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Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten

Politischer Bezirk St. Veit an der Glan

762 Gurk, Pfk. u. ehem. Domkirche Mariae Himmelfahrt 1. H. 17. Jh.

Wappengrabplatte aus rötlichem Marmor, innen an der Südwand des südlichen Seitenschiffes, der erste Stein rechts vom Südportal. Der Wappenstein diente lange als Schwellenstein beim Eingang in die Dreifaltigkeitskapelle im Propsthof und wurde um 1930 gehoben und in den Dom gebracht. Leider ist der Stein durch diese Sekundärfunktion als Trittstein beim Portal so stark abgetreten, dass er kaum noch lesbar ist. Das Schriftfeld füllt eine 15-zeilige Is.; der Stein ist im unteren Drittel zweifach gebrochen. Oben ist in einer Kartusche mit Rollwerkrahmung ein hochovaler W.-Schild. Das W. bzw. die Grabplatte war ursprünglich wohl polychromiert, Reste sind noch vorhanden.

H. 106, 5 cm, B. 43, 5 cm, Bu. 2,5 (4) cm. – Kapitalis.

Ergänzungen nach Löw, Geretteter Grabstein 31f.


Textedition
			

REV͜EREN͜ DOa) [AC] NOBILIa) / DOMINOb) R[– – – / – – – / CH]ATHE[DRALIS ECCLESIAE GVR/CENSIS] CAN[ONICO ..... PRES]/BITER[O – – –] / ANNI 16[.. FE]LI[C]I/TER MIGR[AVIT / REV(ERENDVS)] DOMINVSa) D(OMINVS)a) / GEORGIVS EIV[S]/DEM ECCL(ES)IAE PRA͜E/[P]OSITVSa) ET ARCHI=/DIACON͜VSa) N[A]TVSa) AD / PIA͜E RECORDAT(I)ON[IS ME]MO/RIA(M) V͜T FILIO DILECTO POSVITa)

Anmerkungen
a) vergrößerte Anfangsbuchstaben.
b) Anfangsbuchstabe des folgenden Wortes vergrößert.

Dem hochwürdigen und edlen Herrn R[– – –], Kanoniker der Gurker Kathedralkirche [– – –] Priester [– – –] im Jahre 16[..] selig abging, ließ der hochwürdige Herr, Herr Georg, Propst und Erzdiakon dieser Kirche, zur Erinnerung und zum pflichtschuldigen Gedenken wie einem geliebten Sohn (dieses Grabdenkmal) errichten.


Wappen: unbekannt1).


Kommentar

Genannt wird in der Inschrift Dompropst Georg III. von Vizdom (1617–1648), der diese Grabplatte gestiftet haben soll2). Unter ihm wurde die Dreifaltigkeitskapelle um 1621 (vgl. Kat.-Nr. 658†) erneuert. Ein Wappenvergleich mit dem pers. W. von Dompropst Georg III. von Vizdom zeigt im schräglinks geteilten Feld einen aufsteigenden Löwen, hier ist im hinteren Feld ebenfalls ein aufsteigender Löwe abgebildet, allerdings ist die Teilung nicht (mehr) erkennbar, und der Löwe ist gekrönt. Nach J. Löw3) handelt es sich bei dem Verstorbenen um einen Freund des Propstes Georg Vizdom. Er wird in der Inschrift als „filius dilectus“ des Propstes bezeichnet, was wohl keiner natürlichen Nachkommenschaft entspricht, sondern der geistigen und geistlichen Verwandtschaft. Ein blutsmäßige Verwandtschafts­verhältnis mit dem Verstorbenen wäre aber ebenso denkbar. Möglicherweise handelt es sich dabei um Johannes Lux, Sohn des Stadtrichters Andreas Lux aus Straßburg. Dieser hatte zuerst in Wien studiert, dann aber als erster Kärntner am Collegium Germanicum in Rom. Nach seiner Rückkehr wurde er als Propst von Straßburg auch Pfarrer in Lieding, später dann Pfarrer in Zweinitz und Altenmarkt. 1620 erhielt er die Erlaubnis, außerhalb des Stiftes zu leben und wirkte in der Steiermark und in Niederösterreich. Erst gegen Ende seines Lebens wurde er wieder nach Gurk zurückgerufen und noch 1648 hier als Stiftssenior erwähnt4).

1) Schild gespalten, vorne ein gerüsteter Mann, in der rechten Hand eine Lanze, in der Linken ein Schwert; hinten ein aufsteigender gekr. Löwe.
2) Unter Propst Johann IV. Georg von Miller (1648–1674; vgl. Schroll, Dompröpste 35.) wurde diese Kapelle erneut umgebaut, dabei könnte die Wappengrabplatte als Türschwelle verwendet worden sein.
3) Löw, Geretteter Grabstein 31f.
4) Obersteiner, Gurker Bistumsgeschichte 1956, 214.
Literatur

Löw, Geretteter Grabstein 31f.



Friedrich Wilhelm Leitner

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan, ges. u. bearb. v. Friedrich Wilhelm Leitner
(Die Deutschen Inschriften 65. Band, Wiener Reihe 2. Band, Teil 2) Wien 2008, Kat. Nr. 762,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/kaernten-2/teil4/kaernten-2-obj762.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
65. Band, Wiener Reihe 2. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten - Teil 2
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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