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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich
Politischer Bezirk Krems
64 |
Schönberg a. Kamp, Pfk. Hl. Agnes |
1384/1444 |
Wappengrabplatte des Hans von Schönberg und des Jörg (Georg) Königsberger, roter Marmor, innen an der Chornordwand im zweiten Joch, unmittelbar rechts neben Kat.-Nr. 483, ursprünglich im Boden des Chors, spätestens 1907 und noch 1986 außen an der südseitigen ehem. Friedhofsmauer. Über einem stark verzogenen, offenbar einer Beschädigung der Steinoberfläche an der rechten unteren Ecke ausweichenden Vierpaßfeld mit zwei aneinandergelehnten Wappenschilden zehnzeilige Inschrift, Z. 9 am rechten Rand der Platte mit zwei senkrecht stehenden Wörtern neben dem Vierpaß fortgesetzt. Unterer Plattenrand und rechte untere Ecke weg- bzw. ausgebrochen, Oberfläche abgetreten und teils stark verwittert. 1990 restauriert (Erich Pummer, Rossatz).
H. 226 cm, B. 113 cm, Bu. 7,5 cm. – Gotische Minuskel mit Versalien.
Textedition
Anno d(omi)ni m ccc lxxxiiiia) iar / an Sand merten tag ist Ge/storben der Edel
herr vnd · / freyher hanns vo(n) schonb/erg dem got genadb) / Anno d(omi)ni
m cccc xliiij ist ge/storben der edel vnd vest h(e)r / her Jorig kvnigsp(er)ger des
/ S[v]ntags vor sand kolm//ans [t]a[g]c) // dem got genad
Anmerkungen
Daten: 1384 November 11; 1444 Oktober 11.
Wappen: Schönberg1); Königsberger2).
Kommentar
Hans von Schönberg war der ältere Sohn Reinprechts (II.) und der Katharina von Schönberg, geb. von Freiberg. Gemeinsam mit seinem Vater hatte Hans 1353 die Hälfte der Burg Schönberg samt Zubehör vom nachmaligen steirischen Erbtruchsessen Chol von Seldenhofen und dessen Frau Elisabeth von Winkl, der Witwe Alberos (II.) von Schönberg, um 1000 lb. den. gekauft. 1355 vermachten Chol und Elisabeth auch die zweite Hälfte testamentarisch Reinprecht und Hans, die Besitzrechte waren jedoch noch 1369 zwischen Hans von Schönberg und Chol von Seldenhofen strittig. Da Hans die im Erbweg übernommenen Schulden trotz eines um 1373 beim Hofjuden Herzog Albrechts III., David Stewzz, aufgenommenen Kredits über 900 lb. den. unter Verpfändung der Burg Schönberg samt Zubehör nicht begleichen konnte, fiel Schönberg schließlich nach Hans’ kinderlosem Tod von dessen Erben 1388 über Stewzz als Gläubiger an den Landesfürsten. Im Folgejahr urteilte ein Schiedsgericht von großen Herren (Hermann und Wilhelm Grafen von Cilli, Rudolf von Wallsee, Johann und Ulrich von Liechtenstein) unter dem Vorsitz Bischof Bertolds von Freising in der Auseinandersetzung zwischen den Schönberger Erben, vor allem Hans von E(h)r(e)nfels, und Herzog Albrecht IV. Hans’ Witwe Anna, Tochter des Konrad (III.) von Ebersdorf, die er als Witwe nach ihrem zweiten Mann Friedrich von Pottendorf spätestens 1369 geheiratet hatte, stiftete noch 1389 einen Jahrtag in Säusenstein, der auf einem Haus und Weingarten in Klosterneuburg versichert war.
Die von Wilhelm Wattenbach als Kalendarium Zwetlense edierten Aufzeichnungen überliefern zum 10. November 1387 die Ermordung eines namentlich nicht näher bezeichneten Schönbergers während der Vesper in der Pfarrkirche Schönberg durch Diener der Herren von Maissau, eine Nachricht, die trotz der abweichenden Datierung der Inschrift zurecht auf Hans von Schönberg bezogen wurde3). Das auf der Platte fälschlich eingehauene Sterbejahr 1384 ist – auch angesichts der beträchtlichen zeitlichen Differenz zum Anfertigungszeitpunkt – möglicherweise auf einen Abschreibefehler nach einer handschriftlichen Vorlage zurückzuführen.
Die zum Niederadel des Pittener Gebiets gehörenden Königsberger erscheinen erst in den vierziger Jahren des 14. Jahrhunderts häufiger in Urkunden, oft als Burggrafen der Pottendorfer auf Krumbach oder als landesfürstliche Amtsträger, und stiegen im 15. und 16. Jahrhundert zu einem der vermögendsten Adelsgeschlechter des südlichen Niederösterreich auf. Neben mehreren Burgen im Pittener Gebiet gelangte auch Schönberg, nach dem Aussterben der Schönberger landesfürstliches Lehen bzw. zunächst Kammergut, durch Ankauf von den Eckartsauern um 1430 in ihren Besitz4). 1432 kaufte Jörg (Georg) Königsberger zu Schönberg zusammen mit seinen älteren Brüdern Konrad (d. J.), Hans und Dietmar und ihrem „vetter“ Erhard Königsberger die aus der Erbmasse nach Niklas Seebeck zu Seebenstein stammende freieigene Burg Seebenstein samt umfangreichem Zubehör um 3600 lb. den. von Jörg von Ruckendorf und Erhard Doss, Forstmeister in Österreich, die als Gerhaben des unvogtbaren Hans Stickelberger agierten, sowie mehreren anderen Erben Seebecks an5). 1422 war er zusammen mit seinen Brüdern Koloman, Hans und Dietmar Inhaber von Thomasberg und richtete an der dortigen Burgkapelle pfarrliche Rechte ein, 1439 wurde ihm von König Albrecht II. zusammen mit seinen Brüdern Konrad (d. J.), Hans und Dietmar die Burg Schwarzenbach, zuvor im Pfandbesitz Konrads, auf Lebenszeit des Landesfürsten bzw. bis zur Vogtbarkeit von dessen Söhnen als Eigen ausgegeben6).
Jörgs Witwe Anna kaufte 1448 ein Haus am Kremser „Korngrieß“ (heute Körnermarkt) vom Zöbinger Pfarrer (und Kremser Katharinen-Benefiziaten) Thomas Polan7).
Die hinsichtlich der Schriftausführung völlig homogen gestaltete Platte wurde erst anläßlich des Todes des Jörg Königsberger hergestellt, dessen Sterbevermerk stellt also keine Sekundärbeschriftung eines älteren, für Hans von Schönberg angefertigten Denkmals dar8). Möglicherweise wurde mit der auf dem Stein an erster Stelle angebrachten Sterbeinschrift des Hans von Schönberg jedoch die Inschrift einer älteren, im Zuge der Bestattung von 1444 aber zerstörten Platte in veränderter Form wiederaufgenommen. Für eine originale Sterbeinschrift aus der Zeit um 1387 würde im Bearbeitungsgebiet jedenfalls noch eine lateinische Beschriftung zu erwarten sein. Vermutlich sollte die gemeinsame Nennung der beiden Verstorbenen auf einem Inschriftenträger der intendierten Anknüpfung der Königsberger an die früheren hochadeligen Inhaber von Schönberg Rechnung tragen.
An der mit gering bemessenem Ober- und Unterlängenbereich ausgeführten Inschrift sind die beiden unterschiedlichen A-Versalien, das vollständig im Mittelband verbleibende d und der im Unterlängenbereich weit nach rechts ausholende untere Bogen des g bemerkenswert.
Literatur
Andreas Zajic
Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems
Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Austrian Academy of Sciences Press
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Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich Politischer Bezirk Krems Schönberg a. Kamp, Pfk. Hl. Agnes • Wappengrabplatte • roter Marmor • Gotische Minuskel mit Versalien • Inschriften des Totengedenkens •
Albrecht II. •
Albrecht III. •
Albrecht IV. •
Cilli, Hermann •
Cilli, Wilhelm •
Doss, Erhard •
Ebersdorf, Anna •
Ebersdorf, Konrad III. •
Eckartsau •
Eckartsau, Leopold •
Ernfels, Hans •
Freiberg, Katharina •
Fronauer •
Königsberger, Dietmar, Erhard, Hans, Jörg, Koloman, Konrad •
Liechtenstein-Nikolsburg, Ulrich •
Maissau •
Polan, Thomas •
Pottendorf •
Pottendorf, Friedrich •
Ruckendorf, Jörg •
Schönberg, Albero III., Hans, Katharina, Reinprecht II. •
Seebeck, Niklas •
Seldenhofen, Chol •
Stewzz, David •
Stickelberger, Hans •
Turs von Lichtenfels, Johanna •
Turs von Lichtenfels, Reinprecht •
Wallsee, Rudolf •
Wattenbach, Wilhelm •
Wehing, Bertold •
Winkl, Cimburg •
Winkl, Elisabeth •
Wurmbrand •
Klosterneuburg •
Krems a. d. Donau •
Krumbach •
Pitten •
Säusenstein, Zisterzienserkloster •
Schönberg a. Kamp •
Schwarzenbach •
Seebenstein •
Thomasberg
Abbildungen
Abb. 46: Grabplatte des Hans von Schönberg und des Jörg Königsberger (1444) ©
ÖAW, Wien, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Fotograf: Michael Malina)
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