Inschrift-logo

  Suche         Druck     Hilfe  

 

Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten

Politischer Bezirk St. Veit an der Glan

573 Gurk, Propsteigebäude 1593

Wandmalerei im ehemaligen Gurker Archivraum im Propsteigebäude, heute Arbeitsraum des Gurker Notariats; die Malerei ist stellenweise sehr stark verrestauriert1), an manchen Stellen auch stärker verschliffen, rote und grüne Rankenmalerei. In den Gewölbezwickeln finden sich zahlreiche Spruchbänder, manche in einer vegetabilen Dekorrahmung, dazu kommen zahlreiche W.- Darstellungen in teils kreisrunden, rollwerkartig gerahmten Feldern. Die Südwand zeigt über der Türöffnung im Zwickel in einem kreisrunden Medaillon oben das Jesusmonogramm, darunter eine fünfzeilige Is. (I); links davon ist ein gemaltes W., allerdings stark verschliffen; rechts ein weiteres W. Die Ostwand trägt ein zweizeiliges Spruchband (II, Ostwand), darunter fünf W.- Darstellungen, die stellenweise recht stark zerstört sind. In der rechten Ecke in Schrifthöhe ein weiteres W. Die Nordwand gliedert sich in zwei Zwickel, rechts hat sich eine einzeilige Is. (IIIa) erhalten, dabei das W. des Stifters; links ebenfalls eine einzeilige Is. (IIIb) mit dem W. des regierenden Bischofs. An der Westwand findet sich ein Schriftband mit einer zweizeiligen Is. (IV). Im Gewölbe trägt ein einfaches Schriftband eine Jz. (V), darunter ein W. der Propstei.

Bu. I. 2,5 (5,5) cm, Jz. 6 cm, II. 6 (9) cm, III. 4 (7) cm, IV. 6 (9) cm. – Kapitalis.


Textedition
			

I. [I]E(SV)Sa) // SITb) NOMEN DOMINI BE=/=NEDICTVM IN SECVLA: / ANTE SOLEM PERMANET / NOMEN EIVS ·/ 1593 II. FRATRES: QVAE PACIS SVNT SECTEMVR ET QVAE / AEDIFICATIONIS SVNT INVICEM CVSTODIAMVS IIIa. CAROLVS EPISCOPVS GERMANICENSIS SVFFRAGANEVS ET PRAEPOSITVS GVRCEN(SIS) 1593 IIIb. CHRISTOPHORVS ANDREAS EPISCOPVS GVRCEN(SIS) METROPOLITANAE SEDIS SALISBVR(GENSIS) VICARIVS GENERALIS IV. CONCORDIA RES PARVAE CRESCVNT / DISCORDIA MAXIMAE DILABVNTVR V. 1045

Anmerkungen
a) Nomen sacrum, Bestand: [I]HS.
b) vergrößerter Anfangsbuchstabe.

Der Name des Herrn sei gepriesen in Ewigkeit; sein Name bleibt bestehen unter der Sonne (I).
Brüder, was dem Frieden nützt, wollen wir eifrig verfolgen, und was der Erbauung dient, wollen wir gegenseitig bewahren (II).
Karl, Bischof von Germanica, Weihbischof und Propst von Gurk 1593 (IIIa).
Christoph Andreas, Bischof von Gurk, Generalvikar des erzbischöflichen Thrones von Salzburg (IIIb).
Die kleinen Dinge wachsen durch Eintracht, durch Zwietracht zerfallen die größten (IV).

Nach Ps 71,17 (I); nach Rm 14,19 (II); Spruch (IV).


Wappen: Unbekannt2), unbekannt3), Mallenthein4), unbekannt5), unbekannt6), unbekannt7), Staudach zu Freyenthurn8), unbekannt9), Grimming10), Spaur11), Dompropstei Gurk12).


Kommentar

Über die Wandgemälde im ehemaligen Archivraum des Gurker Domkapitels im 1. Stock des Propsteigebäudes gibt es bislang keine eigene kunsthistorische Arbeit13). Es handelt sich dabei um eine Malerei, die ursprünglich wohl besonders durch ihre Farbigkeit bestimmend gewesen sein musste. Gestiftet wurde sie vom Gurker Dompropst Karl von Grimming14) (1570–1611; vgl. Kat.- Nr. 634) unter dem Gurker Bischof Christoph Andreas von Spaur15) (1573–1603). Beider W. finden sich bei den entsprechenden Iss. Als Maler wird der aus St. Veit/Glan stammende Oswald Kräusl16) angegeben. Karl von Grimming wurde 1592 zum „Bischof von Germanica“ und Suffragan (Weihbischof ) von Gurk17) ernannt. Die restlichen W. werden den Gurker Domherren zuzuschreiben sein, wie dies am Beispiel von zwei gut erhaltenen W. möglich ist: Von den fünf W. an der Ostwand sind zwei bestimmbar, nämlich Mallenthein und Staudach zu Freyenthurn. Ein Johann von Mallenthein (Malenteiner) wird zwar nur als Diakon und 1563 als Jungherr angeführt18). Matthias von Staudach trat 1589 in das Domstift ein und wirkte dann von 1611 bis 1617 verdienstvoll als Propst von Gurk19).

Die Jahreszahl 1045 steht in Verbindung mit dem Wappen des Gurker Domkapitels und muss wohl im historischen Verständnis des ausgehenden 16. Jahrhundert interpretiert werden: Der Überlieferung nach erfolgte die Klostergründung durch Gräfin Hemma zwischen 1043 und 1045, 1045 wird der Legende nach auch als ihr mögliches Todesjahr genannt20).

1) Im Zuge der Aufnahme dieser Iss. kam es am 18. 10. 1983 zu einem Gespräch mit dem damaligen Mieter des Archivraumes, dem inzwischen verstorbenen Notar Dr. Perko; dieser teilte dem Bearbeiter dabei mit, dass er auf Grund des von ihm festgestellten hohen Arsengehaltes bei der grünen Farbe aus Gesundheitsgründen diese Färbung mit dem örtlichen Malermeister aus Gurk hatte entfernen lassen und durch eine „gleichwertige, ungiftige“ Grünmalerei ersetzt hatte. Diese Restaurierung ist sichtlich ohne Zustimmung der zuständigen Behörden erfolgt und führte neben der Zerstörung des Originalzustandes auch zu einer flächigen Beschädigung der Malerei. Die Iss. wurden von diesem „Eingriff“ nicht beeinträchtigt.
2) Über Dreiberg ein gezinnter Turm.
3) 1 u. 4 zerstört, 2 u. 3 durch eine Spitze gespalten (?).
4) KLA, WB A fol. 74, WB C fol. 132a. – Si 1/45. – Wutte, Wappen 135. – Neumann, Wappenbuch C 134. – DI 21 (Spittal an der Drau, Hermagor) Kat.-Nrr. Nr. 193, 247, 249, 455.
5) oben ein aufwärts gekehrter Mond, darunter zerstört.
6) Geteilt durch drei Balken.
7) Geteilt durch einen Schrägrechtsbalken.
8) KLA, WB A fol. 82, WB C fol. 166a. – Bartsch, Wappen-Buch fol. 145, 125, Nr. 126b. – Kä 125f., Taf. 11: hier in 2 u. 3 von Rot und Gold geteilt. – Lanjus, Geschlechter 147, Taf. VI. – Wutte, Wappen 137. – Kraßler, Wappenschlüssel 230, 242, 247, 250, 255. – Neumann, Wappenbuch C 182f. – DI 21 (Spittal an der Drau, Hermagor) Kat.-Nr. 522: hier ist die Eidechse schwarz gemalt. – W.: geviert, 1 u. 4 in Weiß eine schräg aufgerichtete grüne Eidechse, 2 u. 3 von Weiß und Rot schrägrechts geteilt, oben auf der Teilung ein roter Löwe; zwei gekr. Helme, rechts ein geschl. Flug, belegt mit der Eidechse, links der oberhalb Löwe.
9) Geteilt, oben drei sechsstrahlige Sterne, unten ein halbes (Zahn-)Rad.
10) Vgl. Kat.-Nr. 558†, Anm. 1.
11) Si 1/24, 5/19. – Bay 23a, Taf. 16. – NÖ/2 168, 658. – Krai 18. – Tir 16, Taf. 18f.
12) KLA, WB A fol. 21, WB C fol. 2b. – Wutte, Wappen 123. – Neumann, Wappenbuch C 11. – W.: von Gold und Rot gerautet.
13) Vgl. Milesi, Manierismus 61.
14) Löw, Domführer 127. – Obersteiner, Tagebuch 1948, 137.
15) Schroll, Series episcoporum 32f. – Obersteiner, Bischöfe 332f.
16) Schnerich, Dom zu Gurk 112. – Löw, Domführer 100.
17) Schroll, Dompröpste 34f. – Obersteiner, Tagebuch 1949, 372.
18) Obersteiner, Gurker Bistumsgeschichte 1956, 214.
19) Ebenda.
20) Vgl. dazu Dopsch, Hemma von Gurk 19f.
Literatur

Schnerich, Dom zu Gurk 112. – Löw, Domführer 100. – Lanjus, Geschlechter 144f. – Milesi, Manierismus 61. – Dehio Kärnten 2001, 266.



Friedrich Wilhelm Leitner

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan, ges. u. bearb. v. Friedrich Wilhelm Leitner
(Die Deutschen Inschriften 65. Band, Wiener Reihe 2. Band, Teil 2) Wien 2008, Kat. Nr. 573,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/kaernten-2/teil3/kaernten-2-obj573.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
65. Band, Wiener Reihe 2. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten - Teil 2
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten  Politischer Bezirk St. Veit an der Glan  Gurk, Propsteigebäude    •  Wandmalerei  •  Kapitalis  •  Friesach, Hemma  •  Grimming, Karl  •  Mallenthein, Johann  •  Spaur, Christoph Andreas  •  Staudach, Matthias  •  Klagenfurt, Schloß Freyenthurn  •  Gurk, Propsteigebäude  •  St. Veit a. d. Glan