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Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten

Politischer Bezirk St. Veit an der Glan

41 Friesach, Stpfk. hl. Bartholomäus (1333)

Grabplatte aus rotem Marmor des Gerold von Friesach, im Fußboden des Chores der ehemaligen Kollegiatkirche als Gruftdeckel eingefügt. Der ansonst schmucklose Stein trägt auf drei Seiten in einer einfachen Schriftleiste eine umlaufende Is. Die obere Schriftleiste fehlt zur Gänze, der Stein dürfte in seiner Länge „gekürzt“ worden sein. Die Grabplatte ist sehr stark abgetreten, es ist nicht mehr zu erkennen, ob ursprünglich eine „Ritzfigur“1) angebracht war, dies erscheint aber für diese frühe Zeit eher als unwahrscheinlich.

H. 200 cm, B. 120 cm, Bu. 6 cm. – Gotische Majuskel.


Textedition
			

– – – VIII ID]USa) · DECEMB(RIS) · OBIIT [·] D(OMI)N(V)S · GEROLDVSb) · EP(ISCOPV)S / ECC(LESI)E · GU͜RCENSIS · VICE/D(OMI)N(V)S · FRISACENSIS · FU͜NDATO͜R · HVIUSc) · CI[– – –

Anmerkungen
a) Zur Datumsangabe: Bei Herrmann steht Nonis Decembris, dies wäre der 5. Dezember. Die Textwiedergabe von Herrmann wird von Ankershofen besprochen und heftig kritisiert; die Grabinschriften seien „fehlerhaft copiert“. Nach Schroll (Necrologium Gurk 36) Todesdatum 6. Dezember (VIII. Id.). Bei Steindl findet sich die Angabe der Jz. mit MCCCXXXIII, die Tagesangabe ist ebenfalls fraglich: (No)nis Decemb(ris), wohl nach Herrmann. Bei Benedikt fehlerhafte Textwiedergabe: Anno dni 1333 ..... mensis decembris obiit dnus Geroldus episcopus eccliae Gurc. vicedominus Frisacensis.
b) Bei der U-Schreibung kommen V und häufiger als unziales U vor.
c) Bei CI[ .... kann der Schaft zu einem H gehören, es wäre dann zu ergänzen: C[HORI .....]. Bei Steindl irrtümlich: fundator huius ci(vitatis), fundator huius chori. Textergänzung nach Beckh-Widmanstetter: CI[MITERIUM]. Bei Herrmann: Civitatis. Vgl. dazu Ankershofen: „dagegen ist aber die Ergänzung des ci in Civitatis bestimmt unrichtig und ist wohl nur mit cimiterium zu ergänzen, denn der Grabstein bildet den Schlussstein der Gruft unter dem Presbyterium. Solche Willkürlichkeiten müssen strenge gerügt werden, weil sie den Forscher irreleiten. Von dem Todesjahr † 1333 ist keine Spur“.

– – –] Tag vor den Iden des Dezember starb Herr Gerold, Bischof der Kirche von Gurk und Vizedom von Friesach, Stifter dieses [– – –.


Kommentar

Der Gurker Bischof Gerold von Friesach regierte von 1326 bis 1333: am 4. April 1326 war er bereits zum Bischof gewählt2). Er ist nach J. Obersteiner3) in Friesach geboren, wird seit 1295 als erzbischöflicher Schreiber im salzburgischen Friesach genannt4), war seit spätestens 1301 Kanoniker am Stift5), und übte von 1300 bis 1331 das Amt eines Friesacher Vizedoms6) aus. 1324 studierte er an der Universität in Bologna7). Als Propst von St. Bartholomäus zu Friesach (1314–1326)8) wurde er zum Nachfolger von Bischof Heinrich III. von Helfenberg (vgl. Kat.-Nr. 38) bestellt. Bischof Gerold tritt uns als bedeutender Bauherr auf der Straßburg entgegen: Während seiner Regentschaft erhielt die bischöfliche Residenz eine bedeutende Erweiterung und damit jenen Grundriß, der sich in etwa bis heute erhalten hat9). In Straßburg stiftete er das Kollegiatkapitel St. Nikolaus mit einem Propst und sechs Chorherren10). Er ist am 6. Dezember 133311) in Friesach gestorben und fand in dem von ihm gestifteten Chor der Kollegiatkirche St. Bartholomäus seine Grablege.

1) Obersteiner, Bischöfe 140.
2) Schroll, Series episcoporum 19.
3) Obersteiner, Bischöfe 137 (Anm. 6).
4) MC VI Nr. 295. – Obersteiner, Bischöfe 137.
5) MC VII Nr. 85. – Jernej, Kollegiatstift 2001, 138.
6) MC VII Nr. 31. – MC IX Nr. 439. – Jernej, Kollegiatstift 2001, 138.
7) Knod, Studenten 138, Nr. 976. – Obersteiner, Bischöfe 137.
8) Obersteiner, Bischöfe 137. – Jernej, Kollegiatstift 2001, 138.
9) Vgl. dazu Quitt, Beiträge 80.
10) Schroll, Series episcoporum 19 (Anm. 106). – Obersteiner, Bischöfe 139. – Tropper P., Missionsgebiet 115.
11) Nach der ergänzten Grabinschrift und dem Nekrologium von Gurk – vgl. Schroll, Necrologium Gurk 36. – ist er am 6. Dezember gestorben, nach Schroll, Series episcoporum 19 (Anm. 107), am 9. Dezember; er zitierte hier das Nekrologium der St. Moritz-Kapelle in Straßburg und den „Elenchus Omnium Praepositorum Cathedralis Eccl(esi)ae Gurcensis“. – KA Klagenfurt, Spiritualarchiv, Lade 55: in octava S. Andreae, also der 8. Dezember. – Obersteiner, Bischöfe 140, folgt zwar dem Zitat von Schroll, Series episcoporum 19, gibt aber als Todesdatum den 7. Dezember an; ihm folgen jüngere Arbeiten, zuletzt auch Jernej, Kollegiatstift 2001, 139 (Anm. 731).
Literatur

KLA, Hs. GV 9/22, fol. 1v. – Her(r)mann H., Schau 30. – Benedikt, Mittheilungen 180. – Hohenauer, Kirchengeschichte 87f. – Herrmann H., Friesach in Kärnthen XXV. – Ankershofen, Literarische Anzeigen 280. – Weiß A., Kärnthens Adel 63. – Lind, Reisenotizen 1880, LXXIV. – Beckh-Widmanstetter L., Grabsteine Friesach 1882, 93f. – Hauser Hu., Profan- und Kirchengeschichte 19.– Kunsttopographie Kärnten 48. – Hauser Hu., Illustrierter Führer 39. – Zedrosser, Friesach 1926, 62. – Neckheim, Grabmalplastik 1940, 8. – Neckheim, Grabmalplastik 1941, 9. – Zedrosser, Friesach 1953, 118. – Steindl, Lateinische Inschriften Kärnten 169. – Dehio Kärnten 2001, 164.



Friedrich Wilhelm Leitner

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan, ges. u. bearb. v. Friedrich Wilhelm Leitner
(Die Deutschen Inschriften 65. Band, Wiener Reihe 2. Band, Teil 2) Wien 2008, Kat. Nr. 41,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/kaernten-2/teil1/kaernten-2-obj41.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
65. Band, Wiener Reihe 2. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten - Teil 2
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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Abbildungen

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Abb. 32: Grabplatte
Gerold von Friesach (1333)
©  Landesmuseum Kärnten (Friedrich W. Leitner)