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Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten

Politischer Bezirk St. Veit an der Glan

568 St. Georgen am Längsee, Pfk. u. ehem. Stiftsk. hl. Georg 1591

Epitaph aus weißem Marmor der Afra von Staudach, innen an der Südwand beim Eingang in die Sakristei. Im vertieften Bildfeld ist in eine renaissancezeitliche Rundbogenarchitektur ein Altaraufbau eingefügt, auf dessen Stufen davor die Äbtissin im Ordensgewand kniet, am Arm der rechten Hand hängt ein Rosenkranz, die linke umfaßt das Pedum; in ihren Händen hält sie ein aufgeschlagenes Gebetbuch mit einer mehrzeiligen Inschrift (III). Auf der Altarmensa steht ein Kruzifix, das am oberen Kreuzstamm beschriftet ist (IV); seitlich wird der Gekreuzigte von zwei Heiligenfiguren (wohl Maria und Johannes) flankiert. Über der Äbtissin ist eine Schrifttafel mit Rollwerkrahmung angebracht, darauf steht eine elfzeilige Is. (I). Die beiden sichtbaren Bogenfelder sind ebenfalls beschriftet (IIa = äußere Zeile, IIb = innere Zeile). Schließlich wird die Vorderseite des Altares von einem W.-Schild mit Helmdecken, zwei gekr. Helmen und der Helmzier geschmückt. Unter dem W. ist auf der schmalen Rahmenleiste des Altarsockels ein Monogramm und eine Jz. (V) festgehalten. In den beiden oberen Ecken beschließen Puttodarstellungen das dekorative Element dieses Epitaphs, welches ursprünglich zur Gänze polychromiert war, großflächige Reste davon haben sich sowohl an der Figur der Verstorbenen wie auch beim W. erhalten.

H. 198 cm, B. 113 cm, Bu. I. ± 2 cm, IIa. 3 cm, IIb. 2,5 cm, III. 0,6 cm, IV. 1,8 cm, V. ± 1 cm. – Fraktur mit eingestreuter Kapitalis (I), Kapitalis (II–V).


Textedition
			

I. Dis EPITA͜PHIV͜M hat lassen / mache(n) die hochwirdig in Gott / Geistliche vnd Edle Fraw Fraw / Affra ein geborne von Stau=/dach Abbtesin des löbliche(n) Stiffts / vnd Fürstliche(n) Jungfrau Clo/ster S(anct) George(n) Am lengsee . / Wellicher Gott vnd all(n) Christ/glaubige(n) am Jüngste(n) Tag ein / Fröliche Aufferstehung verlei=/hen welle Amena). IIa. O VOS O(MN)ES QVI TRANSITIS P(ER) VIA(M) ATTEN͜DITEb) ET VIDETE SI EST DOLORc) SICVT DOLORc) M͜EV͜S TH͜REd) 1. IIb. EGOe) SVM RESVRRECTIOf) ET VITA QVI CREDIT IN M͜E ETIAM SI MORTVVS FV͜ERIT VIV͜ET JOAN(NES) XI. III. O D(OMI)NE IESV / CH͜R(IST)E ADORO / TE RESV͜RGE(N)/TEM A MOR/TVIS ASCEN/DENTEM AD / COELOS SEDE(N)/TEM AD // DEXTERAM / PATRIS DE/PRECOR TE / VT ILLVC TE / SEQVI ET TI/BI PRA͜ESEN/TA͜RI M͜EREA͜R / AMEN. IV. · I · N · R · I · V. 1 · 5 · M͜T · 9 · 1 ·

Anmerkungen
a) Die Versalien sind mit Goldfarbe nachgezogen.
b) Zweites T klein beigestellt.
c) L in erstes O eingeschrieben.
d) Kürzung THRE, wohl von threni idest lamentationes ieremiae prophetae.
e) G halb so klein und in E eingestellt.
f) T in C eingestellt.

O ihr alle, die ihr auf der Straße vorübergeht, haltet ein und seht, ob es einen Schmerz so (groß) wie meinen gibt (Klagelieder 1) (IIa).
Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt ( Johannes 11) (IIb).
O Herr Jesus Christus, ich bete dich an, der du von den Toten auferstanden und in den Himmel aufgefahren und zur Rechten des Vaters sitzt; ich bitte dich, mach mich würdig, dir dorthin zu folgen und vor dir zu erscheinen, Amen (III).

Lam 1,12 (IIa); Io 11,25 (IIb).


Wappen: Staudach zum Wulroß1).


Kommentar

Zu den Staudach2) vgl. Kat.-Nr. 99. Afra von Staudach war eine Tochter des Marx von Staudach und der Amalia von Hund, damit eine Schwester des Tristram von Staudach, der diese Linie der Staudach weitergeführt hat. Sie legte die Profeß im Kloster Göss ab und lebte zwanzig Jahre in diesem steirischen Stift. Am 5. Juni 15623) wurde sie im Alter von 36 Jahren (* 1526) vom Bischof von Chiemsee als Äbtissin für St. Georgen a. L. postuliert. Ihre Konfirmation fand am 6. Juni statt, am 7. Juni 1562 wurde sie benediziert. Nach 29 Jahren Regentschaft ist sie hier am 23. August 1591 gestorben4).

1) Schild geviert: 1 u. 4 in Rot eine goldene Muschel, 2 u. 3 von Gold und Rot schrägrechts geteilt, auf der Teilung oben ein roter Löwe mit grünem Dreiklee in der Pranke. – KLA, WB A fol. 82, WB C 195b. – Bartsch, Wappen=Buch fol. 145, 125, Nr. 126a, b. – Weiß A., Kärnthens Adel 138, 248. – Kä 125f., Taf. 11. – Lanjus, Geschlechter 147, Taf. VI. – Wutte, Wappen 137. – Kraßler, Wappenschlüssel 14, 160. – Neumann, Wappenbuch C 183. – DI 21 (Spittal an der Drau, Hermagor) Kat.-Nrr. 173, 522. – Der Löwe von 2 u. 3 kommt dann im freiherrlichen W. im Herzschild vor.
2) Lanjus, Deutscher Uradel 726. – Ders., Geschlechter 147f., Nr. 41. – Metnitz, Geadelte Bürger 1964, 112: hier auch Quellen- und Literaturangaben. – Lang/Metnitz, Salzburger Lehen in Kärnten 238, Nr. 253. – Kohla/Metnitz/Moro G., Burgenkunde 130.
3) KLA, Schroll-Regesten (1562 V 5). – Vgl. auch Neumann, Christalnick 88. – Wetter, Geschichte 263. – Frankl, Gefährdet 52f.
4) KLA, Schroll-Regesten (1591 IX 17).
Literatur

Ginhart, Kunstdenkmäler St. Veit 56–58. – Wetter, Geschichte 263. – Kienzl, St. Georgen 14. – Tropper, St. Georgen 25f. – Tropper C., Benediktinerstift 174f. – Dehio Kärnten 2001, 730.



Friedrich Wilhelm Leitner

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan, ges. u. bearb. v. Friedrich Wilhelm Leitner
(Die Deutschen Inschriften 65. Band, Wiener Reihe 2. Band, Teil 2) Wien 2008, Kat. Nr. 568,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/kaernten-2/teil3/kaernten-2-obj568.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
65. Band, Wiener Reihe 2. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten - Teil 2
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten  Politischer Bezirk St. Veit an der Glan  St. Georgen am Längsee, Pfk. u. ehem. Stiftsk. hl. Georg    •  Epitaph  •  Marmor  •  Fraktur  •  Kapitalis  •  Inschriften des Totengedenken  •  Hund, Amalia  •  Staudach, Affra  •  Staudach, Marx  •  Staudach, Tristram  •  St. Georgen am Längsee, Stiftskirche

Abbildungen

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Abb. 220: Epitaph Äbtissin
Afra von Staudach (1591)
©  Landesmuseum Kärnten (Friedrich W. Leitner)