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Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten

Politischer Bezirk St. Veit an der Glan

643 Gurk, Stiftsanlagen 1617

Wandmalerei im Salettl, einem kleinen Gartenhäuschen an der Südmauer des Stiftsgartens; im Raum im Obergeschoß eine Rankenmalerei, teilweise nur mehr sehr schlecht erhalten. Die Südwand zeigt die Verkündigungsszene, dabei Iss. (I/1, I/2, links), an der Westwand befinden sich zwei Schrifttafeln mit je einer vierzeiligen Is. (II/1, links, II/2, rechts), die Schrift ist stellenweise stark verschliffen; die Nordwand trägt nur mehr fragmentarische Reste einer Beschriftung (III); zwei jeweils vierzeilige Iss. (IV/1, links, IV/2, rechts) übermittelt die Ostwand. In diesem Raum ist in einer kreisrunden Wappen­dekoration das pers. W. des Propstes Vizdom festgehalten. An der Südwand außen befanden sich über dem Gartentor in einem vertieften rektangulären Feld zwei W., beide sind bis auf die Mitra fast zur Gänze verschliffen. Darüber unter der Dachtraufe eine Jz. (V).

Bu. I/1. 2,5 cm, I/2. 3,7 cm, II/1. 3,5 cm, II/2. 3 cm, III. 3 cm, IV/1. 4 cm, IV/2. 3,7 cm, V. ± 18 cm. – Kapitalis.


Textedition
			

I/1. AVE GRATIA PLENA I/2. ECCE ANCILLA / DOMINI II/1. MELIORA SV(N)T VVLNERA / DILIGENTIS QVAM / FRAVDVLENTA OSCV/LA ODIENTIS PRO(VERBIORVM) XXVI II/2. SICVT TINEA VESTIMEN/TO ET VERMIS LIGNO / ITA TRISTITIA VIRI NO/CET CORDI PRO(VERBIORVM) XXV III. – – –] MOVEBOR [– – – IV/1. SICVT VRBS PATENS ET / ABSQ[VE MVR]ORVM AMBITV / [ITA VIR QVI NON POTEST / IN LOQVENDO COHIBERE / SPIRITVM] SVVM / PRO(VERBIORVM) XXV IV/2. OPVSa) IVSTI AD VI/TAM FRVCTVS AV/TEM IMPII AD PEC/CATVM PRO(VERBIORVM) X V. · 1 · 6 ·//· 1 · 7b) ·

Anmerkungen
a) vergrößerter Anfangsbuchstabe.
b) getrennt durch eine Rosette.

Gegrüßet seist du, voll der Gnade (I/1).
Siehe, ich bin die Magd des Herrn (I/2).
Besser sind Wunden, von einem empfangen, der dich liebt, als falsche Küsse von einem, der dich haßt (Sprichwörter 26) (II/1).
Wie die Motte dem Gewand und der Wurm dem Holz, so schadet die Traurigkeit dem Herzen des Menschen (Sprichwörter 25) (II/2).
Wie eine offen daliegende Stadt, von keiner Mauer umfangen, so ist ein Mann, der seine Meinung in seiner Rede nicht zügeln kann (Sprichwörter 25) (IV/1).
Das Werk des Gerechten führt zum Leben, der Fruchtgenuß des Frevlers zur Sünde (Sprichwörter 10) (IV/2).

Lc 1,28 (I/1); Lc 1,38 (I/2); Prv 27,6 (II/1); Prv 25,201) (II/2); Prv 25,28 (IV/1); Prv 10,16 (IV/2).


Wappen: Vizdom2).


Kommentar

Das Salettl dürfte unter Dompropst Georg III. von Vizdom (1617–1648) erbaut (vgl. Kat.-Nr. 691) bzw. fertiggestellt worden sein. Wie weit sein Vorgänger Propst Matthäus II. von Staudach3) (1611–1617) an diesem Bauvorhaben beteiligt war, ist nicht gesichert. Nach dem Dehio soll das Salettl schon 1613 fertiggestellt worden sein und die beiden Wappenmalereien an der Südwand werden den beiden Pröpsten Staudach und Vizdom zugeschrieben4). Gesichert ist, dass Propst Vizdom die Malerei beauftragt hat, als Maler wird Onophrius Rosenheim(b)5), ein Maler aus St. Veit, genannt

1) Variante bzw. Volltext zu ET AMITTIT PALLIVM IN DIE FRIGORIS ....SICVT TINEA ...... Vgl. Biblia Sacra Vulgatae Editionis. Venetiis, Apud Nicolaum Pezzana, MDCCXXXVII, 441 u. Biblia Sacra Vulgatae Editionis. Ed. Valentinus Loch. Tom. I, Ratisbonae 1849, 265; dazu die Übersetzung: Wie die Motte dem Kleid und der Wurm dem Holz, so schadet Kummer dem Herzen des Menschen.
2) KLA, WB A fol. 104: für Seewaldt Vizdomb 1632 (geviert mit HS, darin in Blau ein silberner Schrägrechtsbalken, 1 u. 4 von Gold und Blau schräglinks gespalten, belegt mit einem rechtsaufsteigenden farbgewechs. Löwen, 2 u. 3 in Rot auf goldenem Dreiberg ein silberner gezinnter Turm mit einem Spitzdach; zwei Bügelhelme, rechts Büffelhörner, vorne geteilt von Gold und Blau, hinten von Blau und Gold, links ein offener Flug, vorne geteilt von Rot und Silber, hinten von Silber und Rot; Helmdecken vorne goldblau, hinten rot-silbern. – Wutte, Wappen 138. – W.: schräglinks gespalten von Gold und Blau, belegt mit einem farbgewechs. rechtsaufsteigenden Löwen.
3) Löw, Domführer 128.
4) Dehio Kärnten 2001, 267. – Vgl. dazu Schnerich, Dom zu Gurk 114: Er schreibt von einer offenen Kapelle mit den Wappen des Bischofs Johann VII. Jakob Freiherr von Lamberg (1603–1630) und dem Erbauer, Dompropst Matthäus II. von Staudach (1611–1617). Damit ist nicht das Salettl gemeint, sondern die Kreuzkapelle.
5) Löw, Domführer 129. – Ginhart/Grimschitz, Gurk 132.
Literatur

Schnerich, Dom zu Gurk 114 (?). – Ginhart/Grimschitz, Gurk 126 (datieren es in die Zeit um 1610). – Löw, Domführer 128f. – Lanjus, Geschlechter 147f. – Dehio Kärnten 2001, 267.



Friedrich Wilhelm Leitner

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan, ges. u. bearb. v. Friedrich Wilhelm Leitner
(Die Deutschen Inschriften 65. Band, Wiener Reihe 2. Band, Teil 2) Wien 2008, Kat. Nr. 643,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/kaernten-2/teil4/kaernten-2-obj643.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
65. Band, Wiener Reihe 2. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten - Teil 2
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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