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Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten
Politischer Bezirk St. Veit an der Glan
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Friesach, Dominikanerkloster |
4. V. 13. Jh. |
Scheibenkreuzgrabplatte des Uolbrecht von Liebenberg (Liemberg) mit Kreuzdarstellung aus weißem Marmor im westlichen Kreuzgangsbereich des Dominikanerklosters. Das Bildfeld wird eingenommen von einer zentralen Kreuzdarstellung, die Kreuzbalken oben wie im Nimbus in einem vertieften Kreis; der Kreuzschaft wächst im Sockelbereich aus einem einfachen kleinen Hügel, der innen besetzt ist mit einem heraldischen Lilienornament. Links unten ist dem Kreuzschaft ein leicht schrägrechts gestellter W.-Schild beigegeben, darin ist eine nach schrägrechts gestellte Fahne zu erkennen; über dem linken Obereck ist ein stilisierter Kübelhelm, bestückt mit einem Federbusch, dargestellt. Auf der breiten Rahmenleiste ist eine Is. (I) festgehalten, oben links beginnend, die sich dann im Bildfeld unter dem Scheibenkreuz sechszeilig (II) fortsetzt, aber vom Schaft des Kreuzes in zwei Hälften getrennt wird. Durch die derzeitige Zweitverwendung der Räumlichkeiten ist der Stein nur bedingt zugänglich.
H. 173 cm, B. 82 cm, Bu. ± 6,5 cm. – Späte romanische Majuskel.
Textergänzungen nach 1882, 109f., Fig. 4.
Textedition
+ DER · STAI/N · IST · HER · UOLBR/[EHTEN VO/N LIEBENBERCH
VNDa) // VRO]//WE/[N R]//IHC/[EN] // SIN/[ER] // HAV/[SVR]//OV/[EN]
Anmerkungen
Wappen: Liebenberg1) (?).
Kommentar
Die Grabplatte mit Kreuzdarstellung erinnert an die Scheibengrabplatte des Albrecht und Heidenreich von Hallegg in der ehemaligen Stiftskirche von Viktring2) aus der Mitte des 13. Jahrhunderts3): Auch hier sind die Kreuzarme nimbenhaft in einen Doppelkreis gestellt, der halbkreisförmige Hügel, auf dem der Kreuzschaft steht, ist ausgeprägter. Die Is. liefert hier ein gutes Beispiel einer „spätromanischen Steinschrift“4) mit einer noch ausgesprochen linearen Gestaltung der Majuskelformen mit teilweise schon leichter Rundung der Geraden. E kommt schon unzial und geschlossen vor, aber auch noch mehrheitlich linear. Ein ähnliches Beispiel einer Grabplatte mit Kreuzdarstellung, aber schon mit gotisch-ornamentiertem Fuß, ist in der Fk. St. Anna in Saager bei Ebenthal die Grabplatte des Bernhard von Rottenstein (1300)5). Letztere Grabplatte ist bereits mit einer deutschen Is. versehen, neben kapitalen Majuskelformen finden sich schon unziales, geschlossenes E und auch unziales N.
Bei der Grabplatte des Uolbrecht von Liebenberg kann die Beschriftung mit dem Terminus „spätromanische oder frühgotische Majuskel“ versehen werden: Sie liegt zeitlich nach der auf der Grabplatte der Hallegger, aber noch vor der des Bernhard von Rottenstein: E kommt nur unzial und geschlossen vor, C ist noch offen, D, T, N, H und L sind noch streng linear gehalten, beim A ist die linke Haste bereits gerundet, der Balken ist schräg. Die Is. ist in deutscher Sprache gehalten.
All diese Kriterien lassen eine Datierung in die späte zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts als wahrscheinlich erscheinen. Nun sind im Jahre 1260 die Brüder „Uolbertus, Walchunus, Hainricus fratres de Liebenberch“6) in einer Urkunde als Zeugen angeführt. Es ist dies die einzige Nennung eines „Uolbertus de Liebenberch“ in den Urkunden. Es könnte sich dabei um unseren Uolbrecht (Wolbrecht) von Liebenberg handeln. Nach dem Nekrolog von St. Paul i. L. ist ein Volpert von Liemberg, ein „miles praeclarus“, an einem 17. Feber eines unbekannten Jahres verstorben, der dem Stift für das Seelenheil seines getöteten Bruders Walcher (Walchunus) Stiftungen getätigt hat7). Da wir von dem 1167 genannten „Wolfperto de Liebenberch“8) keinen Bruder namens Walchar kennen, erscheint es durchaus wahrscheinlich, in dem im Nekrolog als Volpert genannten Liebenberger unseren Uolbertus de Liebenberch zu sehen. Über seine Ehefrau Richen und seine allfällige Grablege in Friesach ist sonst nichts bekannt. Die Liebenberger (Liemberg) sind schon seit 1167 als „ministeriales Styrienses“ nachweisbar9), wurden später dann Ministeriale der Gurker Bischöfe mit ihrem Stammsitz Liemberg bei St. Veit/Glan10). Die bislang vorgegebene Datierung mit „bis spätestens 1350“11) ist sicher nicht zu halten.
Literatur
Friedrich Wilhelm Leitner
Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
65. Band, Wiener Reihe 2. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten - Teil 2
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan
Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Austrian Academy of Sciences Press
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Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten Politischer Bezirk St. Veit an der Glan Friesach, Dominikanerkloster • Scheibenkreuzgrabplatte • Marmor • Späte romanische Majuskel • Inschriften des Totengedenken •
Hallegg, Albrecht •
Hallegg, Heidenreich •
Liebenberg, Uolbrecht •
Rottenstein, Bernhard •
Ebenthal, Schloß •
Friesach, Dominikanerkloster •
Hallegg •
Liemberg, Schloß •
St. Veit a. d. Glan
Abbildungen
Abb. 20: Grabplatte Uolbrecht von Liebenberg (4.V. 13.Jh.), nach Lind, KA X 19, Taf. IX, Fig. 4.
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