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Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten

Politischer Bezirk St. Veit an der Glan

87 Zweinitz (Weitensfeld-Flattnitz),
Pfk. hl. Egydius
1421

Wandmalerei an der Südwand des Langhauses mit der thronenden Muttergottes mit Kind, begleitet von vier Heiligen (v.l.n.r.); der hl. Leonhard, die hl. Hemma von Gurk, die hl. Kunigunde und der hl. Georg. Zu Füßen der Madonna kniet die Stifterfamilie: rechts ist ein jugendlicher, gerüsteter Mann zu sehen, mit Schwert, den Helm mit Helmzier auf der Schulter, zu seinen Füßen eine schräggestellter W.-Schild; hinter ihm kniet seine Frau, die ebenfalls durch ein W. bezeichnet ist. Zwischen dem Stifterpaar ihre drei Kinder eingeschoben. Links von der Madonna ist ein geistlicher Stifter gemalt, zu seinen Füßen ebenfalls ein W.-Schild; es folgte eine Dreiergruppe, ein Mann und seine beiden Ehefrauen (eine bereits verstorbene Frau mit Witwenschleier), alle durch W. bezeichnet. Zwischen dem geistlichen Stifter und der verstorbenen Ehefrau sind weitere Familienmitglieder (fünf Personen) dargestellt, vermutlich Kinder des älteren Mannes der linken Szene. Rechts vom Gemälde ist unter dem Fenster eine einfach gerahmte Schrifttafel mit einer sechszeiligen Is. zu sehen, die mit der Stiftung dieser Malerei in Zusammenhang gebracht wird. Die Malerei wurde 1942 aufgedeckt, von der Tünche befreit und restauriert1).

H. 290 cm, B. 348 cm. – Maße der Schrifttafel: H. 29 cm, B. 36 cm, Bu. 3,6 cm. – Gotische Minuskel.


Textedition
			

anno d(omi)ni mo cccco xxio / [wilh]elm [...] vo(n) pregrad / [– – –]e/ […] an[– – –]echt zw / [….] frawn aller an[.. / – – –]

Wappen (v.l.n.r.): Pregrad (von Wald)2), Steuerberg3), Strasser4), Pregrad (von Wald), unbekannt5), Pregrad (von Wald).


Kommentar

Für die Zeitstellung der Freskomalerei sind die W. bei den einzelnen Stifterpersonen von Bedeutung, da man nicht schlüssig annehmen kann, dass die beigefügte Schrifttafel mit der Datierung „1421“ auch tatsächlich dazugehört. Wenn wir die Dreipersonengruppe links betrachten, stellt sich ein (möglicherweise ebenfalls bereits verstorbener!) Mann vor, der dem W. nach ein „von Wald“, „von Pregrad“ bzw. „Hoffmann von Wald zu Pregrad“ war. Seine erste, bereits verstorbene Frau war eine geborene „von Steuerberg“: Nun war der von 1359 bis 1389 nachweisbare Gottfried Hoffmann von Pregrad mit Katherina von Steuerberg verheiratet6). Die zweite Frau war eine geborene Strasser. Nun bestand zwischen den Strasser und den „von Pregrad“ eine nachweisbare Verwandtschaft, die G. A. v. Metnitz7) im Zusammenhang mit einem Quittbrief des Otto Mordax und dessen Frau Barbara Strasser über die Verlassenschaft des Wilhelm von Pregrad aus dem Jahre 1410 hergestellt hat. Nur war sichtlich nicht Konrad Strasser oder dessen Sohn Ulrich mit einer von Pregrad verheiratet, sondern viel wahrscheinlicher war eine Tochter des Konrad und damit Schwester der Barbara und des Ulrich Strasser die zweite Ehefrau des Gottfried von Pregrad (diese beiden W. Pregrad und Strasser kommen in der Pfk. noch ein zweites Mal, und zwar in der Laibung des südseitigen Fensters vor; vgl. zur Familie Pregrad-Wald auch die Kat.-Nrr. 52 u. 225). Der der Mutter oder Stiefmutter vorangestellte Geistliche aber war jener Gurker Dechant Wilhelm von Pregrad8), ein Sohn des Gottfried von Pregrad, der vor dem 10. Dezember 1424 gestorben ist, also 1421 noch am Leben war. Bekannt sind noch zwei weitere Söhne, nämlich Konrad und Sigmund. Einer der beiden, möglicherweise der 1412/30 mit Gurker Lehen ausgestattete Sigmund von Pregrad9), dessen Frau wir leider nicht kennen (solange das W. nicht zugeordnet werden kann), wird der jüngere Stifter auf der rechten Seite sein. Als eigentlichen Stifter wird man aber den Gurker Domdechant Wilhelm von Pregrad annehmen dürfen, der auch sonst die Kirche in Zweinitz besonders mit Gütern ausgestattet hat. In diesem Fall wird auch die Schrifttafel zeitgleich mit der Stiftung und Ausmalung der Kirche mit dem Madonnafresko zu sehen sein. Auch das Wandgemälde auf der gegenüberliegenden Nordwand mit der Darstellung der Epiphanie stammt aus derselben Zeit und trägt die W. Pregrad von Wald und Strasser.

1) Frodl, Gotische Wandmalerei 80.
2) Der erhabene Wappenschild zeigt ein linksaufsteigendes Rind, die Helmzier besteht aus einem geschlossenen und gekrönten Kübelhelm mit Helmdecken, aus der Krone wächst ein oberhalb Rind. Bei der Grabplatte von 1352 in Gurk ist das Rind rechtsgerichtet. Das Wappenbild mit dem Rind kommt erstmals auf einem Siegel einer Urkunde aus dem Jahre 1364 vor: Auch hier ist das Rind freistehend nach rechts gerichtet, wie auf der Grabplatte des Jakob von Wald. – Vgl. auch Obersteiner, Gurker Bistumsgeschichte 1956, 189 (Anm. 15): Urkunde ddo 1364 VIII 2 im Archiv des Gurker Domkapitels Lade 5 Fasz. 4 Nr. 4, u. 210f. – Das von A. Weiß (Kärnthens Adel 197) als ältestes Siegel des Gottfried von Pregrad genannte Beispiel aus 1368 war nicht auffindbar. – Vgl. dazu auch Kat.-Nrr. 57, 218. – Frodl (Gotische Wandmalerei 80) hat sich beim W. der „von Wald“ (Pregrad) geirrt und schreibt „Harnasch“.
3) Weiß A., Kärnthens Adel 139, 248f. – Kraßler, Wappenschlüssel 167. – Das W. kam später an die Khünburg.
4) Si Sa 63, Taf. 25, 26. – KLA, WB A fol. 91, WB C161b. – Weiß A., Kärnthens Adel 249. – Wutte, Wappen 137. – Kraßler, Wappenschlüssel 33. – Neumann, Wappenbuch C 186. – DI 21 (Spittal an der Drau, Hermagor) Kat.-Nr. 282.
5) In Silber ein schwarzer Sparren, belegt mit drei goldenen Kugeln.
6) Tropper C., Stifter 292 (Anm. 27). Hier auch weiterführende Lit. und Archivzitate.
7) Metnitz, Geadelte Bürger 1964, 113.
8) Lebmacher, Gurker Lehensleute 178. – Obersteiner, Gurker Bistumsgeschichte 1960, 274. – Ders., Zusammensetzung Nachträge 1966, 613f. – Er wurde am 28. XI. 1398 zum Domdekan ernannt. – Vgl. dazu auch Schroll, Necrologium Gurk 22, 28.
9) Obersteiner, Zusammensetzung Nachträge 1966, 613f. – Tropper C., Stifter 294f.
Literatur

Ginhart, Kunstdenkmäler Gurk und Friesach 65. – Frodl, Denkmal- und Museumspflege 328f. – Ders., Gotische Wandmalerei 80. – Hemma von Gurk Kat.-Nr. 10.15. – Tropper C., Stifter 285f. – Dehio Kärnten 2001, 1105.



Friedrich Wilhelm Leitner

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan, ges. u. bearb. v. Friedrich Wilhelm Leitner
(Die Deutschen Inschriften 65. Band, Wiener Reihe 2. Band, Teil 2) Wien 2008, Kat. Nr. 87,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/kaernten-2/teil1/kaernten-2-obj87.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
65. Band, Wiener Reihe 2. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten - Teil 2
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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Abbildungen

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Abb. 67: Wandmalerei (1421)
©  Landesmuseum Kärnten (Friedrich W. Leitner)