Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich
Politischer Bezirk Krems
25 |
Haitzendorf, Pfk. Hl. Ulrich |
M. 14. Jh. |
Epitaph des NN., Wandmalerei, im westlichen Chorjoch an der Südwand. In vollrundem Medaillon vor hellblauem Grund ein Vollwappen, umschlossen von einem breiten weißen Ring und zwischen zwei schmalen schwarzen Ringen angeordneter, im Scheitelpunkt einsetzender, schwarz auf weiß aufgemalter Umschrift. Die untere Hälfte des Medaillons überschneidet das nur wenig ältere untere Darstellungsregister einer ursprünglich wohl zweigeschoßigen, jedoch nur mit dem unteren Abschnitt freigelegten sechsteiligen Szenenfolge aus der Passion Christi (von links nach rechts Kreuztragung, Kreuzigung, Kreuzabnahme, Grablegung, Auferstehung und Himmelfahrt) in blaßrot gerahmten Feldern, während der obere Teil des Medaillons ein Feld aus dem ansonsten unter jüngeren Farbschichten liegenden oberen Register (möglicherweise Szenen aus dem Christusleben?) überdeckt. Das Zentrum des Medaillons befindet sich mit dem Helm des Vollwappens an der oberen Rahmenleiste der Passionsszenen, exakt zwischen den Feldern der Grablegung und der Auferstehung. Zwischen 1983 und 1990 freigelegt und restauriert. Durch zahlreiche mit farbig angetönten Putzplomben geschlossene Aufspitzungsspuren beschädigt, Farbigkeit der Passion überwiegend zu Rottönen reduziert, des Epitaphs stark verblaßt, Inschrift in manchen Bereichen völlig verloren. Schriftformen durch Restaurierung beeinträchtigt.
D. 140 cm, Bu. 5–6 cm. – Gotische Majuskel.
Textedition
[A]NNO [D]O[MINI] M[CC]C[– – –]a) O[– – –] D(OMI)[N](V)Sb) HEVc)[ – –
–]S MIṆ d)[– – –]BENe)[– – –
Anmerkungen
Kommentar
Sowohl die Gestaltung des in stark verblaßten Farben erhaltenen Vollwappens (breiter, vorne mit der Federspitze weit aufragender Flug als Helmzier, wuchtiger Kübelhelm in strengem Profil, weitgehend ungegliedert nach hinten abflatternde, sich nur leicht einrollende Helmdecke, rundlicher, gelehnter Dreieckschild) als auch dessen analog zu Darstellungen der Verstorbenen in zeitgenössischen gemalten Epitaphien mehrfach vergleichbare Positionierung in einem vollrunden Medaillon und der – infolge der teils geringen Reste und der erfolgten Restaurierung jedoch nicht überzubewertende – inschriftenpaläographische Befund (Wechsel von runden und kapitalen N-Formen, moderate Bogenschwellungen und mäßige Flächigkeit, geringe Tendenz zum vollständigen Abschließen offener Buchstabenbestandteile) sprechen ebenso wie die Bauzeit des Chors (s. Einleitung S. XXVIII) als terminus post bzw. circa quem für eine Datierung um die Mitte des 14. Jahr hunderts. Die für ein Denkmal des Totengedenkens äußerst sinnfällig gewählte Positionierung des Medaillons an der Schnittstelle zwischen den Bildfeldern mit Grablegung und Auferstehung der Passionsszenen macht klar, daß die Malerei des Epitaphs bedachtsam über die angesichts der Zeitstellung nur wenig ältere malerische Ausstattung des Chors gelegt wurde.
Literatur
Andreas Zajic
Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems
Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Austrian Academy of Sciences Press
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Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich Politischer Bezirk Krems Haitzendorf, Pfk. Hl. Ulrich • Epitaph • Wandmalerei • Gotische Majuskel • Inschriften des Totengedenkens
Abbildungen
Abb. 20: Epitaph (M. 14. Jh.) ©
ÖAW, Wien, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Fotograf: Michael Malina)
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