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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

154† Dürnstein, ehem. Klosterkirche und Pfk. Mariä Himmelfahrt 1516

Grabdenkmal der Äbtissin Margarete Korni(t)zer, bis etwa 1721 nahe dem südlichen Eingang im Kirchenboden zwischen den Kirchenstühlen1).

Textwiedergabe nach StiA Herzogenburg, Descriptio Monumentorum Nr. 11.


Textedition
			

Anno MDXVI obyt Reverendissima / D(omi)na Margaretha Kornizerin olim / Abbatissa Wiennae atque huius / Monastery hic sepulta.

Anmerkungen

Im Jahre 1516 starb die wohlehrwürdige Frau Margarete Korni(t)zer, vormals Äbtissin in Wien und dieses Klosters (und liegt) hier begraben.


Kommentar

Margarete (III.) Korni(t)zer wurde 1510 nach der Resignation der Dorothea Schirmer (gest. 1516) Äbtissin des Wiener Klarissenklosters. 1514 wurde sie durch den angeblich aus einer Mühlviertler Niederadelsfamilie stammenden Minoritenprovinzial (seit 1507) und nachmaligen Bischof von Wiener Neustadt, Dr. theol. Dietrich Kammerer2), von diesem Amt enthoben, durch dessen angebliche Nichte Esther (Hester) von Silberberg3) ersetzt und schließlich als Nachfolgerin der wohl in jenem Jahr verstorbenen Ursula (I.) Mensheimer in Dürnstein als Äbtissin eingesetzt. Korni(t)zers Nachfolgerin in Dürnstein war die bis 1521 regierende Margarete (IV.) Habermann4). Daß die Grabplatte die Verstorbene ausdrücklich als Abbatissa (…) huius Monastery bezeichnet, sich vor 1721 jedoch in der Klosterkirche des Chorherrenklosters befand, könnte auf eine Verbringung des Steins aus der Kirche des 1573 aufgehobenen Klarissenklosters an den letztbekannten Standort hin deuten. Eher unwahrscheinlich ist eine in älterer Literatur angenommene ursprüngliche Beisetzung der Verstorbenen in der Klosterkirche der Chorherren infolge der Zwistigkeiten zwischen Klarissenkonvent und Äbtissin5).

1521 ließ Kammerer eine Gedenkinschrift auf mehrere während seines Episkopats (als Titularbischof von Zaracovia seit 1512, als Elekt von Wiener Neustadt seit 1519) verstorbene Klarissen der österreichischen Provinz im Dürnsteiner Klarissenkloster anfertigen (Kat.-Nr. 173†).

1) StiA Herzogenburg, Descriptio Monumentorum Nr. 11: „in medio ecclesiae ad scamna versus portam in recto“.
2) S. zu Kammerer (gest. 1530) Keiblinger, Beiträge 13f., Sava, Beiträge 47 (zu Kammerers Siegel von 1517), Weissensteiner, Kammerer passim und DI 48, Kat.-Nr. 169. Zur verlorenen Wappengrabplatte des vermutlich um 1571 verstorbenen Christoph Kammerer, ehem. in der Puppinger Klosterkirche, vgl. in Zukunft den von Roland Forster für die „Deutschen Inschriften“ bearbeiteten Band mit den Inschriften des PB Eferding. Si OÖ 18 formuliert jedoch Bedenken gegen eine vermutete Abstammung Bischof Dietrichs von den Mühlviertler Kammerer (hier „Cammerer“). Das Wappen Dietrich Kammerers zeigte jedenfalls abweichend von dem der Mühlviertler Familie ein Posthorn.
3) Zu ihr und der von ihrem angeblichen Onkel Dietrich Kammerer nach ihrem Tod 1521 in Auftrag gegebenen figürlichen Grabplatte aus der Wiener Klarissenkirche, heute am Wiener Zentralfriedhof, s. vor allem Perger, Grabdenkmäler 368 und 385 (Editionsanhang von Kohn/Mras, Nr. 10) und Abb. 4, vgl. auch HHStA, Hs. W 50/7, fol. 145r, Keiblinger, Beiträge 14 und Gröbl, Klarissenkloster (2005) 220. Kammerer hatte auch der 1516 verstorbenen Dorothea Schirmer in der Wiener Klarissenkirche ein heute verlorenes Grabmal errichten lassen, s. ebd. und vgl. die kopial überlieferte Inschrift in HHStA, Hs. W 50/7, fol. 145r. Von 1515 stammte ein von ihm für seine Mutter Margarete errichtetes Grabdenkmal in der Wiener Minoritenkirche, s. die verlorene Inschrift in ÖNB, Cod. Ser. nov. 12.781, pag. 121 und bei Salvadori, Minoritenkirche 330.
4) S. Biélsky, Tirnstein 171f., Gröbl, Klarissenkloster (1998) 69, Dies., Ordensangehörige 155f. und Dies., Klarissenkloster 202, 220f., 242, 244, 296f., 300f. Eine offenbar eigenhändig von Korni(t)zer geschriebene Papierurkunde (Zusicherung des Genusses einer gewöhnlichen Herrenpfründe an Barbara, Witwe des vormaligen Klosterschaffers Stephan Glatz) s. in StiA Herzogenburg, K. n. 330b (1515 Juni 11, Dürnstein), s. auch Gröbl, Ordensangehörige 163 und Dies., Klarissenkloster (2005) 221 und 297.
5) Vgl. in diesem Sinn Biélsky, Tirnstein 171 und danach Plesser, Kirchengeschichte (1939) 101 und Gröbl, Klarissenkloster (2005) 221.
Literatur

Biélsky, Tirnstein 171f. – ÖAW, NLH, 28./29. 8. 1962. – Pühringer-Zwanowetz, Baugeschichte 111 (Anm. 83). – Gröbl, Klarissenkloster (1998) 69. – Gröbl, Klarissenkloster (2005) 220f.



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 154,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil2/noe-3-obj154.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
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