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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

5 St. Lorenz, Fk. Hl. Laurentius 3. Dr. 13. Jh.

Wandmalerei Hl. Nikolaus und Hl. Jakobus (?) mit Beischriften, an der nördlichen und östlichen Chorwand. Reste eines umfangreichen zweigeschossigen, neben einer zentralen Kreuzigungsszene mit zahlreichen Assistenzfiguren in der unteren Hälfte der Chorostwand (ganz links Schächer am Kreuz, darüber die in den Himmel aufsteigende Seele, links Maria mit Johannes und Maria Magdalena, rechts Frau mit Essigschwamm und zwei Soldaten in ritterlicher Rüstung mit Ringelpanzer und Waffenrock sowie mandelförmigen Schilden, links mit Wappen (in silbernem, rot bordierten Schild ein schwarzer steigender Drache [?]) im oberen Bildstreifen weitere Heiligenfiguren (Apostel?) umfassenden Freskenzyklus im gesamten Chorbereich. Nikolausfigur (im Norden): Unter geometrischem roten Mäanderfries schmales Schriftband mit schwarz auf hellem Grund aufgemalter Beischrift (I), auf den darunter mit den Pontifikalien dargestellten nimbierten Heiligen bezogen. Am linken Rand des freigelegten Felds Reste eines Pedums der anschließenden Heiligenfigur sowie ein Gewandteil sichtbar. Jakobusfigur (im Osten): In der rechten oberen Hälfte der Wandmalerei (unten die Kreuzigungsszene) Fragment eines nimbierten Heiligen in rotem Mantel, darüber Schriftband (II). Gesamte Ausstattung durch Einzug des gotischen Gewölbes und Einbau eines Maßwerkfensters in der Chorostwand im 14. Jahrhundert gestört. Wandmalereien im Chorbereich erstmals 1984 entdeckt, der Ausschnitt mit dem Hl. Nikolaus 2000 unter Leitung des BDA als Musterprobe freigelegt1).

H. (des freigelegten Felds) ca. 180 cm, B. ca. 60 cm, Bu. ca. 7 cm. – Romanische Majuskel.


Textedition
			

I. – – – SANCTVS] NYCOLAVS · S[ANCTVS – – – II. IA[COBVS – – –

Kommentar

Die Existenz der ursprünglich auf eine hölzerne Flachdecke bezogenen Fresken im Chorbereich sowie neue baugeschichtliche und dendrochronologische Befundungen, die u. a. für die Schalungsbretter des Turmhelms der Kirche das Schlägerungsdatum Winterhalbjahr 1284/85 ergaben, widerlegen die ältere Annahme, der quadratische Chorbau sei erst um 1409 an das romanische Langhaus angefügt worden2).

Über Auftraggeber bzw. Stifter der hochqualitativen malerischen Ausstattung herrscht Unklarheit. Da die nördliche, romanische Langhauswand der Kirche auf den Grundmauern eines wohl aus dem 4. Jahrhundert stammenden spätantiken Burgus aufsteht, wäre an den Inhaber des im Mittelalter vielleicht als festes Haus benutzten Baus, als dessen Kapelle die Kirche möglicherweise entstanden war, zu denken. Über Entstehung und Frühgeschichte der Kirche liegen jedoch bislang keine Untersuchungen vor. Da in Rossatz und dem zugehörigen St. Lorenz ab spätestens 1280 Leutold (I.) und sein Bruder Heinrich (VI.) von Kuenring die Herrschafts- und Gerichtsrechte als früher babenbergisches Lehen, nun Reichslehen ausübten3), wäre vielleicht mit Vorsicht an einen kuenringischen Klienten zu denken.

Die locker gesetzten, überwiegend breiten Buchstaben weisen bei insgesamt recht ausgeprägter Flächigkeit kräftige Bogenschwellungen und Schaftverstärkungen auf. Die Gestaltung der freien Schaft- und Bogenenden mit leicht durchgebogenen, breiten Haarstrichen wirkt tendenziell konservativ, lediglich bei S sind teilweise kräftige dreieckige Serifen ausgebildet. C ist mit leicht durchgebogenem Haarstrich geschlossen, während S offen bleibt, auch der Haarstrich am Balken von L zieht noch nicht gegen die Buchstabenmitte. A erscheint in pseudounzialer Form mit mächtiger Bogenschwellung des linken Schrägschafts und weist einen mit Bogenschwellung versehenen beidseitig überstehenden Deckbalken auf. Für den zu erschließenden Datierungsansatz charakteristisch ist auch der konservative, analog zum handschriftlichen Usus der Minuskel über Y gesetzte Punkt an der Oberlinie.

1) S. Sackmauer, St. Lorenz 237f. (Abb. 268) und vgl. Aichinger-Rosenberger/Woldron, Rossatz (unpag., mit Abb.).
2) So etwa noch bei Zotti, Kunst 1, 275. Vgl. zur Baugeschichte von St. Lorenz jetzt Aichinger-Rosenberger/Woldron, Rossatz (unpag.).
3) Die beiden obengenannten Brüder wurden 1280 von König Rudolf I. gegen Verzicht auf die Burg Ried im Pfandbesitz der Stadt Zwettl bestätigt und mit dem Dorf Rossatz belehnt und versicherten im selben Jahr mit Zustimmung Rudolfs die Morgengabe und Heimsteuerwiderlegung ihrer Frauen Agnes und Adelheid von Feldsberg auf ihren Reichslehen in Drösing, Kettlasbrunn, Eichhorn und Rossatz, s. Böhmer, Regesta Imperii VI/1, Nr. 1213f. (1280 Juli 21 und 26, Wien).
Literatur

Zotti 1, 275. – Sackmauer, St. Lorenz 237f. (Abb. 268). – Dehio Süd 1938. – Aichinger-Rosenberger/Woldron, Rossatz (unpag., Abb.).



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 5,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil1/noe-3-obj5.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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Abbildungen

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Abb. 5: Wandmalerei (3. Dr. 13. Jh.), Detail
©  ÖAW, Wien, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Fotograf: Michael Malina)