Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich
Politischer Bezirk Krems
94 |
Straß i. Straßertale, Placher-Kellerg. |
1489 |
Steinkreuz („Gerichtskreuz“ oder „Schwertkreuz“, Sühnekreuz bzw. Totenleuchte?) mit historischer Nachricht, Segenswunsch und Setzungsvermerk, Sandstein, in der Placher-Kellerg. neben Haus Nr. 221 auf einer Böschung stehend, vor 1979 etwa 350 m weiter nördlich in einem Hohlweg. Vierseitiger Pfeiler, mit Ausnahme der würfelförmigen Basis und der Kapitells allseitig zu achseitigem Schaft abgefast, über breit ausladendem unterkehlten Gesims mit gedrückten Rundbögen erneuerter prismatischer Tabernakelaufsatz mit seichten Rundbogennischen (an der Hinterseite ungegliedert), erneuertes pyramidales Dach mit bekrönendem alten Steinkreuz. An der straßenzugewandten Seite des Pfeilers auf Länge der Abfasung Schwert mit nach unten weisendem Ort in Konturlinien eingehauen, darüber und darunter sowie beiderseits der Klinge 26-zeilige Inschrift, davon Z. 4 bis 21 meist nur aus je einem Buchstaben zu beiden Seiten des Schwerts bestehend, zwei weitere Zeilen auf der rechten Seite der Basis auf Höhe von Z. 21 und 22 weitergeführt. Inschrift erhaben in vertieften Schriftleisten gearbeitet, die Oberfläche des Steins als schmale rahmende Leiste im Zeilenzwischenraum sowie vereinzelt innerhalb der Zeilen als senkrechter Steg nach den Trennzeichen. An den oberen Enden der abgefasten Kanten der Schauseite beiderseits des Schwertgriffs zwei eingehauene Werkzeuge (Praxen?). Nach Beschädigung von etwa 1920 (Verlust des ursprünglichen Tabernakelaufsatzes) Aufsatz 1979 erneuert (Josef Schreibbauer), Denkmal (rezent?) restauriert. 1907 deutliche Reste von heute verschwundener sekundärer Polychromierung erkennbar.
H. ca. 400 cm (gesamt), B. (des Schafts) 40 cm, Bu. 5,5–6,5 cm. – Gotische Minuskel mit Versal.
Textedition
Anno · d(omi)ni · / m · cccc · lx/xx//ix · / i//a/r // · / i//st · / [e]//r/
st//o/c//h/e//n / · / w/a//r/d//e/n // · / p//a/u//l · / r//a/s//m/a//n / · // a/n
// · / [s]and · steff/ans · aben(t) / · dem · go[t] · g/[e]nedig · sei · / [d]as · hat ·
la/s[sen] · ma[c]he/n · der · iorig / · smolla) ·
Anmerkungen
Kommentar
Der Pfeiler wurde nach der in der älteren Literatur stets fehlerhaft gelesenen Inschrift (etwa „gestorben“ statt erstochen, „vasman“ statt rasman) offensichtlich zum Gedenken an den gewaltsam zu Tode gekommenen Paul Rasman (Rosmann) errichtet. Ob der Errichter des Denkmals, Jörg Schmoll, zugleich auch der Totschläger war, sodaß eine Funktion als Sühnekreuz vorliegt, ist unklar. Ebenso offen bleibt die Frage, ob die beiden oben am Schaft eingehauenen Praxen oder Fleischerhacken die Tatwaffe (vgl. jedoch demgegenüber die Formulierung: erstochen) darstellen oder lediglich Handwerkzeug als Attribute eines der an Bluttat oder Denkmalsetzung Beteiligten wiedergeben1). Möglicherweise hatte der verlorene Aufsatz ursprünglich keine bildliche Darstellung getragen, sondern in einer Funktion als Totenleuchte ein auf Kosten des Totschlägers zu unterhaltendes Licht aufgenommen.
Die Inschrift scheint mitunter eine hochstilisierte Bandminuskel nachahmen zu wollen.
Literatur
Andreas Zajic
Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems
Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Austrian Academy of Sciences Press
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Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich Politischer Bezirk Krems Straß i. Straßertale, Placher-Kellerg. • Steinkreuz • Nachricht • Segenswunsch • Setzungsvermerk • Sandstein • Gotische Minuskel mit Versal • Inschriften des Totengedenkens •
Rasmann, Paul •
Schmoll, Jörg •
Haslach a. d. Mühl
Abbildungen
Abb. 63: Steinkreuz (1489) ©
Bundesdenkmalamt, Wien, Fotoarchiv
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