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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

127 Großheinrichschlag, Pfk. Hl. Johannes d. T. 1502

Wappengrabplatte des Jörg (Georg) Heidelberger zu Heinrichschlag, roter Marmor, innen an der Nordwand der nördlichen Seitenkapelle im ersten Joch. Unter sechszeiliger Inschrift in leicht vertieftem Rundbogenfeld ein Vollwappen. Inschrift in Resten (sekundär) vergoldet (?) oder stark verschmutzt.

H. 172 cm, B. 86 cm, Bu. 5 cm. – Gotico-Antiqua.


Textedition
			

Hiea) leit b͜egrab(e)n d͜er Ed͜el vnd / v͜est Jorg hayd͜elb͜erger zu / hainrichschlag d͜er starb Am / Erchtag nach gotzleichnams/tag · 1502b) · d͜em got genadc) / Amend)

Anmerkungen
a) H eigentlich Gemeine, nur durch vorangestellten Zierhaken als Versal ausgewiesen.
b) Jahreszahl zwischen zwei kurzen waagrechten Bogenabschnitten als Trennzeichen.
c) folgt tildenartiges Füllzeichen.
d) Wort zwischen zwei ornamentalen Zierzeichen, Verbindungsbogen des n weit geschwungen, der rechte Schaft zum bis in den Unterlängenbereich auslaufenden Schwellzug umgeformt.

Datum: 1502 Mai 31.

Wappen: Heidelberger1).


Kommentar

Angehörige der niederadeligen Familie der Heidelberger sind im Lauf des 15. Jahrhunderts in vielen Orten des Waldviertels und der Wachau nachweisbar.

Zusammen mit seinem Bruder Wolfgang, Inhaber von Droß (s. Kat.-Nr. 137), hatte Jörg Heidelberger 1492 Wiguleius Fellabrunner 1000 fl. ung. geliehen2). Von Wolfgang hatte Jörg auch nicht näher genannte „sachen“ erhalten, die er 1500 um 100 lb. den. an Fellabrunner verkaufte3). 1494 besiegelte er den Kauf brief Leopolds (III.) von Neidegg zu Ranna (s. Kat.-Nr. 161) an dessen Verwandten Martin von Neidegg4). Gegen Ende des 15. Jahrhunderts hatten die Heidelberger von (Groß-)Heinrichschlag (das ehemalige Schloß bzw. Meierhof seit 1795 aufgeteilt in die heutigen Häuser Großheinrichschlag Nr. 29, 30 und 31) 15 lb. den. an Gült oder ständischen Kontributionen zu entrichten5). Im Jahr 1500 wurde Jörg auch mit dem festen Sitz Himberg belehnt, den er vom kurzzeitigen Inhaber Wenzel Nersichgern (s. Kat.-Nr. 148†) gekauft hatte6).

Der jüngere (?) Sohn Jörgs, Christoph Heidelberger zu (Groß-)Heinrichschlag, wurde nach dem Tod des Vaters 1513 zusammen mit seinem älteren (?) Bruder Hans Sebastian, 1523 allein mit dem väterlichen Erbe Himberg belehnt7). 1521 besaß er offenbar verschiedene Gülten (wohl überwiegend Dienste von behaustem Gut) in Weißenkirchen, die summarisch als sein Weißenkirchener „Amt“ bezeichnet wurden8). 1527 besiegelte er den Stiftbrief des Christoph von Neidegg an die Pfarre Lichtenau9). Die Familie starb mit der Drosser Linie in beiden österreichischen Erzherzogtümern noch vor 1574 aus10).

Die Platte stammt ganz offensichtlich ebenso wie die zeitlich naheliegende des Wolfgang Heidelberger (Kat.-Nr. 137) aus der Passauer Werkstatt des Jörg Gartner11). Zu den stilistischen und inschriften­paläographischen Merkmalen s. den dortigen ausführlichen Kommentar.

1) Geviert: 1 und 4 gespalten und durch eine Scharte geteilt; 2 und 3 aufspringender Eber; geschlossener Helm; geschlossener Flug mit Bild des Schilds, vgl. Kat.-Nr. 137. Das in NÖLA, Hs. 236/3, pag. 956 als „alt wappen“ abgebildete Wappen ist keinesfalls das der Heidelberger, auch bei Si NÖ 1, 177 (Haydelberger zu Dross) und Taf. 84 wird ein anderes Wappen angegeben.
2) S. Schmidt, Kopialbuch 51 (1492 Juli 13; Schuldverschreibung Fellabrunners).
3) S. Schmidt, Kopialbuch 42 (1500 Dezember 12).
4) S. NÖLA, Landrechtsurk. Nr. 50 1/2 (1494 Jänner 8).
5) S. NÖLA, Hs. 78/3, pag. 584–610 (undatiertes und unbetiteltes Verzeichnis der landständischen Grundherren in den vier Vierteln mit Anführung von Geldbeträgen), hier 599. Zum ehemaligen Schloß bzw. Meierhof (Groß-)Heinrichschlag s. Fux, Land 96, 98 (Abb.) und 586.
6) S. Plesser, Kirchengeschichte (1932) 271f. (Belehnung 1500 November 16) und Fux, Land 77.
7) S. Plesser, Kirchengeschichte (1932) 271f. und Fux, Land 77 und 91.
8) S. Plesser, Kirchengeschichte (1951) 577 (1521 November 23).
9) S. eine im Original verlorene Urkunde im Schloßarchiv Brunn a. Walde, Urkunde 12 (1527 Dezember 29), Mikrofilm in NÖLA, Brunn am Walde Urkunde 1/12, vgl. Zajic, Aeternae Memoriae Sacrum, Reg. 157.
10) S. NÖLA, Hs. 78/3, pag. 677.
11) Werkstattzusammenhang richtig hergestellt bei Adamek, Grabdenkmäler (1968) 38f., und Dems., Grabdenkmäler (1969) 48f.
Literatur

Tschischka, Kunst 100. – ÖKT 1, 166. – Riesenhuber, Kunstdenkmäler 267. – ÖAW, NLH, 17. 4. 1962. – Adamek, Grabdenkmäler (1968) 38f. und Kat.-Nr. 36 (Abb. 33). – Adamek, Grabdenkmäler (1969) 48f. – Zotti, Kunst 2, 329. – Dehio Nord 334. – Fux, Land 91 (fehlerhafte Transkription; Abb.) und 327f. (fehlerhafte Transkription). – Liedke, Marginalien 52 (Abb. 13). – Zajic, „Zu ewiger gedächtnis aufgericht“ 236 (Anm. 482).



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 127,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil2/noe-3-obj127.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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Abbildungen

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Abb. 83: Grabplatte des
Jörg Heidelberger (1502)
©  ÖAW, Wien, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Fotograf: Michael Malina)