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Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten

Politischer Bezirk St. Veit an der Glan

466 Gurk, Pfk. u. ehem. Domkirche Mariae Himmelfahrt 1570

Figurale Grabplatte aus rotem Marmor des Christian Spiritus, innen an der nördlichen Querhauswand. In einer renaissancezeitlichen Nischenarchitektur mit seitlichen Pilastern und einem muschenförmig gefächerten Rundbogen steht die frontale Halbfigur des Propstes im prächtigen Ornat, mit Mitra und Pedum, in der linken Hand ein Buch. Links unten im Bildfeld ein Relief-W. Im unteren Steindrittel eine mit Rollwerk gerahmte Is.-Tafel mit zwei voneinander durch ein Ornamentband getrennten Iss., oben eine vierzeilige Is. (I) in Kapitalis, unterhalb eine drei zeilige Is. (II) in gotischer Minuskelschrift mit Versalien, beide Iss. sind erhaben gearbeitet.

H. 204 cm, B. 102 cm, Bu. I. 3,5 cm, II. 4,5 (6,5) cm. – Kapitalis (I), gotische Minuskel mit Versalien (II).


Textedition
			

I. SPIRITVMa) DE STIRPE SATVS CHRISTANVS IN ISTO / PRA͜ EPOSITVSa) TEMPLO POST DVO LVSTRA CVBATb) / MITISc) ERAT DEVOTVS ERAT PROPENSVS EGENIS / INa) COELIS SVMMI PARS SIT AMICA PATRIS II. Obiit autem Decimo Sexto die / mensis Octobris Anno A Chris/to nato M D L XX

Anmerkungen
a) vergrößerter Anfangsbuchstabe.
b) Schnerich: cu[r]at.
c) vergrößerter Anfangsbuchstabe. – Schnerich und Steindl: [Sa]tis.

Christian, aus dem Geschlecht der Spiritus hervorgegangen, liegt hier nach zweimal fünf Jahren als Propst in dieser Kirche begraben. Er war mildtätig, demütig und freigiebig gegenüber den Armen, im Himmel sei er ein lieber Teil des höchsten Vaters (I).
Er starb am 16. Tag des Monats Oktober im Jahre von Christi Geburt 1570 (II).

Elegische Distichen (I).


Datum: 1570 Oktober 16.

Wappen: Spiritus1).


Kommentar

Christian Spiritus wurde am 10. Juni 1559 zum Gurker Dompropst gewählt2), am 6. Juli wurde er vom Gurker Bischof Urban Sagstetter (1556–1573) in seinem Amt konfirmiert. Von ihm sind keine nennenswerten Umbauten in der Domkirche und im Bereich des Propsthofes bekannt. Er entstammte einer in Lind im oberen Drautal ansässigen Kärntner Adelsfamilie3). Als Gurker Chorherr ist er erstmals 1534 genannt4). In seine Amtszeit fällt die Bestrebung, durch Reformen den Einfluß der lutherischen Lehre im Domstift und im Kloster von Gurk zurückzudrängen5).1565 nahm an den Exequien für Kaiser Ferdinand I. in Wien teil, 1569 organisierte er im Auftrag von Bischof Urban eine Diözesansynode6) und nahm anschließend an der Provinzialsynode in Salzburg teil. In seinen letzten Lebensjahren ist ihm ein Koadjutor beigestellt worden7). Er ist am 16. Oktober 15708) gestorben und fand im Gurker Dom seine Grablege.

1) Pers. W. Spiritus: Feuerstrahl mit sechs Flammen, belegt mit einem Hackmesser (vgl. Weiß A., Kärnthens Adel 248 eine silberne Schräglilie in Gold, unterlegt mit einem Feuerstrahl). – Vgl. auch Obersteiner, Tagebuch 1948, 137.
2) Schroll, Dompröpste 34.
3) Weiß A., Kärnthens Adel 248: Georg Spiritus war von 1564–1580 Gurker Rüstmeister, hernach „bestallter Hauptmann einer ehrsamen Landschaft in Kärnten“ – vgl. Obersteiner, Tagebuch 1948, 141. – Ders., Tagebuch 1949, 370. – Ders., Gurker Bistumsgeschichte 1956, 212. – 1578 wird er als Reiteroberst genannt, er ist am 2. Feber 1592 als letzter seines Stammes gestorben. – Vgl. auch Kohlmayer, Geschichte 165. – Am 17. April 1580 ist Maria Sackl gestorben, die Ehefrau des Georg Spiritus, beide wurden in Gurk begraben. Am 7. Dezember 1583 starb eine Katharina Grimming, möglicherweise die zweite Ehefrau des Georg Spiritus. Vgl. Obersteiner, Tagebuch 1948, 143, 147. – Lang A./Metnitz, Salzburger Lehen in Kärnten 234, Nr. 248.
4) Hermann H., Historische Skizze Dompröpste 74f. – Obersteiner, Gurker Bistumsgeschichte 1956, 212.
5) Obersteiner, Bischöfe 323.
6) Ebenda 327.
7) Obersteiner, Gurker Bistumsgeschichte 1956, 212.
8) Schroll, Necrologium Gurk 31 (Anm. 7): „Item anno 1570 ob. Christanus Spiritus, prepositus nostre congr. Gurc.“. – Vgl. auch Obersteiner, Tagebuch 1948, 137.
Literatur

KA Klagenfurt, Liber memorabilium Capituli Gurcensis p. 36, 131f. – Schnerich, Gurker Miszellanea 1929, 23. – Ginhart/Grimschitz, Gurk 121. – Neckheim, Grabmalplastik 1940, 193. – Obersteiner, Tagebuch 1948, 137. – Steindl, Lateinische Inschriften Kärnten 156. – Dehio Kärnten 2001, 263.



Friedrich Wilhelm Leitner

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan, ges. u. bearb. v. Friedrich Wilhelm Leitner
(Die Deutschen Inschriften 65. Band, Wiener Reihe 2. Band, Teil 2) Wien 2008, Kat. Nr. 466,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/kaernten-2/teil3/kaernten-2-obj466.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
65. Band, Wiener Reihe 2. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten - Teil 2
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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Abbildungen

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Abb. 156: Grabplatte
Christian Spiritus (1570)
©  Landesmuseum Kärnten (Ulrich Peter Schwarz)