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Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten

Politischer Bezirk St. Veit an der Glan

45 Gurk, Pfk. u. ehem. Domkirche
Mariae Himmelfahrt
um 1340

Wandmalerei in der Vorhalle, einem annähernd quadratischen, tonnengewölbten Raum; die Darstellung der Bildszenen aus dem AT (Schöpfungsgeschichte, Bild 1–19) beginnt auf der Westwand (3 Bildstreifen) und setzt sich auf der Nordwand in vier Bildstreifen mit 16 Bildern fort. Auf der Südseite werden Szenen aus dem NT (Verkündigung bis Transfiguration, Bild 20–45) gezeigt, wiederum vier Bildreihen mit 23 Bildern, die auf der Westwand jeweils in drei Bildstreifen mit drei Bildern fortgesetzt werden. Bei einigen der Bildfelder finden sich Iss., weiße Schriftbänder mit schwarzer Beschriftung: Bild 5: Unterredung Gottvaters mit Kain nach dem Brudermord (Ia,b); Bild 6: Turmbau zu Babel (Ic); Bild 8: Jakobs Segen (Id,e); Bild 9: Zerstörung der Krone des Pharao durch den Knaben Moses und Szene des Osterlamm-Mahles (If,g); Bild 10: Aarons Priesterschaft und das Bild der ehernen Schlange (Ih,i); Bild 11: die weissagende Eselin des Bileam und Gideons Rückkehr aus der Madianiterschlacht (Ij–l); Bild 12: Samson erschlägt die Philister und Spiel Davids vor dem König Saul (Im,n); Bild 13: Huldigung der Königin von Saba vor Salomo und die Zertrümmerung der Götzenbilder durch die Könige Ezechias und Josias (Io–t); Bild 14: Job wird von seinen drei Freunden besucht und Tobias mit dem Erzengel Raphael (Iu–z); Bild 16: Reste der Gastmahlsszene der Königin Esther (Iaa,bb); Bild 17: der Einzug Judiths in Bethulia und der Segen des Mathathias über seine Söhne, die Makkabäer (Icc,dd); Bild 18: die Himmelfahrt des Elias und die Verspottung des Eliasaeus (Iee,ff); Bild 20: Verkündigung Mariens (IIa,b); Bild 21: Geburt Christi (IIc); Bild 27: Teufelsaustreibung durch Jesus (IId,e); Bild 28: Erweckung des Lazarus (IIf ); Bild 33: Verklärung Christi (IIg,h); Bild 34: Christus am Ölberg und Christus bei den schlafenden Aposteln (IIi,j); Bild 36: Verhör vor Pilatus und Verspottung Christi (IIk); Bild 42: Szenen der Auferstehung, die Frauen am Grabe (IIl). Im Jahre 1941 wurden die Wandgemälde gereinigt1).

Gotische Minuskel mit Majuskelversal(ien).

Ergänzungen nach Ginhard/Grimschitz, Gurk 97f., Abb. 103–105.


Textedition
			

I. AT Ia. (Bild 5) vbi e(st) ab[el] Ib. (Bild 5) nescio d(omi)ne Ic. (Bild 6) Venite confundam(us) lingua(m) eor(um) Id. (Bild 8) Audite filii Isr(ael) p(at)rem u[est(rum)] Ie. (Bild 8) Jacob · If. (Bild 9) [Imperii diadema pede conterit] ist[e] Ig. (Bild 9) thau Ih. (Bild 10) Virga a͜ aron floruit alius p[er]m[anet] arid(us) Ii. (Bild 10) p(er)cuss(us) a s(er)pen[te complecta]t(ur) serp(e)nte(m) eneu(m) Ij. (Bild 11) Cur me [percutis ....] Ik. (Bild 11) Quia illu[si]sti me Il. (Bild 11) Ge[deon] ven(ien)s de prelio Im. (Bild 12) Samson mil[le viros necavit] man[dibula asini] In. (Bild 12) [Saul tenens ha]stam transfuge(re) vult zytharistam Io. (Bild 13) S[allomon] R[ex .......] Ip. (Bild 13) Fiat t(antu)m pax i(n) dieb(us) [meis] Iq. (Bild 13) Ezech[ia]s rex · Ir. (Bild 13) ... [ istic altaria scindit] Is. (Bild 13) Josyas re[x] It. (Bild 13) Facite phase d(omi)no d͜eo Iu. (Bild 14) Si bona suscepim(us) [d]e manu [dei] Iv. (Bild 14) Venit plaga super [te et defecisti] Iw. (Bild 14) Vs[que ad quem] fine(m) u(er)ba ia(c)ta(bitis) Ix. (Bild 14) [Audi igitur eloquia mea] et omnes · Iy. (Bild 14) [d]iabolo lesus Iz. (Bild 14) Scis q(uonia)m pater tuus m[ultos numerat dies] Iaa. (Bild 16) [...hester] Ibb. (Bild 16) [...populum meum pro quo obsecro] Icc. (Bild 17) Lauda[te] d(omi)n(u)m d͜eum nostrum Idd. (Bild 17) O filii mei emulatores estote legis · (et) da[te ... Iee. (Bild 18) Helyseu(s) v[ocem ne....... Iff. (Bild 18) Ascende calve II. NT IIa. (Bild 20) Aue maria gracia plena · IIb. (Bild 20) Ecce ancilla d(omi)ni fiat m(ihi) · IIc. (Bild 21) annu(n)c(i)o uobis gaudiu(m) · IId. (Bild 27) Exi immu(n)d͜e spiritus IIe. (Bild 27) libera me d͜omine a sp(irit)u IIf. (Bild 28) Lazare ueni foras IIg. (Bild 33) Hic [est] filius m(eus) dilectus IIh. (Bild 33) D(omi)ne faciam(us) hic tria / tab(er)nac(u)la tibi vnu(m) · mo(ysi) · IIi. (Bild 34) [Pater transfe]r a me calicem istum IIj. (Bild 34) No(n) p͜otuistis una hora [v(igilare)] IIk. (Bild 36) [A]ue rex iud͜eor(um) IIl. (Bild 42) Non est hic quem queritis

Anmerkungen

Wo ist Abel? (Ia).
Ich weiß es nicht, Herr (Ib).
Auf, wir wollen ihre Sprache verwirren (Ic).
Hört, ihr Söhne Israel, euren Vater (Id).
Die Krone der Herrschaft zertritt er mit seinem Fuß (If).
Der Stab Aarons blühte, der andere blieb trocken (Ih).
Wenn er von der Schlange gebissen wurde, fasste er die eherne Schlange an (Ii).
Warum schlägst du mich? (Ij).
Warum hast Du mich verlacht? (Ik).
Gideon, der vom Kanpf kam [. . . (Il).
Samson tötete tausend Männer mit dem Eselskinnbacken (Im).
Saul hält seinen Speer fest und will den Zitherspieler in die Flucht jagen (In).
König Salomon (Io).
Nur Friede soll herrschen, solange ich lebe (Ip).
König Hiskija (Iq).
[...] lässt die Altäre zerbersten (Ir).
König Joschija (Is).
Feiert das Paschafest für Gott, euren Herrn (It).
Wenn wir das Gute von Gott angenommen haben [. . .] (Iu).
Ein Schlag kam über dich und du wurdest schwach (Iv).
Bis zu welchem Ende werdet ihr reden? (Iw).
Höre also auf meine Rede und alle [. . .] (Ix).
[...] der Teufel [...] (Iy).
Du weißt, dass dein Vater viele Tage zählt (Iz).
. . .] mein Volk, für das ich bete (Ibb).
Lobt den Herrn, unseren Gott (Icc).
O, meine Söhne, seid eifrig für das Gesetz und gebt [. . .] (Idd).
Steig herauf, Kahlkopf! (Iff ).
Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade (IIa).
Siehe, ich bin die Magd des Herrn, mir geschehe [. . .] (IIb).
Ich verkünde euch [große] Freude (IIc).
Entweiche, unreiner Geist (IId).
Befreie mich, Herr, von diesem Geist (IIe).
Lazarus, komm heraus (IIf).v
Dies ist mein geliebter Sohn (IIg).
Herr, lass uns drei Zelte machen, eines für dich, eines für Mose [. . .] (IIh).
Vater, nimm diesen Kelch von mir (IIi).
Konntet ihr nicht eine Stunde [mit mir] wachen (IIj).
Er ist nicht hier, den ihr sucht (IIl).

Gn 4,9 (Ia); Gn 4,10 (Ib); Gn 11,7 (Ic); Gn 48,2 (Id); nach Nm 17,8 (Ih); nach Nm 21,8f. (Ii); Nm 22, 28 (Ij); Nm 22, 28 (Ik); nach Idc 15,15 (Im); Is 39,8 (Ip); IV Rg 23,21 (It); Iob 2,10 (Iu); Iob 4,5 (Iv); Iob 18,2 (Iw); Iob 33,1 (Ix); nach Tb 11,2 (Iz); Est 7,3 (Ibb); Idt 13,17 (Icc); I Mcc 2,50 (Idd); IV Rg 2,23 (Iff ); Ave Maria (IIa); Lc 1,38 (IIb); nach Lc 2,10 (IIc); Mc 5,8 (IId); Jo 11,43 (IIf ); Mt 17,5 (IIg); Mt 17,4 (IIh); Lc 22,42 (IIi); Mc 14,37 (IIj); Mt 27,29 (IIk); Lc 24,5f. (IIl).
(Leoninische) Hexameter (I/9, 10 und 12, teils metrisch defekt).


Kommentar

Die Darstellung geht über die Biblia pauperum hinaus und bringt inhaltlich die biblische Schöpfungsgeschichte in der Tradition des mittelalterlichen Speculum humanae salvationis. Die Schließung der Gurker Vorhalle nach Westen mit dem Ausbau einer Dreifaltigkeitskapelle2) erfolgte im 2. Viertel des 14. Jahrhunderts. B. Grimschitz hat dafür historische Eckdaten geliefert3): Die bauliche Veränderung der Westwand erfolgte nicht vor 13394), 13435) war die Vorhalle bereits geschlossen. In diese Zeit fällt demnach auch die Ausmalung der Vorhalle, womit eine Datierung mit „um 1340“ gerechtfertigt erscheint. A. Schnerich hat sich erstmals auch inschriftenpaläographisch an den Iss. versucht: „Die Inschriften möchten beim ersten Anblick fast für spätere Zeit sprechen. Wir finden bereits durchwegs die Minuskel angewendet, und zwar mit ziemlich stark gebrochenen Schäften. .... Die großen Buchstaben zu Anfang eines Satzes sind noch sehr unregelmäßig gebildet, die I-Striche kommen nur zur Unterscheidung mehrerer gleichartiger Schäfte vor, U-Striche und I-Punkte fehlen noch gänzlich; wir werden sie am Fastentuche (Anm., vgl. Kat.- Nr. 133) finden“6).

1) Frodl, Gotische Wandmalerei 65f., Abb. 3f., Farbtaf. I–II.
2) Löw, Domführer 120.
3) Grimschitz, Entstehungszeit Vorhalle 154f. – Vgl. auch Obersteiner, Zusammensetzung Nachträge 1966, 599f.
4) Vgl. Ginhart/Grimschitz, Gurk 102 (Anm. 17). – Gurker Kapitelarchiv, Urk. v. 1339 I 18.
5) Vgl. Ginhart/Grimschitz, Gurk 102 (Anm. 17). – Gurker Kapitelarchiv, Urk. v. 1343 III 17: Hainricus .... prepositus et archidiaconus, Mathias decanus totumque capitulum Gurcensis ecclesie conferunt confratri Germano capellam sancte Trinitatis infra turres sitam quae paradysus dicitur .... et graciam infrascriptam pro tempore vitae sue, quam capellam praedictus praepositus dotavit.
6) Schnerich, Gemälde-Cyklen 1994, 68f.
Literatur

Ankershofen, Wandgemälde 294–298. – Schellander, Wandgemälde 1857, 289–294. – Schnerich, Gemälde-Cyklen 1893 (MCK), 35–40, 89–94, 143–150, 211–218 u. 1894 (MCK) 8–16. – Ders., Gemälde-Cyklen 1894, 5–71. – Hann, Kunstgeschichtlicher Führer 11f. – Ders., Gurker Dom 20. – Grimschitz, Gemäldefolgen 11f. – Schnerich, Dom zu Gurk 59f. – Ginhart/Grimschitz, Gurk 95f., Abb. 103–105. – Löw, Domführer 17f. – Frodl, Denkmal- und Museumspflege 295. – Ders., Gotische Wandmalerei 65f., Abb. 3f., Farbtafel I–II. – Hartwagner, Dom zu Gurk 35–37 (Bilderläuterungen). – Steindl, Lateinische Inschriften Kärnten, 163f. – Sörries, Fastentücher 53f. – Bacher, Glasmalerei, Wandmalerei und Architektur 18f., Abb. 10f., 15f. – Dehio Kärnten 2001, 257.



Friedrich Wilhelm Leitner

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan, ges. u. bearb. v. Friedrich Wilhelm Leitner
(Die Deutschen Inschriften 65. Band, Wiener Reihe 2. Band, Teil 2) Wien 2008, Kat. Nr. 45,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/kaernten-2/teil1/kaernten-2-obj45.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
65. Band, Wiener Reihe 2. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten - Teil 2
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten  Politischer Bezirk St. Veit an der Glan  Gurk, Pfk. u. ehem. Domkirche Mariae Himmelfahrt    •  Wandmalerei  •  Gotische Minuskel mit Majuskelversal  •  Gurk, Domkirche

Abbildungen

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Abb. 43: Wandmalereien (um 1340)
©  Landesmuseum Kärnten (Friedrich W. Leitner)

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Abb. 43a: Detail
©  Österreichische Akademie der Wissenschaften, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Renate Kohn)