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Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten

Politischer Bezirk St. Veit an der Glan

13 Gurk, Pfk. u. ehem. Domkirche
Mariae Himmelfahrt
1. H. 13. Jh.

Wandinschrift am Pfeiler beim südseitigen Kryptaeingang, in Rötel gemalte zweizeilige bzw. einzeilige Is. Die 1925/26 freigelegten Iss. bezeichnen links (I) Bischof Wernher (gest. 1195), rechts (II) den erwählten Bischof Otto I. (gest. 1214).

H. ± 15 cm, B. 93 cm, Bu. ± 5 cm (I), 7–8 cm (II). – Romanische Majuskel.


Textedition
			

I. WERENHE/RVS · EP(ISCOPVS) O(BIIT) II. O · T · T · O · +

Anmerkungen

Bischof Wernher starb (…) (I).


Kommentar

Die beiden Iss. stehen wohl in engem Zusammenhang mit zwei Grabdenkmälern, die sich zu beiden Seiten des südseitigen Kryptaabganges befinden: Rechts liegt eine stark abgetretene Tumbaplatte1), die sich auf Bischof Dietrich I. von Albeck2), wahrscheinlicher aber auf dessen Nachfolger, Bischof Wernher (1194–1195)3), beziehen dürfte. Eine schriftliche Zuweisung dieser unbeschrifteten Grabplatte könnte später mit der gemalten Is. (I) erfolgt sein. Für diese Annahme spricht die Situierung eines zweiten Grabdenkmals, links beim Abgang zur Krypta. Es handelt sich um die ebenfalls unbeschriftete Grabplatte des erwählten, aber noch vor der Weihe verstorbenen Bischofs Otto I. (1214)4), in Form eines Tumbadeckels. Die gemalten Iss. werden von W. Koch5) in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts datiert und lassen sich damit als später beigefügte Benennungen der beiden unbeschrifteten Grabplatten ansehen. J. Löw6) vermerkte eine verschollene Grabplatte des Bischofs Wernher und zitierte in diesem Zusammenhang eine 1712 bei der Neupf lasterung des Kirchenbodens in Verlust geratene Inschriftplatte: Sanguine iunguntur / In eadem Sede locantur / iuxta ponuntur / Werenherus et Otto vocantur. Nach einer kopialen Überlieferung im Archiv der Diözese Gurk gibt J. Obersteiner7) diese Inschrift wie folgt wieder: Sanguine iunguntur, in eadem sede locantur, / Iuxtra conduntur Qerenherus et Otho vocantur. / Taliter adtractos et in unum Christe redactos / Iunge tibi viti membra suo capiti. Die in der Inschrift angedeutete Verwandtschaft der beiden Bischöfe ist nicht auszuschließen. Nicht zutreffend ist die von P. J. Löw und J. Obersteiner geäußerte Vermutung, dass es sich hierbei um eine Grabinschrift für Bischof Wernher auf die nach 1712 verschollene Grabplatte handelt. Die gleichzeitige Nennung der beiden Bischöfe spricht für eine Entstehungszeit nach 12158), der leoninische Hexameter lässt eine Datierung in das ausgehende Mittelalter für eher wahrscheinlich erscheinen. Der Inschrifttext verweist auf eine Gedenkinschrift und inkludiert die wohl später entstandene Legendenbildung um Bischof Otto I.9). Wernher war vor seiner Wahl zum Gurker Bischof Propst in Klosterneuburg und soll der Stifter des berühmten Verduner Altares10) gewesen sein.

1) Milesi, Grabplastik 11f., Abb. 3.
2) Obersteiner, Bischöfe 63 (Anm. 39). – Löw, Domführer 158.
3) Obersteiner, Bischöfe 65f.
4) Obersteiner, Bischöfe 77f. – Milesi, Grabplastik 12, Abb. 4. – Ankershofen, Grabstein 327f. – Hann, Romanische Plastik 12f. – Löw, Neue Grabsteine 30f. – Schnerich, Dom zu Gurk 74, Fig. 24. – Oettinger, Herzogsgrabmal 808f., Abb. 6. – Novotny, Romanische Bauplastik 82. – Bauch, Grabbild 310 (Anm. 84). – Hemma von Gurk Kat.-Nr. 8.3. (Ernst Bacher).
5) Koch, Inschriftenpaläographie Kärntens 120.
6) Löw, Domführer 158.
7) Obersteiner, Bischöfe, 79 (Anm. 14).
8) Leitner F., Inschriftendenkmäler 44f.
9) Obersteiner, Legende 2f.
10) Ginhart/Grimschitz, Gurk 52.
Literatur

Ankershofen, Grabstein 327f. – Grueber, Kathedrale 3, Taf. 55, Fig. 12. – Schnerich, Neufunde 74f. – Ginhart/Grimschitz, Gurk 52. – Neckheim, Grabmalplastik 1941, 1. – Koch, Inschriftenpaläographie Kärntens 120. – Dehio Kärnten 2001, 263.



Friedrich Wilhelm Leitner

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan, ges. u. bearb. v. Friedrich Wilhelm Leitner
(Die Deutschen Inschriften 65. Band, Wiener Reihe 2. Band, Teil 2) Wien 2008, Kat. Nr. 13,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/kaernten-2/teil1/kaernten-2-obj13.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
65. Band, Wiener Reihe 2. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten - Teil 2
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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Abb. 13: Wandinschrift (1.H. 13.Jh.)
©  Landesmuseum Kärnten (Friedrich W. Leitner)