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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

84 Rastbach, Pfk. Hl. Pankraz 1476

Wappengrabplatte des Tobias von Ror, roter Marmor, im Chor als Fundament des Volksaltars im Boden, noch 1968 vor dem Hochaltar im Boden. Die Umschrift rahmte vor der Sekundärverwendung ein leicht vertieftes Feld mit Vollwappen, der gesamte Stein war bereits 1907 stark abgetreten und durch mehrere Sprünge beschädigt, die linke obere Ecke ausgebrochen. Das Wappenfeld im Zuge der Sekundär­verwendung nach 1968 völlig auszementiert und mit Kunststoffolie überzogen. Gesamter Stein etwa seit Ende der 1990er Jahre unter Teppichbelag unzugänglich.

H. 228 cm, B. 115 cm, Bu. 7 cm. – Gotische Minuskel mit Versalien.

Textwiedergabe nach Kombination mehrerer kopialer Überlieferungen (s. Variantenapparat).


Textedition
			

[An(n)o d(omi)ni mcccclxxvi / ist gestorb]en der Edel Herr her [Tob]ias von Ror / am Freitag vor sannd / mar[ia Magdalena tag und leit] hie begrabena)

Anmerkungen
a) a) ÖAW, NLH, 8. 5. 1965: ano d(omi)ni [– – –] / [– – –] gestorben der Edel Herr her T[.]mas von Ror / am Freitag vor sannd / maria Magdalena [..] und leit hie begraben; Adamek, Grabdenkmäler Kat.-Nr. 23: Anno d(o)m(ini) [– – –] / gestorben der edl Herr her To[..]ias von Ror / am freitag vor sannd / maria magdalena vnd leit hie begraben. ÖKT 1, 346 bringt als Stand von 1907 bei ansonsten völlig unbrauchbarer Transkription zusätzlich die Jahreszahl 1476, die auf der Platte jedoch kaum in arabischen Ziffern ausgeführt gewesen sein dürfte.

Datum: 1476 Juli 19.

Wappen: Ror1) (verloren).


Kommentar

Die Genealogie des ursprünglich bayerischen Ministerialengeschlechts der Rorer (nach der Herrschaft [Unter-]Rohr auch Rohrer, zu unterscheiden von den niederösterreichischen Herren von Rohr), die im frühen 14. Jahrhundert mit Leonstein einen Sitz im oberösterreichischen Steyrtal erwarben, ist unzureichend geklärt2).

Die im folgenden angeführten urkundlichen Belege dürften sich auf zwei verschiedene Personen, einen älteren und einen jüngeren Tobias von Ror beziehen, die jedoch vorerst nicht immer voneinander zu trennen sind. Wohl der ältere der beiden war ein Sohn des Wolfgang von Ror auf Leonstein, der jüngere ein Sohn des Wilhelm von Ror und der Barbara von Kuchl3). Aus Tobias’ (d. Ä.) Ehe mit der 1437 bereits verstorbenen Katharina, Tochter des Hans von Lichtenegg und der Anna von Winden, stammten die Kinder Hans, Albrecht und Margarete. 1449 hatte er die Herrschaft Rastbach von Albrecht von Jeispitz gekauft4). Tobias von Ror war 1427 Inhaber von Schrattenthal, seit spätestens 1446 auch der Burg Ottenstein, in der er 1448 in Zusammenhang mit einer Fehde von einem landesfürstlichen Aufgebot belagert wurde, und die offenbar spätestens 1482 im Besitz seines Sohnes Albrecht war5). 1449 verkaufte er sein Haus in der Wiener Strauchgasse, neben dem Haus des Ulrich von Schönberg und vor dem Haus des Abtes von Admont gelegen, an den Inhaber des Göttweiger Brandhofs in Niederranna, Jörg Prantner, um 100 lb. den.6) und verkaufte seinen Viertelweinzehent in Schildberg und Gülten in Streulage in der Gegend um St. Pölten an Albrecht von Ebersdorf7). 1451 waren er und seine Verwandten, die Brüder Georg und Wilhelm von Ror, Mitglieder des Mailberger Bunds8). 1460 einigte sich Tobias (d. Ä. oder d. J.?) mit seinem Vetter Jörg, Sohn des Bernhard von Ror, auf eine Erbteilung der bis dahin gemeinschaftliche besessenen Güter9). Tobias (d. Ä.) starb vor dem 15. Februar 1466, da zu diesem Datum bereits sein „vetter“ Wolfgang von Ror als ältester des Geschlechts Rorer Lehen ausgab10). Gertr(a)ud von Ror, eine Schwester Tobias’ (d. J.) war die Gemahlin des Lienhard (Leonhard) Arberger. Der letzte Vertreter des Geschlechts, Albrechts Sohn Christoph von Ror, 1502 mit Ottenstein belehnt, starb wohl zwischen 1516 Mai 26 und August 2211).

1) Wohl: durch Zinnenschnitt gespalten, vgl. Si OÖ 297 und Taf. 79 und NÖ 1, 381 und Taf. 213f. sowie NÖLA, Hs. 236/5, pag. 388.
2) Vgl. knapp Si OÖ 297–299, die umfangreiche, aber ungeordnete Belegsammlung zu den Rorern bei Streun, NÖLA, Hs. 5/3, fol. 183–195, weitere Angaben in NÖLA, Hs. 236/5, pag. 388–395, einzelne Nachrichten zu Wilhelm von Ror um 1390/92 bei Doblinger, Herren 82f.
3) Vgl. Si OÖ 299, Aspernig, Haus 42–45 und Ders., Veränderungen 441f.
4) NÖLA, Hs. 78/1, pag. 419f., NÖLA, Hs. 236/5, pag. 391f. und Si OÖ 299. Dagegen gibt Plesser, Kirchengeschichte (1932) 620 den Anfall von Rastbach an Albrecht von Ror durch den Tod des letzten Lichteneggers, Wulfing, um 1455, an.
5) S. NÖLA, Hs. 461, pag. 32f., Buberl, Kunstdenkmale 66, Plesser, Ottenstein 597 und Gutkas, Bund 366. Albrecht von Ror, Vinzenz Stodoligk zu Waldreichs und Wilhelm von Missingdorf bestellten 1477 einen gemeinsamen Huldigungsmeister für gemeinschaftlich geführte Fehden, s. OÖLA, Herrschaftsarchiv Freistadt Urk. 59 (1477 Mai 27) und vgl. Buberl, Kunstdenkmale 66 und Brunner, Land 87f. Nach Ottenstein zubenannt erscheint Albrecht von Ror spätestens in NÖLA, Privaturk. 3236 (1482 August 26). 1493 besiegelte er eine Jahrtagstiftung in der Pfk. Döllersheim, 1497 gab er mehrere wohl zur Herrschaft Ottenstein gehörige Lehen an seinen „dienner“ Wolfgang Zopf aus, s. NÖLA, Herrschaftsarchiv Ottenstein/Lamberg, Urk. 48 (1493 April 10) und NÖLA, Privaturk. 3432 (1497 April 14), vgl. NÖLA, Hs. 236/5, pag. 395.
6) Quellen zur Geschichte der Stadt Wien 1/1, Reg. 528 (1449 Dezember 17, Wien).
7) S. NÖLA, Privaturk. 2678 (1449 Mai 20, Wien).
8) S. NÖLA, Hs. 236/5, pag. 393 und Gutkas, Bund 81 und 365f.
9) S. Plesser, Ottenstein 597 (1460 April 30). Zu Georg von Ror zu Sonnberg und Bisamberg und seiner Rolle im Mailberger Bund von 1451 vgl. Gutkas, Bund 72, 357 und 365.
10) S. NÖLA, Privaturk. 2994 (1466 Februar 15), vgl. NÖLA, Hs. 236/5, pag. 394.
11) S. OÖLA, Schlüsselberger Archiv (Sammlung Hoheneck) Hs. 5/3 (Reichard Streun von Schwarzenau, Manuscriptum Genealogicum), pag. 266–276 bzw. NÖLA Hs. 5/3, fol. 189v-190v, NÖLA, Hs. 236/5, pag. 395 und Plesser, Ottenstein 599.
Literatur

ÖKT 1, 346 („Thomas Rorer“). – Riesenhuber, Kunstdenkmäler 245. – Plesser, Kirchengeschichte (1932) 621 (Thomas Rohrer). – ÖAW, NLH, 8. 5. 1965. – Adamek, Grabdenkmäler (1968) 18f. und Kat.-Nr. 23.



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 84,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil1/noe-3-obj84.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
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