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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

108 Hofarnsdorf, Pfk. Hl. Rupert (1492–1500), 1557

Wandmalerei mit Stifterinschrift des Christoph und der Hedwig Grabner sowie Graffiti (Rötelstift), an der Westwand des südlichen Seitenschiffs im ersten Gewölbejoch. Unter hellen Astwerkranken vor blauem Grund auf steil aufgeklappter Grundfläche Maria in rotbraunem Kleid und rosa Mantel mit dem Jesusknaben im Arm stehend, links darunter der Hl. Petrus in rotem Kleid mit grünem Mantel, rechts der Hl. Paulus in grünem Kleid und rotem Mantel. Im von diesen drei Figuren aufgespannten Dreieck die klein dargestellte im Gebet kniende Stifterfamilie, links der Stifter im Harnisch mit Schwert, durch Petrus Maria empfohlen, vor ihm seine drei halbwüchsigen Söhne, rechts die Frau des Stifters in langem Kleid mit weißem Kopftuch, vor ihr drei halbwüchsige Töchter, beide Gruppen durch die aneinandergelehnten Vollwappen (Eheallianzwappen, der [heraldisch] rechte Schild linksgewendet) getrennt. Am unteren Rand des Bildfelds zugehörige einzeilige Stifterinschrift (I), rechts über dieser jüngere zweizeilige Inschrift (II). Wandmalerei 1960 oder 1965 unter starker Verfälschung besonders der Inschrift restauriert.

Bu. ca. 5,5 cm (I) und 1,5 cm (II). – Gotische Minuskel (I) und schreibschriftliche spätgotische Kursive (II).


Textedition
			

I. – – –] Rames hedberga) sein hawsfraw zů den zeiten hofmaister zů armstorff II. Anno [(et)] c(etera) 57 Quinta feria post decem [mil]liu(m) [– – –]/ea [– – –] V […]astra[.] admodu(m) Cred(it)ur eyn [– – –

Anmerkungen
a) sic! irrig restauriert aus Grabner hedbeig.

Wappen: Grabner1); Perger (am Perg)2).


Kommentar

Die Wandmalerei wurde offensichtlich von Christoph Grabner zu Zagging und (seit 1506) Rosenburg und seiner ersten Frau Hedwig, einer Tochter des Rüdiger Perger (auch: „Abm Perg“ bzw. „Abmper[i]ger“) zu Viehofen und der Agnes Hinterholzer, in Auftrag gegeben. Grabner war zusammen mit seinem Bruder Jakob, Pfleger von Gars, seit 1477 Besitzer der Burg Pöbring, seit 1487 der Rosenburg und seit 1491 der Burg Zagging3). Im März 1492 setzte ihn der Salzburger Erzbischof Friedrich von Schaunberg zunächst für ein Jahr mit einer Besoldung von 150 lb. den. und einem Drittel der einzuhebenden Bußgelder als Salzburger Pfleger und Hofmeister von Arnsdorf, vermutlich als Nachfolger des 1487 in dieser Funktion bezeugten Sighart Perger („Abm Perg“ bzw. „Abmper[i]ger“) zu Viehofen und Baumgarten, Grabners Schwager, ein4). In dieser Funktion, die er bis wenigstens 1499 beibehielt, legte er 1493 ein neues Urbar über die von Arnsdorf aus verwaltete Salzburger Herrschaft Oberloiben an5). 1498 verbesserte er die unzureichende Dotierung eines 1431 von den damaligen Inhabern der Burg Zagging, Bernhard und Brigitta Pöbringer, in der als Grablege der Zagginger Herrschaft fungierenden Pfarrkirche Mariä Empfängnis in Kleinhain gestifteten täglichen Messe in der Annenkapelle und verknüpfte damit einen Jahrtag für die verstorbenen Angehörigen der Grabner auf dem von ihm gestifteten Altar zu Ehren der Hll. Fabian, Sebastian und Christoph auf der Empore der Kirche6). In Kleinhain befindet sich an der Chornordseite eine offenbar zu Lebzeiten beider Eheleute wohl ebenfalls um 1500 von jenem dem Werkstattverband der „Rueder“-Werkstatt angehörigen Betrieb, der auch das Grabdenkmal der Siguna Wenger (Kat.-Nr. 128) herstellte, angefertigte Wappengrabplatte des Christoph Grabner und der Hedwig Perger aus rotem Marmor, bei der die Sterbevermerke nicht nachgetragen wurden7). Gegen Ende des 15. Jahrhunderts hatte Christoph Grabner, hier nach Zagging zubenannt, Gült oder ständische Kontributionen in der Höhe von 16 lb. den. zu entrichten8).

1502 und 1508 fungierte er als einer der von den NÖ Ständen zur Beratschlagung der Landsteuern „Verordneten“9). Seit Jahresbeginn 1501 war Christoph in zweiter Ehe mit Afra, Tochter des Christoph Steinpeck, verheiratet10). Um 1510 begann Grabner, Streubesitz in Niederösterreich anzukaufen. 1507 kaufte er den Muestingerhof und eine Mühle in Furth vom Kloster Göttweig zu Burgrecht an. 1509 erwarb er eine Hofstatt in Reinprechtspölla von Wolfgang Tierbach zu Breiteneich, im Folgejahr freieigene Gülten und Zehenten in Sitzendorf a. d. Schmida von Wolfgang von Liechtenstein-Nikolsburg11). 1511 kaufte Christoph von seinem Verwandten („vetter“) Hans von Wehing(en) das Patronat über die Pfarrkirche Hl. Veit in Inzersdorf, im Folgejahr ein ehemals im Besitz des Ludwig von Starhemberg bzw. der Kelberharder befindliches Haus in Wien in der „Walchstraße“ (heute Wallnerstraße, Wien I.), gegenüber dem Haarhof und neben dem Haus des Grafen von Hardegg gelegen, von Michael Lercher12). 1515 erwarb er von seinem „schwager“ Mert (Martin) von Pottenbrunn Gülten in Obersiebenbrunn sowie ein Joch Weingarten in Maissau vom Steiner Bürger Ruprecht Hippersdorfer13). 1516 kaufte er ein freieigenes behaustes Gut und einen Weingarten in Retz von Wolfgang Stockhorner zu Starrein14). Christoph starb vor dem 21. Dezember 1521, unter welchem Datum sein Sohn mit den ererbten Melker Lehen in Obersiebenbrunn belehnt wurde15).

Aus der Ehe Christophs und Hedwigs stammten ein Sohn Sebastian (I.), verheiratet mit Apollonia, Tochter des Martin von Pottenbrunn und der Anna Steinpeck zu Wasen, deren Kinder die Rosenburg zu einem regionalen Zentrum evangelischen Lebens machten, sowie eine Tochter Petronilla, 1497 mit dem zwei Jahre später als letzter seines Geschlechts verstorbenen Hans Dachpeck von Greillenstein, später mit Wolfgang Matseber zu Judenau verheiratet16).

1) In silber ein blauer Schrägbalken (Si NÖ 1, 133 und Taf. 66 [Wappen I] fälschlich: Balken); geschlossener Helm, über dem silber/blauen Helmwulst geschlossener Flug mit dem Bild des Schilds, vgl. NÖLA, Hs. 236/3, pag. 158.
2) S. Si OÖ 240 und Taf. 67.
3) Die Burg Pöbring hatten Jakob und Christoph Grabner 1477 von Rueland (Roland) von Neidegg (s. Kat.-Nr. 80) angekauft, s. Plesser, Kirchengeschichte (1951) 12f. (1477 Jänner 18, Gars) und Schmidt, Kopialbuch 52 (wohl irrig 1477 September 6, Gars). Als Siegler fungierte der „schwager“ des Ausstellers, Kaspar von Roggendorf. Die Rosenburg erwarben die Brüder 1487 von Kaspar von Roggendorf, der im Gegenzug dazu wiederum die öde Burg und das Amt Pöbring von den Brüdern ankaufte, s. Sigmund, Schloß 588, zur Verkaufsurkunde über die Rosenburg (1487 Juli 16, Familienarchiv Hoyos, Horn, Urk. 167) s. ebd. 597, Kat.-Nr. 27.06. In Abschrift bildet sie Nr. 1 des offenbar 1618 angelegten Kopialbuchs der Grabner (Briefprotokollbuch von Pottenbrunn), s. Schmidt, Kopialbuch 3 und 20. Zagging mit allem Zubehör, darunter das Patronat über die Pfarrkirche Kleinhain, kam 1491 von Leopold (III.) von Neidegg zu Ranna an die beiden Brüder, s. Schmidt, Kopialbuch 74f. (1491 April 23). Offenbar hatte Christoph Zagging jedoch schon 1478 als Pfleger der Neidegger verwaltet, s. NÖLA, HS. 78/1, pag. 293.
4) S. Plesser, Kirchengeschichte (1955) 160 und Schmidt, Kopialbuch 53 (1492 April 11, Salzburg). Zu Nennungen Grabners als Pfleger von Arnsdorf s. StiA Herzogenburg, D.2.B.81, fol. 282v-284r (1498 März 7) und StiA Herzogenburg, D. n. 367 (1499 Mai 2), vgl. auch Plesser, Kirchengeschichte (1955) 160f. (1498 Februar 1 und 1499 September 21). Sighart (nach Si OÖ 240: II.) Perger („Abm Perg“ bzw. „Abmper[i]ger“) zu Viehofen und Baumgarten, ein Bruder von Grabners erster Frau, dürfte seinerseits der Nachfolger des N. Lagstainer als Pfleger von Arnsdorf gewesen sein, s. StiA Herzogenburg, K. n. 319a (1482 April 9).
5) S. Plesser, Kirchengeschichte (1932) 436f. (1493 August 11).
6) S. StiA Herzogenburg, H. n. 413f. (1431 April 24, Zagging; Stiftbrief Brigittas von Pöbring und ihrer Kinder und Revers des Kleinhainer Pfarrers Lorenz von Waidhofen vom selben Tag) und 556 (1498 Juni 29; Stiftbrief Christoph Grabners). Die Urkunde von 1431 s. in Abschrift von etwa 1618 auch im Kopialbuch der Grabner, s. Schmidt, Kopialbuch 90 (fälschlich 1431 April 23).
7) S. DASP, Nachlässe 5, Buch B, pag. 95, Dehio Süd 978. Die in Anbetracht der gesamten Konzeption, der übereinstimmenden Schriftformen samt charakteristischen Versalien (etwa G), der Gestaltung der Wappen, Helme und Helmdecken ganz offensichtlich aus derselben Werkstatt stammende Wappengrabplatte des Hans Dachpeck von Greillenstein und der Petronilla Grabner (gest. 1499), der Tochter Christoph Grabners, befindet sich im Chor der Pfk. Röhrenbach, s. ÖKT 5, 469 und Fig. 539. Zur wohl ebenfalls aus demselben Werkstattverband stammenden Platte des Achaz Vindinger und anderen Denkmälern s. Kat.-Nr. 145.
8) S. NÖLA, Hs. 78/3, pag. 584–610 (undatiertes und unbetiteltes Verzeichnis der landständischen Grundherren in den vier Vierteln mit Anführung von Geldbeträgen), hier 596.
9) S. NÖLA, Hs. 66, pag. 2 und NÖLA, Hs. 236/3, pag. 161.
10) S. die Heiratsabrede bei Schmidt, Kopialbuch 53f. (1500 Dezember 14); als Verhandler auf Seite des Bräutigams fungierten Martin von Pottenbrunn und Florian Auer. Die Hochzeit sollte am 10. Jänner 1501 auf Schloß Zagging stattfinden.
11) S. Plesser, Kirchengeschichte (1955) 281f. (1507 April 23) und Schmidt, Kopialbuch 54f. (Kaufbrief und Belehnung durch K. Maximilian I., beides 1509 Juli 21 bzw. 1510 April 29 und Juli 13, Nikolsburg/Mikulov) und 98 (1507 April 23). Im Gegenzug scheinen Christoph und Sebastian Grabner die Burg Harmannsdorf spätestens 1510 an Tierbach verkauft zu haben, s. Fux, Schloß 19.
12) S. StiA Herzogenburg, H. n. 580 (1511 September 7; kollat. Abschrift von 1630) und Schmidt, Kopialbuch 55 (1512 Jänner 27, Wien).
13) S. NÖLA, Landrechtsurk. Nr. 87 (1515 Februar 25; Abschr. M. 16. Jh.) und vgl. NÖLA, Hs. 236/3, pag. 161 und Schmidt, Kopialbuch 45 und 64 (1515 Februar 25) und 56 (1515 Juli 19). Christoph Grabner und Martin von Pottenbrunn waren nicht durch die Verheiratung ihrer Kinder miteinander verschwägert, der Pottenbrunner hatte zudem 1499 Anna, Tochter Sigmund Steinpecks und Witwe nach Stephan Uttendorfer, geheiratet, s. Schmidt, Kopialbuch 46 und 63 (1499 August 22, Pottenbrunn: Anna Steinpeck vermacht ihrem Mann Martin von Pottenbrunn 1500 fl. ung. und die von ihrem ersten Mann Stephan Uttendorfer ererbten Rechte an der Burg Goldegg) und vgl. Kat.-Nr. 110. Annas Cousine Afra Steinpeck wurde nach dem Tod der Hedwig Perger die zweite Frau Christophs, s. oben. Zu älteren Kontakten zwischen Christoph Grabner und Stephan Uttendorfer zu Goldegg vgl. NÖLA, Privaturk. 2873 (1489 Februar 1).
14) S. Schmidt, Kopialbuch 56 (1516 Jänner 25).
15) S. Schmidt, Kopialbuch 65 (1521 Dezember 21, Melk).
16) S. Schmidt, Kopialbuch 37, 49 und 80f. (Verzichtbrief Petronillas zugunsten ihrer Brüder bzw. Heimsteuerwiderlegung Dachpecks, beides 1497 Mai 22, bzw. Testament des Wolfgang Matseber, 1548 Februar 25 und Testament des Hans Dachpeck, 1498 Dezember 10) und unpag. genealogische Falttafel „Die Grabner“.
Literatur

Eppel, Kunst 175 („1557“). – Zotti, Kunst 1, 127 (1557). – Dehio Süd 835.



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 108,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil1/noe-3-obj108.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
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Abbildungen

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Abb. 69: Wandmalerei (1492-1500), Detail
©  ÖAW, Wien, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Fotograf: Michael Malina)