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Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten

Politischer Bezirk St. Veit an der Glan

264 Gurk, Pfk. u. ehem. Domkirche Mariae Himmelfahrt 1518

Wappengrabplatte des Wilhelm Welzer von Eberstein, innen an der Nordwand des linken Seitenschiffes. Die Grabplatte war bis um 1929 im Fußboden eingelassen und ist daher stellenweise stärker abgetreten, die auf der breiten Rahmenleiste zweizeilig umlaufende Is. ist aber durchaus gut zu lesen. Im Bildfeld ist die Sockelzone mit zwei Relief-W. belegt. Die beiden W.-Schilde werden gleichsam als Helmzier von einer Mitra mit attributhaft eingestelltem Pedum überhöht und in der Mitte des Steines mit einem dem Gesprenge spätgotischer Flügelaltäre nachempfundenen Astwerkbaldachin geschmückt, geht hier in eine Fiale über, die oben mit einem Kreuz bekrönt ist. Oben wird das Bildfeld von einer Bogenarchitektur abgeschlossen.

H. 224 cm, B. 98,5 cm, Bu. 5,5 (8) cm. – Gotische Minuskel mit Versalien.


Textedition
			

Venerabilis · in · cr(ist)oa) · p(ate)r · domin(us) ·/ Wilhelmus · Welczer · d͜e · Eb͜erstai(n) · p(re)p(osi)tusb) · et · arch(idiaconus) · Huius · kathedralis · eccl(es)ie · Gurcen(sis) · Hoc ·/ ruin[o]sum · c[eno]bium · t(em)p(or)ib(us) · gwe/raru(m) · vndiq(ue) · reedificauit · Mvro · cinxit · P(ro)pugnaculisb) · munivit · Dilapsaq(ue) · erexit ·// Necnon · ecc/l(es)ia(m) · cum · locis · an/nexis · t[es]ti[tu]d[ini]b[us · alijsq(ue) · cerem]oniis · uti · f(a)cta · d͜ocent · fulciuit ·/ pontificalia · p(ro) · p(re)p(osi)tisb) / [Cu]m · [no(n)n]ullis · [i]nsignib(us) / priuilegys · iux(ta) · l(itte)ras · ap(osto)licas · impetrauit · ta(n)de(m) · qui · O(biit) · i(n) · di[e] · An(n)u(n)c(ia)tio(n)is · in · 1 · 5 · 1 · 8 ·

Anmerkungen
a) Bestand: xpo.
b) Nexus litterarum pp.

Der in Christus hochwürdige Pater, Herr Wilhelm Welzer von Eberstein, Propst und Erzdiakon dieser Kathedrale des Bistums Gurk, hat dieses baufällige Kloster zur Kriegszeit rundum wieder aufgebaut, mit einer Mauer umgeben, mit Bollwerken befestigt, Verfallenes aufgerichtet und die Kirche mit anstoßenden Baulichkeiten und Gewölben und anderen Zeremonien versehen, wie das Ergebnis zeigt. Die Pontifikalien hat er für die Pröpste nebst anderen Privilegien nach Ausweis der päpstlichen Urkunden erwirkt. Schließlich starb er am Tag der Verkündigung 1518.


Datum: 1518 März 25.

Wappen: Welzer1), Eberstein2).


Kommentar

Wilhelm Welzer von Eberstein war von 1487 bis zu seinem Tode am 25. März 15183) Gurker Dompropst. Schon 1470 wird er als Dechant von Gurk („Techant des tuembs zu Gurkch“4)). genannt und verblieb in dieser Funktion bis 1487. Nach dem Tode von Bischof Lorenz Freiberger (vgl. Kat.-Nr. 170), der zugleich auch das Amt eines Dompropstes ausgeübt hatte, erfolgte am 16. April 1487 seine Wahl zum Gurker Dompropst. Er hat eine reiche Bautätigkeit entfaltet5): 1490 hat er den 1468 begonnenen Propsthof (vgl. Kat.-Nr. 173) fertiggestellt, die Dreifaltigkeitskapelle geht auf ihn zurück; um 1500 erfolgte die Einwölbung des Chorhauptschiffes, er hat das Kapitelgebäude teilweise restauriert, der Kreuzgang wurde eingewölbt, für den Kreuzgang wurden vermutlich noch im ersten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts die Hemma-Tafeln in Auftrag gegeben. Unter Propst Wilhelm Welzer erhielt das Gurker Domkapitel mit päpstlichem Indult vom 24. April 14986) die Ausstattung mit den den Lateranischen Chorherren zustehenden Vorrechten für die Kanoniker, weiters die Gurker Dompröpste durch das Indult vom 22. Juni 14987) das Privilegium, sich bei Abwesenheit des Bischofs der Pontifikalien bedienen zu dürfen und die Benediktion zu erteilen. Von 1483 bis 1487 war er Dekan in Gurk und kaiserlicher Kaplan8). Wilhelm Welzer von Eberstein entstammte einer sehr angesehenen Kärntner Adelsfamilie9): Der Vater Moritz II. Welzer war in zweiter Ehe mit Elisabeth von Herberstein verheiratet und diese war wiederum die Tochter des Günther von Herberstein und der Anna von Eberstein10); aus dieser Verwandtschaft rührt der Name „Eberstein“ her. Von den vier Brüdern des Dompropstes war Heinrich (III.) der begabteste und gebildetste11), höchste politische Ämter erreichte der jüngste Bruder Veit I. Welzer (vgl. Kat.-Nr. 362); er war von 1494/1495 bis 1520 Landesverweser der Hauptmannschaft in Kärnten, von 1520 bis zumindest 1537 war er dann Landeshauptmann in Kärnten12).

1) KLA, WB A fol. 5, 28, 38, 39, 84, 170, 171, WB B fol. 1, 2, 18, 24, 59, 61, 79, 93, 132,134, WB C fol. 205a. – Si 1/34. – Si1/45. – NÖ/2 531. – OÖ 631. – Weiß A., Kärnthens Adel 63. – Wutte, Wappen 124f., 139, 141, 145f. – Neumann, Wappenbuch C 201. – W.: eine silberne Schräglinksspitze, Helm mit Helmdecken, als Helmzier ein geschl. Flug.
2) Die Herren von Eberstein sind mit Eustach von Eberstein vor 1458 ausgestorben, ihr Wappen kam dann an die Welzer von Eberstein. – Vgl. KLA, Urk. C 2813 (1458 IV 22): Wappenverleihung an die Welzer mit Beschreibung des Wappens. – Vgl. MC XI Nr. 317 (Wiener Neustadt, 1458 IV 22). – Stumberger, Welzer 77 (Anm. 289).
3) Schroll, Dompröpste 16: „Post obitum dni Welzer de Eberstein, prepos. et archidiac. Gurc., qui 25. Martii hora sexta matutina 1518 obiit, ...“. – Vgl. auch Leitner F., Frühneuzeitliche Inschriftenbelege 71f.
4) Stumberger, Welzer 104.
5) Ginhart/Grimschitz, Gurk 117. – Obersteiner, Gurker Bistumsgeschichte 1955, 563.
6) Hermann H., Historische Skizze Dompröpste 74. – Vgl. auch Schroll, Dompröpste 16. – Löw, Domführer 123.
7) Ebenda. – Vgl. auch Obersteiner, Bischöfe 266. – Über das Verhältnis des Dompropstes zum Gurker Bischof, Kardinal Peraudi (1491–1505) s. auch Obersteiner, Bischöfe 265f.
8) Obersteiner, Gurker Bistumsgeschichte 1956, 210.
9) Mitterdorfer, Eberstein Nr. 53. – Weiß A., Kärnthens Adel 261. – Stumberger, Welzer 104f. – Leitner, Frühneuzeitliche Inschriftenbelege 71f.
10) Stumberger, Welzer 95, 100f.
11) Weiß A., Kärnthens Adel 261f. – Stumberger, Welzer 108.
12) KLA AUR (C 4292) 1494 IX 3 bzw. AUR (A 1873) 1520 XI 10 bzw. AUR (A 2083) 1537 VIII 24. – Stumberger, Welzer 112, 115. – Webernig, Landeshauptmannschaft 101.
Literatur

KA Klagenfurt, Urkundensammlung (1513), Pergamentblatt. – KA Klagenfurt, Liber memorabilium Capituli Gurcensis p. 34, 127. – Schroll, Necrologium Gurk 11 (Anm. 3). – Hann, Beiträge zur Kunsttopographie 1897, 157. – Schnerich, Dom zu Gurk 62, 68f., 77, 81, 109, 111, 137. – Neckheim, Grabmalplastik 1940, 52. – Ders., Grabmalplastik 1941, 56. – Dehio Kärnten 2001, 263.



Friedrich Wilhelm Leitner

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan, ges. u. bearb. v. Friedrich Wilhelm Leitner
(Die Deutschen Inschriften 65. Band, Wiener Reihe 2. Band, Teil 2) Wien 2008, Kat. Nr. 264,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/kaernten-2/teil2/kaernten-2-obj264.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
65. Band, Wiener Reihe 2. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten - Teil 2
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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Abbildungen

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Abb. 132: Grabplatte Propst Wilhelm
Welzer von Eberstein (1518)
©  Landesmuseum Kärnten (Ulrich Peter Schwarz)