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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

15 Droß, Schloßkapelle Hl. Georg (vor 1316?)

Wandmalereien mit erklärenden Beischriften, im Chor der Kapelle. Umfangreiches Ausstattungsprogramm des gesamten Chorbereichs, in der Disposition in zwei bis drei Bahnen der architektonischen Gliederung (Fensterleibungen usw.) folgend. Das Programm enthält neben dekora­tiven geometrischen und vegetabilen Motiven u. a. eine Katharinenlegende, christologische Szenen, Heiligenfiguren bzw. Szenen aus Heiligenlegenden, die Sieben Gaben des Heiligen Geistes, das Meßopfer, das Weltgericht und die Darstellungen von Engeln, des Agnus Dei und der Evangelisten­symbole. Beischrift erhalten zur Darstellung eines knienden tonsurierten Priesters in rot/gelbem Gewand bei der Kelchelevation im Zentrum der Chorostwand unter der Fensterzone in einer Dreipaßarkade, auf einer den Konturen des Dreipasses folgenden Schriftleiste schwarz auf weiß aufgemaltI). Unmittelbar darüber eine Kreuzigung mit Stifterpaar unter fialenbekrönten, krabbenbesetzten Dreipaßmaßwerk­bögen beiderseits zu Füßen des Gekreuzigten. Die übrigen Darstellungen der Ostwand alle mit Bezug auf das Altarssakrament bzw. Szenen aus Heiligenlegenden. In den Zwickeln des ersten (westlichen) Gewölbejochs Evangelistensymbole, von drei die Tituli erhalten (II–IV). Zwischen 1954 und 1960 freigelegt und gesichert (Prof. Fritz Weninger u. a.). Gesamtausstattung erhalten, jedoch durch spätere Fenster- und Türeinbrüche der Barockzeit sowie den Einbau eines Sakramentshäuschens im 15. Jahrhundert besonders an der Nordwand beeinträchtigt, die Fehlstellen mit größeren hellen Putzplomben geschlossen. Binnenzeichnung großteils reduziert, Konturierung durchgehend erhalten. Rezente Restaurierung unter Leitung des BDA 2003 als Probearbeit projektiert, Entsalzungsmaßnahmen im Sockelbereich des Chors zum Bearbeitungszeitpunkt im Juli 2005 begonnen1).

Bu. 2–3 cm (I) bzw. 7–8 cm (II und III). – Gotische Majuskel.


Textedition
			

I. + IOHANNES PLEBANVSa) · II. M//ARC//VSb) · III. · MATHEVS · IV. IOHANNES

Anmerkungen
a) Trennzeichen als vollrunder Punkt aufgemalt.
b) von Löwenpranken unterbrochen.

Kommentar

Die bis zur Errichtung eines Neubaus im Ortszentrum 1953 als Pfarrkirche von Droß fungierende Schloßkapelle Hl. Georg bestand im Spätmittelalter aus einem schlichten romanischen Langhaus des 13. Jahrhunderts mit sorgfältig behauenem Quadermauerwerk aus Granit und Konglomeratgestein mit Fugenstrich, dessen ursprünglich halbrunde Apsis um oder bald nach 1300 durch einen zweijochigen gotischen Chor in der Breite des Langhauses mit geradem Ostabschluß ersetzt wurde. Zur malerischen Ausstattung dieser Erweiterung, die sich auch im Langhaus fortgesetzt haben dürfte, gehören die vorliegenden Beischriften.

Das unterhalb des Gekreuzigten kniende Stifterpaar stellt vermutlich die damaligen (Pfand-?)Inhaber der Burg, den aus einer österreichischen Landherrenfamilie stammenden Gundakar Werder (von Werd) von Droß und seine Frau Katharina, Tochter Dietrichs (I.) und Schwester der Brüder Dietrich (II.), Seifried und Heinrich Schenken von Dobra, dar2). Die Darstellung der Katharinenlegende an der Nordwand dürfte damit auch auf die Person der Stifterin Bedacht nehmen. Sollte die Wandmalerei, was anzunehmen ist, noch zu Lebzeiten Gundakar Werders entstanden sein, müßte die Entstehungszeit jedenfalls noch vor dem oben angesetzten Datum liegen, da Gundakar zwischen 1313 September 29 und 1316 Juli 25 starb3). Die prominente Darstellung der Kelchelevation durch den zelebrierenden Priester entspricht der im Mittelalter üblichen Präferenz der Weingestalt in der Eucharistie gegenüber der des Brots4). Wurden in der stilistischen Bewertung und Datierung der Wandmalereien – allerdings für einen Datierungsansatz um 1330 – tendenziell konservative Grundzüge neben progressiveren Merkmalen festgestellt5), weisen auch die Beischriften – zumal für gemalte Inskriptionen – sehr konservative Formen und Gestaltungselemente auf. Die insgesamt relativ wenigen runden Formen, verhältnismäßig geringe Tendenzen zum Auf blähen von Bogenschwellungen und kaum vorhandene Ansätze zur vollständigen Schließung offener Buchstabenteile (selbst unziales E ist nicht immer mit Bogenlinie, sondern durch das lediglich optische „Zusammenwachsen“ der starken dreieckigen Sporen geschlossen), weisen noch eher an den Beginn des Jahrhunderts zurück, worauf bereits Walter Koch hingewiesen hat6).

1) S. König, Denkmalpflegemaßnahmen 274, Beicht, Dross [1], 41f. und Beicht, Dross [2] 121f.
2) S. Weigl, Adel 287, Kat.-Nr. 25.1. Gundakar hatte 1293 zusammen mit Weikhard von Polheim als Mitaussteller einer Verkaufsurkunde seiner Schwäger an das Benediktinerkloster Admont fungiert. 1302 fungierte er als Zeuge einer Urkunde des Ortlieb von Winkl (1302 Oktober 26), 1305 als Urkundenzeuge seines Verwandten Konrad Werder und dessen Frau Elisabeth, s. Weltin, Urkunde Nr. 96 (1305 Mai 27, Wien). 1313 besiegelte er noch eine Verkaufsurkunde der Katharina von Wimberg, die dem Kloster Waldhausen einen Hof bei Droß verkaufte (1313 September 29), spätestens 1316 verkaufte Katharina bereits als Witwe Besitz in Großriedenthal an Ortlieb von Winkel, s. NÖLA, Privaturk. 3803 (1316 Juli 25, Wien), Topographie 2, 362f. (fehlerhaft), Plesser, Kirchengeschichte (1939) 81 und Weigl, Materialien 35 und 41. Zur Familie vgl. auch Weltin, Urkunde Nr. 61 (1295 März 29, Wien) und 96 sowie 96a-c (1305 Mai 27, Wien; 1306 November 11, Wien; 1307 Jänner 8, Wien, 1309 Juni 23). Zu den bei Weigl, Materialien 41, Anm. 140 angeführten Belegen für die Zuordnung der Werder zu den österreichischen Landherren ist etwa auch die Imbacher Urkunde HHStA, AUR 1271 X 30 hinzuzufügen, wo „dominus Hadmarus de Werda, dominus Ulricus de Pilhentorf, Yrenuridus de Puechperch, ministeriales ducis Austrie“ neben anderen als Zeugen einer Urkunde der Minozla, Witwe nach Hadmar von Falkenberg, für ihre wohl in Imbach ins Kloster eintretenden Töchter fungieren, vgl. dazu Zajic, Vorbemerkungen 47, Anm. 41. Auch der zwischen 1277 und 1281 Juni von König Rudolf I. zusammen mit anderen Landherren („terre ministerialibus“) in Landfriedensangelegenheiten nach Wien beorderte „Werdarius“, der zwischen 1279 und 1281 Juni den ungarischen Wein der Bürger von Freiberg an der österreichischen Grenze beschlagnahmt hatte, war zweifellos ein in unseren Rahmen gehöriger Werder, s. Diestelkamp/Rödel, Urkundenregesten 3, Nr. 229 und 237 (Identifikation der Personen mangelhaft).
3) Vgl. Anm. 2 und NÖLA, Privaturk. 107 (1318 Jänner 6, Winkelberg): Katharina, Witwe nach Gundakar Werder von Droß, Heinrich Werder von Merkersdorf sowie Gundakar und Kadolt (d. J.), Söhne des Kadolt (d. Ä.) Werder von Großriedenthal, verkaufen Ortlieb und Elisabeth von Winkl Gülten in Ottenthal, vgl. Weltin, Urkunden (1984) 60–62 (Nr. 112). 1357 Oktober 2, Wien, löste wohl der bereits genannte jüngere Gundakar Werder mit Zustimmung Herzog Albrechts III. um 400 lb. den. seinen „schwager“ Otto von Hohenstein im Pfandbesitz von Droß ab, s. Topographie 2, 362f., Plesser, Kirchengeschichte (1911) 82 und vgl. ebd. 143. Zum ebenso als „swager“ definierten Verwandtschaftsverhältnis zwischen Otto von Hohenstein und Gundakar Werder vgl. auch die Imbacher Urkunde HHStA, AUR 1363 XI 13. 1337 wurde jedoch Konrad Fritzelsdorfer (von Lengenfeld?) nach Droß zubenannt, s. Plesser, Kirchengeschichte (1939) 82 (1337 Mai 20, Wien), und 1367 verpfändete Eberhard (V.) von Wallsee-Linz die Burg (?) Droß an seinen Senftenberger Pfleger Ekhard von Seldenhofen, s. Doblinger, Herren 55 und Plesser, Kirchengeschichte (1954) 94. Weitere Angaben zu den Werdern s. bei Streun, NÖLA, Hs. 5/5, fol. 257r-258v, NÖLA, Hs. 236/7, pag. 169–172 und vgl. NÖLA, Privaturk. 323 (1345 November 28; Kadolt d. J. von Werd) und Hausmann, Neudegger 19 und 23.
4) Vgl. Lechner, Wasser 79.
5) Lanc, Wandmalereien 72f. (um 1330).
6) S. Koch, Paläographie (1968) 25 und Ders., Paläographie (1969) 26.
Literatur

ÖAW, NLH, 10. 6. 1962. – Frodl, Wandmalerei 122 (1. H. 14. Jh.). – Eppel, Wachau 93. – Koch, Paläographie (1968) 25 und Anhang (Nachzeichnung des Alphabets; A. 14. Jh.). – Koch, Paläographie (1969) 26, 38f. und 42 (Nachzeichnung des Alphabets; A. 14. Jh.). – Eppel, Waldviertel 93 (um 1300). – Eppel, Kunst 215 (Abb.; um 1300). – Lanc, Wandmalereien 68–73 (Abb. 108–121, Farbtaf. II, Fig. 7; um 1330). – Kubes, Bauherr 317–331. – Weigl, Adel 287, Kat.-Nr. 25.1 (Farbabb. auf 289). – Dehio Nord 116. – Weigl, Materialien 41. – Bacher, Monumentalmalerei 402 (Abb. 8; um 1330). – http://www.imareal.oeaw.ac.at/realonline (Bild 004711–004722, 1. V. 14. Jh; April 2006). – www.burgen-austria.com/Archiv.asp?Artikel=Droß (Werner Hammerl; Juli 2006). – Beicht, Dross [1] 41f. (Abb.; „um 1330“). – Beicht, Dross [2] 121f. (Abb. 137; „um 1330“).



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 15,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil1/noe-3-obj15.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
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Abb. 15: Wandmalerei (vor 1316?), Detail
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