Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten
Politischer Bezirk St. Veit an der Glan
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Lieding (Straßburg), Pfk. hl. Margaretha |
5. Jz. 14.Jh. |
Glasmalerei in den beiden Maßwerkfenstern der nördlichen und südlichen Chorschräge, wo jeweils in acht Reihen sechzehn Scheiben eingefügt sind, von denen allerdings nicht mehr alle original erhalten sind; sowie im Fenster des Chorabschlusses. In den Fenstern der nördlichen Schräge (I) sind die ersten vier Malereien der Katharinalegende gewidmet ( I/1: Räderung, I/2: Katharina vor Maximian und dem Götzen, I/3: Tod der hl. Katharina, I/4: Enthauptung Katharinas), jeweils mit der Namens-Is. bezeichnet. Es folgen die Hll. Georg, Achatz und Wilhelm (I/5), dann der Gnadenthron mit dem hl. Bernhard (I/6), die beiden folgenden Scheiben sind unbeschriftete neue Architekturscheiben, es folgen darauf die Hll. Bartholomäus (I/9), Maria Magdalena (I/10), Thomas (I/11), Philipp (I/12), Johannes (I/13), Jakob (I/14), Paulus (I/15) und Petrus (I/16), alle mit Namens-Iss. bezeichnet. Auch die Fensterscheiben in der südlichen Chorschräge sind in sechzehn einzelne Bildfelder unterteilt: Die erste Scheibe stellt den Stifter mit seinem W. vor (II/1), es folgen fünf Szenen aus dem Martyrium der hl. Margaretha (II/2–6), dann auch hier zwei neue Architekturscheiben; die folgenden Scheiben zeigen wieder Einzeldarstellungen von Heiligen, wie die hl. Agnes (II/9), Lucia (II/10), Ursula (II/11), die beiden folgenden Scheiben stellen die hl. Katharina und die hl. Kunigunde (?) dar, aber ohne Namens-Iss., den Abschluss bilden die hl. Helena (II/14) und zwei unbeschriftete Scheiben (Verkündigungsengel und Maria). Am Fenster des Chorschlusses haben sich vier Scheiben erhalten, davon sind drei beschriftet (III/1–4).
Gotische Majuskel.
Textedition
I. Fenster in der nördlichen Schräge
I/1.
· S · KAT//HERINA ·
I/2.
· S · KATHERINA ·
I/3.
· S · KATHERINA ·
I/4.
[· S · KATHER]IN[A ·]
I/5.
· S · GE/OR(G)IVSa) · S · ACHACIVS · · S · WILHAL/MVSb) ·
I/6.
S · BERNHARDVS ·
I/9.
· S · BARTHOLOMEVS ·
I/10.
S · MARIA MAGDALENA ·
I/11.
· S · THOMAS ·
I/12.
· S · PHILIPPVS ·
I/13.
· S · IOHANNES
I/14.
· S · IACOBVS ·
I/15.
· S · PAVLVS ·
I/16.
· S · PETRVS ·
II. Fenster in der südlichen Schräge
II/1.
· ORTOLFVS · RABENSPERGER ·
II/2.
· S · MARGARETA ·
II/3.
· S · KATHERINAc) ·
II/4.
· S · MARGARETA ·
II/5.
· S [MARG]A[R]ET[A ·]
II/9.
· S · AGNES ·
II/10.
· S · LVCIA ·
II/11.
· S · VRSVLA ·
II/14.
· S · HELENA ·
III. Fenster des Chorabschlusses
III/2.
· S · MAT[HEVS]
III/3.
[S·] LVCAS ·
III/4.
[S·M]ARCVS ·
Anmerkungen
Kommentar
Die Glasmalereien wurden erstmals 1866 beschrieben2), waren damals aber noch nicht im heutigen Sinne vollständig, da mehrere Scheiben erst 1887 in dem vermauerten zweiten Fenster auf der Südseite wieder aufgefunden wurden3), nachdem sie irgendwann zuvor dort „verborgen“ worden waren. Nach der folgenden Restaurierung 1887 in einer Innsbrucker Glasrestaurierwerkstätte sind vier Scheiben nicht mehr nach Lieding zurückgekommen: Eine soll sich um 1928 auf der Burg Kreuzenstein in Niederösterreich befunden haben4), zwei Scheiben mit den Einzelfiguren weiblicher Heiliger sind heute im Österreichischen Museum für angewandte Kunst in Wien5). Ursprünglich waren wohl alle vier Fenster des Chores mit bemalten Glasfenstern ausgestattet, nach der Restaurierung 1887 wurden die noch vorhandenen Gemälde mit insgesamt 28 figuralen Scheiben und sechs Maßwerkteilen neu zusammengestellt. Als Stifter der Glasgemälde ist heute im Fenster der südlichen Schräge ein Ortolf Rabensberger mit seiner Namens-Is. und seinem W. ausgewiesen.
Rabensberger war nicht Geistlicher, wie Hann6) angenommen hat, sondern stand offensichtlich in ständiger Auseinandersetzung mit dem Gurker Bischof Konrad II. (1337–1344), denn 1343 beurkundet er die Beilegung seines Streites mit dem Bischof um das Amt eines Truchsessen der Gurker Kirche – obwohl ihm dieses Amt von rechts wegen nicht zustand, hat er es doch 1343 von Pilgrim von Grades erhalten – und um das Recht der Nachfolge um das „Burggesäß“ (Burghut) nach dem Tod seines Vaters7). Die Streitigkeiten waren 1344 aber noch nicht zu Ende, da er sich unter Bürgschaft verpflichtete, sich dem Bischof als Gefangener zu stellen8). Möglicherweise hängt seine Stiftung in Lieding auch mit diesem Streit zusammen. Sein Vater, Heinrich von Rabensberg, war Burggraf von Straßburg, ist in dieser Funktion ab 1297 genannt und hat 1343/44 noch gelebt, da er gemeinsam mit seinem Sohn Ortolf als Siegler auftritt9). Die Rabensberger (von Rabensberg) waren Gurker Vasallen und sind seit 1189 im Gurktal nachweisbar10). Die Glasmalereien werden der ersten Judenburger Schule zugeordnet11) und sind in gotischer Majuskelschrift bezeichnet. Das stark unziale Formengefüge der Schrift ist hier eigentlich durch das Fehlen der typischen Zierelemente bestimmt, wie sie ansonsten in dieser Zeit vor allem bei gemalten Inschriften häufig vorkommen. Hier sind noch einfachere Formen gebräuchlich, wohl aber versehen mit Haarstrichen neben Schattenstrichen, besonders ausgeprägten Fuß-, Kopf- und Schlussstrichen, mit starken tropfenförmigen Schaft- und Bogenschwellungen, wie auch aufgesetzten Schwellungen etwa bei A und T. W. Koch12) hat insbesondere das A hervorgehoben, weil es deutliche Merkmale der Judenburger Malschule repräsentiert
Literatur
Friedrich Wilhelm Leitner
Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
65. Band, Wiener Reihe 2. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten - Teil 2
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan
Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Austrian Academy of Sciences Press
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