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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

113 Mautern a. d. Donau, St. Pöltnerstr. 10 E. 15. Jh.

Namensinschrift bzw. Besitzernennung, Sandstein, außen an der Straßenseite des Gebäudes. Auf dem rechten Konsolstein des Erkers auf querrechteckiger Schriftfläche eingehauen.

H. (der Schriftfläche) ca. 20 cm, B. ca. 50 cm, Bu. ca. 8 cm. – Gotico-Antiqua.


Textedition
			

E(rhart) kobolta) ·

Anmerkungen
a) das folgende Trennzeichen besteht aus drei rechtwinkelig angeordneten Quadrangeln.

Kommentar

Der Besitzer des gegenständlichen Hauses sowie des nahen, heute den Nordwesttrakt des Rathauses (Rathauspl. 1) bildenden Gebäudes und einer Badstube außerhalb der Stadt in der Nähe des Schlosses, Erhard Kobolt (Chobolt, Khowalt), stammte aus der Mondseer Herrschaft Straßwalchen, hatte vor 1462 das Mauterner Bürgerrecht erworben und war zwischen spätestens 1466 und seinem Tod Stadtrichter von Mautern. Zu nicht näher bekanntem Zeitpunkt (vor 1480 Jänner 27) hatte Kobolt zwei städtische Gesandtschaften in Sachen des Passauer Bistumsstreits und zum ungarischen König Matthias Corvinus unternommen. In seinem in das Kremser (!) Stadtbuch eingetragenen Testament (1498 Februar 18) bestimmte der außergewöhnlich vermögende Erblasser seine Grabstelle in der Mauterner Pfarrkirche unter der Empore zwischen den beiden (von ihm bereits zu einem früheren Zeitpunkt erbauten und bestifteten) Altären zu den Hll. Anna und Maria und forderte eine Beisetzung unter Teilnahme der vier Bruderschaften der Pfarre (St. Stephans-, Unserfrauen-, Fronleichnams- und St. Johannes-Bruderschaft, letztere in Hundsheim), Seelenmessen sollten in den Klöstern der Minoriten in Stein, der Dominikaner in Krems, der Franziskaner in St. Pölten, in Klosterneuburg und im Göttweiger Frauenkloster sowie in der Pfarrkirche Straßwalchen gehalten werden, in der Mauterner Pfarrkirche waren 100 Seelenmessen vorgesehen, insgesamt standen offenbar für 1550 Seelenmessen 93 lb. den. zur Verfügung, weitere 60 Vigilien und 60 Seelämter um 20 lb. den. sollten für ihn und seine beiden verstorbenen Frauen gehalten werden. Weiters stiftete er drei tägliche Messen am Marienaltar auf der Empore (über seiner Grabstelle) und vier Jahrtage und verbesserte die Dotierung des schon früher gestifteten und ein Jahr lang von Kobolts Verwandtem Bernhard Kobolt, Pfarrer von Egelsee, innegehabten Anna-Benefiziums in der Mauterner Pfarrkirche, für das auch ein eigenes Benefiziatenhaus angekauft werden sollte. Das Patronat über das Benefizium sollte laut dem darüber ausgestellten Stiftbrief (1498 Mai 3) – wie meist im städtischen Bereich – nach dem kinderlosen Tod des Stifters an Richter und Rat übergehen. Das einzige höhere Legat an eine Einzelperson – Kobolts Blutsverwandte wurden pauschal mit 100 lb. den., seine dritte Frau nur mit deren Heimsteuer und elterlichem Erbe sowie der nicht anderweitig vermachten Fahrhabe bedacht – galt seinem jugendlichen Diener Hans(l) Strasser.

Aus einer früheren Ehe seiner ersten Frau Elisabeth (mit Heinrich Vilshofer oder Andreas Haider), die in die Verbindung mit Kobolt als vermutlich bereits dreifache Witwe bedeutende Geldmittel einbrachte, stammte (neben einer vorverstorbenen Tochter aus derselben oder einer anderen Ehe) wenigstens eine 1475 im Testament ihrer Mutter bedachte, stumm geborene Tochter Susanna. In zweiter Ehe war Kobolt mit Anna N., in dritter Ehe mit Brigitta N. vermählt, aus allen drei Verbindungen stammten jedoch keine Kinder. Kobolt starb vor 1498 Juli 31).

Während der Anfangsbuchstabe des Vornamens als zeittypischer Versal gestaltet ist, steht der Familienname in einer durch die geringe Strichstärke optisch sehr locker und leicht wirkenden Gotico-Antiqua. Alle Bögen und Schäfte sind frei von Brechungen, die Schaftenden biegen an der Basislinie nach rechts, im Oberlängenbereich (mit Ausnahme der rechtsschräg abgeschnittenen Schäfte von l und t) nach links um, am ehesten zeigt noch das im Vergleich zu den anderen Schäften etwas kurz geratene t mit rechts vom Schaft ansetzendem kurzen Balken gotische Reminiszenzen. O ist moderat breit, wobei das erste o leicht spitzovale Form zeigt, bei b reicht der Schaft bis fast an die Basislinie, um dort relativ scharf in den unteren Bogenabschnitt umzubiegen. K besteht aus hoch angesetztem, zum Schaft zurückgebogenen oberen und durchgebogenem unteren Schrägschaft.

1) Reiches Material zu Erhard Kobolt stellte aus unpublizierten Arbeitsergebnissen freundlicherweise Dr. Gerd Maroli, Mautern, mit Schreiben vom 10. November 2005 zur Verfügung, vgl. auch Fuchs, Urkunden (1901) Nr. 1710 (1466 Jänner 27, Mautern), Ders., Urkunden (1902) Nr. 2006 (1487 April 17, Göttweig), 2122 (1496 Jänner 6, Rom), 2160 (1497 August 25, Rom) und 2204 (1499 Juni 29) und die Regesten bei Plesser, Kirchengeschichte (1998) 147f. 1482 schuldete Göttweig Kobolt 124 lb. den., wie aus den Rechnungsbüchern Abt Erhards hervorgeht; s. die Abschrift in StiB Göttweig, Cod. rot 896 (Dückelmann), unfol. Einlagebl. zwischen fol. 68 und 69, später scheint er den Passauer Bischof Christoph Schachner im Konflikt gegen Abt Matthias (I.) Schat(h)ner von Göttweig unterstützt zu haben. Den Göttweiger Schuldbrief vermachte er den Zeugen seines Testaments, Stephan Volkra, Passauer Rentmeister, und den Krems/Steiner Ratsbürgern Hans Härtl (vgl. Kat.-Nr. 98†) und Hans Pleisteiner. Bei Schweiger, Zauber 349, und Ertel, Bauwerke 9, die unrichtige Angabe des Todesjahrs 1475 für Kobolt. In diesem Jahr wurde das Testament von Kobolts Frau Elisabeth, die noch im selben Jahr starb, im Mauterner Stadtbuch eingetragen, s. Demelius, Stadtbuch 48–50. Zum Grundbesitz Kobolts vgl. auch Fuchs, Urkunden (1901) Nr. 1518f. (1462 September 21) und Ders., Urkunden (1902) Nr. 1831 (1474 September 25, Göttweig), 1854 (1475 November 28, Göttweig). Zum Anna-Benefizium s. auch Demelius, Stadtbuch 104, Anm. 123 und vgl. Thiel/Dungl, Mautern 320.
Literatur

ÖAW, NLH, 30. 8. 1965. – Schweiger, Zauber 349. – Ertel, Bauwerke 9. – Dehio Süd 1383.



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 113,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil1/noe-3-obj113.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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Abbildungen

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Abb. 82: Namensinschrift (E. 15. Jh.)
©  Bundesdenkmalamt, Wien, Fotoarchiv