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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

143 Gobelsburg, Pfk. Mariä Geburt 1510

Glocke mit Segenswunsch, Gebetsanrufung und Gießername, im Turm der Pfarrkirche. Am Hals zwischen zwei Stableisten umlaufende Inschrift (I), unter deren Beginn Relief Kruzifixus an einem Astkreuz mit Maria und Johannes, rechts davon Gießername (II), unter maria und mala zwei weitere Reliefs mit dem Gekreuzigten. Die Kronenbügel mit Zopfmuster versehen.

H. 82 cm (mit Krone 106 cm), D. 103,5 cm, Bu. 4 cm. – Gotische Minuskel.


Textedition
			

I. + pax · chr(ist)ia) · et · ecc(lesi)e · o · maria · pia · protege · nos · a malab) · avra · anno · decimoc) II. hans

Anmerkungen
a) Nomen sacrum, Bestand: xpi mit waagrechtem paragraphzeichenförmigen Kürzungszeichen oberhalb der rahmenden Leiste.
b) beide Wörter indistinkt.
c) als Trennzeichen sechsstrahlige Sterne.

Der Friede Christi und der Kirche. O heilige Maria, behüte uns vor übler Luft (der Pest). Im Jahre (15)10.


Kommentar

Der inschriftlich genannte Vorname wurde in der älteren Literatur unter Annahme eines Gußjahrs 1510 auf einen angeblich zum Jahr 1498 belegten Kremser Glockengießer dieses Namens bzw. alternativ unter Datierung der Glocke zu 1410 auf den Wiener Ratsbürger und Meister dieses Namens (Hans von Eichstätt) bezogen1).

Die Ornamentik der Glocke, die Gestaltung des kleinen Reliefs an der Flanke und die Schriftformen legen jedoch eine Auflösung der Datierung nach der Minderzahl zu 1510 nahe.

Die aus locker gesetzten, mäßig breit proportionierten Einzelformen zusammengesetzte Inschrift wurde mit großer Disziplin und einigem schriftgestalterischem Anspruch ausgeführt. So laufen die meisten Haarzierstriche in kleine tropfenförmige Verdickungen aus, an den weit ausgezogenen Ecken der Quadrangeln finden sich, besonders an der Basislinie des Mittelbands, winzige Tröpfchen angesetzt. Ober- und Unterlängenbereich sind wenig ausgedehnt, das obere Schaftende des h endet leicht gekerbt knapp über der Oberlinie, der Schaft des p reicht, unten nach rechts gebrochen, kaum über die Basislinie hinaus, selbst l verbleibt vollständig im Mittelband. Bei v besteht der rechte Schrägschaft lediglich aus einem Haarstrich.

1) Eine von einem Kremser Meister Hans gegossene Glocke von 1498 befand sich angeblich noch 1877 in der Pfk. Gresten, s. die Inschrift nach kopialer Überlieferung in DI 10, Kat.-Nr. 333, vgl. jedoch zur Zuschreibung an einen Kremser Gießer kritisch bzw. ablehnend Fahrngruber, Hosanna 62, 68 (Anm. 1), 249 und 314, dagegen wiederum kritiklos ÖKT 1, 151. Zum zwischen 1390 und 1413/16 belegten Wiener Gießer und Ratsbürger Hans Glockengießer s. Weißenbäck/Pfundner, Erz 135 und 203f., Perger, Ratsbürger 38, 44f. und 202, zuletzt Perger, Künstler 17 und 49–51; Wernisch, Glockenkunde 218, bezeichnet ihn als Hans von Eichstätt.
Literatur

Tschischka, Kunst 99 (15. Jh.). – Schacherl, Gobelsburg 485 (fälschlich 15. Jh.). – Fahrngruber, Hosanna 62, 249, 255 278 und 292 (1410 oder 1510). – ÖKT 1, 151. – Riesenhuber, Kunstdenkmäler 86. – Plesser, Kirchengeschichte (1939) 304. – Weißenbäck/Pfundner, Erz 135, 204, 332 (Abb. 97 und 108; 1410). – ÖAW, NLH, 13. 4. 1965. – Eppel, Waldviertel 110 (1410). – Zotti Kunst 2, 113 (1410 oder 1510). – Dehio Nord 284 (1410). – Wernisch, Glockenkunde 218 und 439f. (1410; Abb.).



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 143,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil2/noe-3-obj143.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich  Politischer Bezirk Krems  Gobelsburg, Pfk. Mariä Geburt    •  Glocke  •  Segenswunsch  •  Gebetsanrufung  •  Gießername  •  Gotische Minuskel  •  Hans von Eichstätt  • 

Abbildungen

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Abb. 91: Glocke (1510), Detail
©  Bundesdenkmalamt, Wien, Fotoarchiv