stiftung erst etwa zwei Jahrhunderte später in Auftrag gegeben worden. Die Bildseite des Steines ist nur skizzenhaft ausgeführt und bietet kunsthistorisch wenige Anhaltspunkte für eine stilistische und zeitmäßige Zuordnung. K. Ginhart hat als erster darauf hingewiesen, dass die Stifter „nach 1259 im Zuge eines Neubaues der Kirche Tumbengrabmäler“4) erhielten, die sich allerdings ebensowenig überliefert haben wie eine entsprechende Stifterinschrift. Erst im frühen 17. Jahrhundert wurde in der Vorhalle beim Südeingang eine neue Stiftergedenkstätte eingerichtet. Ein Wappenstein an der Ostwand aus dem frühen 17. Jahrhundert (vgl. Kat.-Nr. 761) erinnert an diese historische Tradition, dazu gehört auch eine auf die Westwand gemalte, bereits stark verschliffene zehnzeilige Stifterinschrift aus dem 17. oder beginnenden 18. Jahrhundert5). Auf Grund dieser Annahme hat Ginhart die Stiftertafel von St. Georgen in die Mitte des 13. Jahrhunderts datiert, eine Datierung, die weitgehend in der kunsthistorischen Literatur übernommen wurde. W. Koch6) hat die Majuskelschrift der Steinplatte als Ansatz für eine zeitliche Zuordnung genommen: „Die kaum auf Monumentalität bedachte Schrift lässt eine Behandlung von Schaft- und Balkenenden erkennen, wie sie von den letzten Jahrzehnten des 12. Jahrhunderts an zu finden sind und bei Steininschriften wohl bis in die Mitte des 13. Jahrhunderts weiterleben. Das unziale A jedoch in Verbindung mit dem trapezförmigen kapitalen A, dessen obere Trabs nicht über die Schrägschäfte hinausreicht, findet sich nach unseren bisherigen Ergebnissen nur bis in die ersten Jahrzehnte des 13. Jahrhunderts, so dass wir diese Inschrift bei aller gebotenen Vorsicht spätestens an den Beginn des 13. Jahrhunderts setzen möchten, zumal dieser Datierung kein paläographisches Argument widerspricht“. Der Ansicht von K. Ginhart, dass diese Inschrifttafel zusammen mit den „Tumbengrabmälern“ der Stifter um 1259 entstanden sein könnte, wird von W. Koch wie auch von E. Bacher7) mit Recht widersprochen, wenngleich Letzterer die zeitliche Eingrenzung mit „1. H.13. Jh.“ dann aber etwas erweitert hat.
Literatur
Friedrich Wilhelm Leitner
Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
65. Band, Wiener Reihe 2. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten - Teil 2
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan
Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Austrian Academy of Sciences Press
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Hier ruht der Leichnam der Wichpurga, der ehrwürdigen Gemahlin des Grafen Otwin, und ihrer Tochter Hiltiburg, der ersten Äbtissin dieses Klosters.