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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich
Politischer Bezirk Krems
144 |
Haitzendorf, Pfk. Hl. Ulrich |
1511 |
Epitaph der Barbara Pfaffenbeck und der Familie Feiertager, roter Marmor, im südlichen Torvorbau an der Ostwand. Hochrechteckige Platte, in der oberen Hälfte in leicht vertieftem hochrechteckigen Feld mit seichter Hohlkehlenrahmung drei Halbfiguren: Christus als Schmerzensmann, flankiert von Maria (links) und Johannes, beide Christus zugewandt und ihn am Unterarm fassend. Im Hintergrund am oberen Bildrand der Kreuzesbalken mit Titulus (I) sowie – annähernd in den Bilddiagonalen – gekreuzte Lanze und aufgespießter Schwamm (Arma Christi). Unmittelbar darunter (getrennt durch die Oberfläche des Steins als schmale Leiste) querrechteckiges Feld mit drei Wappenschilden in vollrunden Medaillons mit Stableisten. Zuunterst fünfzeilige Inschrift (II). Zeilenlinierung sowie Reste einer sekundären (?) Polychromierung sichtbar: Nimben ehemals gelb, Gewand des Johannes rot, Mantel grün, Mantel Marias rot bemalt, Tingierung des linken Wappens in Resten erhalten. Stein an der linken Kante geringfügig unter Putz liegend, dadurch die jeweils ersten Schäfte am Zeilenbeginn verschmiert.
H. 195 cm, B. 105 cm, Bu. 4 cm (I) bzw. 6 cm (II). – Frühhumanistische Kapitalis (I) und Gotische Minuskel mit Versalien.
Textedition
I.
INRI
II.
Hie ligt begraben des Edlen Cristof / feirtager hawsf(raw) Barbara Pfeffenpeckin
/ vnd vi irer kind vnd ander des namen / mer die gestorben ist am freytag nach
/ dem Newen Jar Jm xj jar
Datum: 1511 Jänner 3.
Wappen: unbekannt1); Feiertager2); Pfaffenbeck3).
Kommentar
Die angeblich zu Beginn des 14. Jahrhunderts aus Salzburg nach Österreich eingewanderten niederadeligen Feiertager waren in den 1330er Jahren nördlich von St. Pölten (Fridau und Ober-Grafendorf bzw. Inning) begütert. 1372 kauften Konrad und Katharina Feiertager von Ulrich und Katharina von Wachau einen Hof in Haitzendorf, den später so genannten, 1633 zugunsten der Errichtung des Meierhofs von Schloß Grafenegg von Hans Peter von Verdenberg abgebrochenen Feiertag(er)hof in Haitzendorf gegenüber der ehemaligen Feiertagmühle (heute Kamp-Kurhof, Haitzendorferstr. 36) am rechten Ufer des Mühlkamp4).
Christoph Feiertager zu Haitzendorf war vermutlich ein Sohn des Wulfing Feiertager zu Haitzendorf, der 1430 von Herzog Albrecht V. seine landesfürstlichen Lehen empfangen hatte. 1464 dürfte er eine erste Ehe mit Apollonia, Tochter Ulrich Leuprechtingers, eingegangen sein. 1490 als Diener Stephans von Eitzing bezeichnet, urkundete er zusammen mit Leopold (III.) von Neidegg zu Ranna. 1491 nahm Christoph von Kaiser Friedrich III. und neuerlich 1493 von König Maximilian I. die wohl von seinem Bruder Bernhard Feiertager ererbten landesfürstlichen Lehen entgegen5). 1495 besiegelte er die Heiratsabrede zwischen Magdalena, Tochter des Kaspar Sulzpeck und Witwe nach Leopold Purgstaller, und Thomas Palleiter, 1497 den Verkauf verschiedener Güter und Gülten in Reinprechts und Umgebung von Georg Eitzinger von Kornberg an Margarete Fronsdorfer6). 1497 verkaufte er seine Zehenten in Paasdorf und weitere Güter und Gülten in Garmanns bei Ladendorf an Kaspar von Roggendorf7). 1498 besiegelte er anstelle des Ausstellers den Stiftbrief des Mauterner Stadtrichters Erhard Kobolt (s. Kat.-Nr. 113) für das Anna-Benefizium in der dortigen Stadtpfarrkirche8). Gegen Ende des 15. Jahrhunderts hatte er 7 lb. den. an Gült oder ständischen Kontributionen zu entrichten9). 1511 erscheint er als ranghöchster Vertreter der Pfarrgemeinde Haitzendorf bei der Stiftung einer dritten Benefiziatenstelle in der Pfarrkirche und besiegelte die Verkaufsurkunde des Georg Grimming zu Haindorf über einen Weingarten in der Pfarre Schiltern an Christoph von Rosenharts10). Nach dem Tod seiner zweiten Ehefrau Barbara, einer Schwester des Christoph Pfaffenbeck zu Haiming, mit der er die Kinder Erasmus, Martin, Barbara und Martha hatte, heiratete Christoph anscheinend in dritter Ehe Katharina Friedberger, die nach Christophs Tod 1522 Konrad von der Dürr zu Wildungsmauer heiratete11).
Das äußerst qualitätvolle Epitaph stammt unzweifelhaft aus derselben Werkstatt wie die 1523 datierte figürliche Grabplatte des Fr. Viktor Lauser in Spitz (Kat.-Nr. 181), die seit Karl Friedrich Leonhardt als eigenhändige Arbeit des Burghausener Steinmetzen und Bildhauers „Sigmund Rueder“ gilt. Bei beiden Steinen stimmen die Gesichtszeichnung vor allem in den Augenpartien, die feingliedrigen Hände und geäderten Gliedmaßen der Figuren und der Faltenwurf der Textilien ebenso wie der Schriftbefund, vor allem auch hinsichtlich der charakteristischen Versalien in höchstem Maß überein12). Die Buchstaben des INRI entsprechen durchaus dem hinsichtlich der Formen und Gestaltungsprinzipien der Frühhumanistischen Kapitalis zu Erwartenden: kräftig dreieckige Sporen an freien Schaftenden, der Schaft des I beiderseits von zwei auf der Mittellinie sitzenden Nodi begleitet, Siculus am Schrägschaft des N und R mit kleinem Bogen und im Winkel zwischen Schaft und unterem Bogenende ansetzender, nur minimal durchgebogener Cauda.
Literatur
Andreas Zajic
Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems
Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Austrian Academy of Sciences Press
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Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich Politischer Bezirk Krems Haitzendorf, Pfk. Hl. Ulrich • Epitaph • roter Marmor • Titulus • Frühhumanistische Kapitalis • Gotische Minuskel mit Versalien • Inschriften des Totengedenkens •
Albrecht V. •
Dürr, Konrad •
Eibensteiner, Helena •
Eitzing, Georg •
Eitzing, Stephan •
Feiertager, Barbara, Bernhard, Christoph, Erasmus, Katharina, Konrad, Martha, Martin, Wolfgang, Wulfing •
Friedberger, Katharina •
Friedrich V. •
Fronsdorfer, Margarete •
Fünfkircher, Hans •
Grimming, Georg •
Hager, Hans •
Hager, Margarete •
Kobolt, Erhard •
Lauser, Viktor •
Leonhardt, Karl Friedrich •
Leuprechtinger, Apollonia •
Leuprechtinger, Ulrich •
Matseber, Dorothea •
Matseber, Jörg •
Maximilian I. •
Meireser, Christoph •
Mör, Apollonia •
Neidegg, Leopold III. •
Palleiter, Thomas •
Pelannter, Thomas •
Pfaffenbeck, Barbara •
Purgstaller, Leopold •
Reiger, Pankraz •
Roggendorf, Kaspar •
Rosenharts, Christoph •
Rueder, Sigmund •
Sulzpeck, Kaspar •
Sulzpeck, Magdalena •
Thurzó, Bernhard I. •
Verdenberg, Hans Peter •
Wachau, Katharina •
Wachau, Ulrich •
Widhopf, Sebastian •
Fridau •
Garmanns bei Ladendorf •
Grafenegg •
Haiming •
Haitzendorf •
Inning •
Schiltern •
Spitz •
St. Pölten
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Topographie 4, 65. – ÖKT 1, 26 und 162f. (Fig. 81). – ÖAW, NLH, 3. 4. 1966. – Adamek, Grabdenkmäler (1968) 21f. und Kat.-Nr. 41 (Abb. 37). – Hülber, Name 36 (Anm. 130). – Adamek, Grabdenkmäler (1969) 44. – Adamek, Grabdenkmäler (1971) 184. – Dehio Nord 386.