Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten
Politischer Bezirk St. Veit an der Glan
323 |
Gurk, Pfk. u. ehem. Domkirche Mariae Himmelfahrt |
1526 |
Wappengrabplatte des Gurker Dompropstes Sigismund von Feistritz aus bläulich-grauem Kalkstein mit rötlichen Adern und Sprenkelung, innen in der Unterkirche im nördlichen Seitenschiff. Es handelt sich um das schönste Beispiel einer Renaissance-Grablege im Gurker Dom. Im unteren Drittel des Steines ist eine Is.-Tafel gestaltet, mit einer neunzeiligen Is. (I). Darüber ist im Bildfeld eine reich verzierte, renaissancezeitliche Pilasterarchitektur mit einem Giebelaufsatz mit waagrecht abgenommener Spitze gebildet (Trapezgiebel), die seitlichen Flächen tragen je einen W.-Schild (der rechte ist leer); davor finden sich zwei die ganze Breite des Steines ausfüllende W.-Schilde, darüber eine Mitra mit Inful, unterlegt von einem Pedum. In der Giebelzone sind zwei Füllhörner dargestellt, beim rechten Füllhorn hält ein kleiner Putto seine Hände darauf. Unter den beiden W. ist am Boden der Architektur ein Totenkopf in der Mitte eingefügt, seitlich an den Pilastersockeln flankiert von zwei Schrifttäfelchen: links eine Jz. (II), rechts die Initialen des Steinmetzmeisters mit möglicherweise einem Meisterzeichen (III). Auf der Innenseite der Schale, auf der der Putto sitzt, ein Monogramm (IV). Die Wappengrabplatte wurde auf der Rückseite in Zweitverwendung für den Propst Johann IV. Georg von Miller1) (1648–1674) als Grabplatte bearbeitet, wobei die Seite mit dem Renaissancerelief am Rand stark abgeschlagen wurde. Die Platte wurde in den Fußboden des Mittelschiffes eingelassen, dadurch ist die jetzige Rückseite mit dem Wappen und der Is. des Propstes Miller stark abgetreten, die jetzige und ursprüngliche Vorderseite hat sich aber außerordentlich gut erhalten, so dass angenommen werden kann, dass der Stein auch vor seiner Zweitverwendung nicht im Fußboden lag, sondern an einer Wand gestanden haben dürfte. Bei der Hebung der Grabplatte im Jahre 1929 wurde die Vorderseite wieder sichtbar und im Seitenschiff so aufgestellt, dass nun beide Seiten zu sehen sind.
H. 223 cm, B. ± 97 cm, Bu. 4,8 cm. – Kapitalis.
Textedition
I.
A(N)NO · D(O)MI(NI)a) MDb) · XX · IIII · DIE · PENVLTIMA · ME(N)SIS ·
IANV/ARY · EXTREMV(M) · VITE DIE(M) · A(N)NO · ETATIS · SVE ·
LXVo ·/ CLAVSIT REVEREND(VS) PATER ET D(OMI)N(V)S
D(OMI)N(V)S SIGISMVNDVS / HVI(VS) CATH͜EDRALIS ECCLESIE
GVRCE(NSIS) P(RE)P(OSI)TVSc) / ET ARCHIDIACON(VS) NATVS
VIGILANTISSIM(VS) EX / NOBILI AC · CLARA FAMILIA DE
FEVSTRITZ P(RO)G/NAT(VS) VIXIT IN PREPOSITATV ET
ARCHIDIAC(ONA)TVd) / HVI(VS) ECCLESIE A(N)NOS SEX ME(N)SES
TRES HOC / QVOQVEe) SVB MARMOREO LAPIDEf) CA(N)DIT(VS)g)
II.
· 1 · 5 · 2 · 6 ·
III.
· W · · Ph) ·
IV.
MGi)
Anmerkungen
Datum: 1524 Jänner 30 (richtig: 1525).
Wappen: Feistritz (?)3), Feistritz4), Moosburg (?)5).
Kommentar
Sigismund von Feistritz (1518–1525) wurde am 26. März 1518 zum Gurker Dompropst gewählt6) und hat dieses Amt bis 1525 ausgeübt: Er ist am 30 Jänner 15257) gestorben und nicht 1524, wie uns seine Grabinschrift übermittelt. Er entstammte einer vornehmen Kärntner Adelsfamilie8). Seine Eltern waren Peter Feistritzer, der auch um 1466 als Schaffer zu Moosburg (sic!) und 1449 bzw. 1466 als Pfleger zu Albeck im Gurktal und Gurker Vasall aufscheint9), und Eufemia Moosburger: Die beiden Familien-W. werden das des Vaters und möglicherweise das seiner Ehefrau sein. Die beiden Söhne Sigismund und Andrä von Feistritz urkunden gemeinsam am 22. Dezember 148210), Andrä war später auch Gurker Vasall. Sigismund von Feistritz immatrikulierte als Gurker Kanoniker an der Universität in Wien im Jahre 147811), 1487 studierte er in Bologna12). Vor seiner Wahl zum Propst war er von 1493 bis 1518 Dechant und später auch Domherr von Gurk. 1512 war er Vertreter von Kardinal Matthäus Lang von Wellenburg, Bischof von Gurk, bei der Provinzialsynode in Salzburg13).
Die Wappengrabplatte wurde von einem bedeutenden, aber bislang leider unbekannten Künstler 1526 fertiggestellt14), also fast zwei Jahre nach dem Tod des Dompropstes Sigismund von Feistritz: Die falsche Todesdatierung auf der Wappengrabplatte ist daher schwer erklärbar und muss wohl auf ein Versehen des Steinmetz zurückgehen.
Literatur
Friedrich Wilhelm Leitner
Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
65. Band, Wiener Reihe 2. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten - Teil 2
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan
Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Austrian Academy of Sciences Press
|
Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten Politischer Bezirk St. Veit an der Glan Gurk, Pfk. u. ehem. Domkirche Mariae Himmelfahrt • Wappengrabplatte • Kalkstein • Kapitalis • Inschriften des Totengedenken •
Feistritz, Andrä •
Feistritz, Peter •
Feistritz, Sigismund •
Lang von Wellenburg, Matthäus •
Miller, Johann IV. Georg •
Moosburger, Eufemia •
Albeck •
Gurk, Domkirche •
Moosburg •
Salzburg, Bistum •
Wien
Abbildungen
Abb. 148: Grabplatte Propst Sigismund von Feistritz (1526) ©
Landesmuseum Kärnten (Ulrich Peter Schwarz)
|
Im Jahre des Herrn 1524, am vorletzten Tag des Monats Januar, beschloss seinen letzten Lebenstag im Alter von 65 Jahren der hochwürdige Pater und Herr, Herr Sigismund, wachsamer Propst und geborener Erzdiakon2) dieser Kathedrale des Bistums Gurk, ein Sproß des adeligen und berühmten Geschlechts von Feistritz. Als Propst und Erzdiakon dieser Kirche lebte er sechs Jahre und drei Monate lang und ist hier unter dem Marmorstein begraben.