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Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten

Politischer Bezirk St. Veit an der Glan

574 Friesach, Stpfk. hl. Bartholomäus 1594

Figurale Grabplatte des Johann Jakob von Basseyo zu Praunsperg aus weißem Marmor, ursprünglich an der Südseite des Priesterchores, seit der Wiederentdeckung und Neuaufstellung 2004/05 nun an der Nordwand der Vorhalle, rechts vom Eingang in die Turmkammer1): Neu wieder aufgefunden ist vor allem die Hauptbeschriftung mit einer neunzeiligen Is. (I) und der bislang fehlende Aufsatz mit dem Wappen mit drei Helmen und Helmzier angebracht, begleitet seitlich von einer Sanduhr und einem Totenkopf. Darunter findet sich das „Bildnis eines aufrecht stehenden, nach vorwärts sehenden Priesters in Lebensgröße“2), das bis 2004 an der Nordwand der Vorhalle unter der Orgelempore aufgestellt war: Es zeigt den Verstorbenen in frontaler Ganzfigur in einer rundbogigen Nischenarchitektur, bekleidet mit dem geistlichen Chorkleid, am Haupt trägt er ein Barett. Eine Schrifttafel mit Rollwerkrahmung bedeckt den unteren Teil der Figur; es scheint, als ob der Verstorbene die Schrifttafel halten würde, auf der sich eine vierzeilige Is. (II) befindet. Das mehrteilige Grabdenkmal bildete als Ganzes „ein schönes und reich ausgestattetes Werk der Bildhauerkunst“3). Das Grabdenkmal ist irgendwann nach 1882, wohl nach dem Brand von 1885 abgetragen worden.

H. 394 cm, B. 116,5 cm. – Kapitalis.


Textedition
			

I. ADMODVM R(EVEREN)DOa) ET NOBILI D(OMI)NO IOHANNI / IACOBO DE BASEYO IN PRAVNSPERG / PRAEPOSITO FRISACEN(SI) DIGNIS(SIM)Oa) IN / ARTIB(VS) LIBERALIB(VS) AC PH(ILOSOPH)IAE STVDIO / NEC NON THEOLOGICISb) LITERIS APPRIME / VERSATO, VERAE PIETATI AC RELIGIONI / CATH(OLI)CAEa) DEVOTISS(IM)Oa) FLORENTIB(VS) ADHVC ANNIS / HINC EREPTO PARENT(ES) MA͜ ESTISS(IMI) P(IE) P(OSVERVNT) OBIIT / DIE 1. OCTOB(RIS) AN(N)O DOM(I)NI MDXCIIIIc) II. AH QVOD FVN͜ ERIB(VS) PRESS(VS) NVNC VIVERE PRIMV(M) / INCIPIO. NEV TE CONFICE CHARE PARENS. / DELICIIS FRVOR A͜ ETHEREIS. QVID FLETIS AMICI / VOS SPECTAT COELVM. CVR MINVS IRE IVVATc).

Anmerkungen
a) Endung hochgestellt.
b) CI hochgestellt.
c) Die Anfangsbuchstaben sind jeweils größer geschrieben.

Dem wohlehrwürdigen und edlen Herrn Johann Jakob von Basseyo zu Praunsperg, hochwürdigen Propst von Friesach, in den freien Künsten, im Studium der Philosophie und in der Theologie vorzüglich beschlagen, der wahren Frömmigkeit und der katholischen Religion sehr ergeben, in blühenden Jahren von hier hinweggerafft, ließen die tiefbetrübten Eltern (dieses Grabdenkmal) pf lichtschuldig errichten. Er starb am 1. Tag des Oktober im Jahre 1594 (I).
Ach, dass ich nun, vom Grabstein bedrückt, erst zu leben beginne. Doch verzehre dich nicht, teurer Vater! Ich genieße (nun) überirdische Wonnen. Warum weint ihr denn, Freunde? Auch euch steht der Himmel offen, warum gefällt es (euch) nicht, (dorthin) zu gehen? (II).

Elegische Distichen (II).


Datum: 1594 Oktober 1.

Wappen: Basseyo zu Praunsperg4).


Kommentar

Die Basseyo (Basseyo, urspr. Bascio) stammten aus Venetien und sind im 15. Jahrhundert nach Kärnten gekommen. Bis zu ihrem Aussterben standen sie ununterbrochen im Dienst der Gurker Kirche5) (vgl. Kat.-Nr. 754) und besaßen im Gurktal den Burgstall Braunsberg, später zu einem Schloss ausgebaut, von dem heute nichts mehr zu sehen ist. Johann Jakob von Basseyo zu Praunsperg feierte am 1. Mai 1589 in der Straßburger Kollegiatkirche die Primiz und wurde am 21. Juli 1593 zum Propst der Kollegiatkirche St. Bartholomäus bestellt, er wirkte in diesem Amt nur sehr kurz (1593–1594)6): Er ist am 1. Oktober 1594 im Alter von 32 Jahren bereits gestorben7). Er soll auch Propst von Virgilienberg8) und Archidiakon von Unterkärnten9) gewesen sein, wenngleich diese beiden Funktionen in seiner Grabinschrift nicht angeführt werden10). Er fand in seiner Kirche St. Bartholomäus auch seine Grablege.

1) Beckh-Widmanstetter L., Grabsteine Friesach 1882, 41. – Hauser Hu., Illustrierter Führer 41.
2) Beckh-Widmanstetter L., Grabsteine Friesach 1882, 41.
3) Ebenda.
4) KLA, WB A fol. 59 u. WB C fol. 42a. – Wutte, Wappen 127. – Kraßler, Wappenschlüssel 224. – Neumann, Wappenbuch C 45.
5) Weiß A., Kärnthens Adel 301. – Kohla/Metnitz/Moro G., Burgenkunde 11, 104.
6) Obersteiner, Tagebuch 1949, 367. – Jernej, Kollegiatstift 1997, 30.
7) Obersteiner, Tagebuch 1949, 373. – Ders., Tagebuch 1952, 337.
8) Sacherer, St. Virgil 141f.: er nennt ihn nicht. – Jernej, Kollegiatstift 2001, 142.
9) Jernej, Kollegiatstift 2001, 142.
10) Tropper P., Missionsgebiet 353. – Jernej Kollegiatstift 2001, 32, 34f., 39, 67, 69, 78, 143.
Literatur

Hohenauer, Friesach 113. – Herrmann H., Friesach in Kärnthen XXV. – Beckh-Widmanstetter L., Grabsteine Friesach 1882, 41f. – Kunsttopographie Kärnten 49 (hier : 1598). – Hauser Hu., Illustrierter Führer 40. – Zedrosser, Friesach 1926, 63. – Obersteiner, Tagebuch 1949, 373. – Ders., Tagebuch 1952, 337. – Zedrosser, Friesach 1953, 122. – Steindl, Lateinische Inschriften Kärnten 173f.



Friedrich Wilhelm Leitner

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan, ges. u. bearb. v. Friedrich Wilhelm Leitner
(Die Deutschen Inschriften 65. Band, Wiener Reihe 2. Band, Teil 2) Wien 2008, Kat. Nr. 574,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/kaernten-2/teil3/kaernten-2-obj574.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
65. Band, Wiener Reihe 2. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten - Teil 2
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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Abbildungen

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Abb. 221: Grabdenkmal Johann
Jakob von Basseyo (1594)
©  Landesmuseum Kärnten (Ulrich Peter Schwarz)

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Abb. 221a: Detail