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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich
Politischer Bezirk Krems
218 |
Hadersdorf a. Kamp, Nähe Umfahrungsstr./am Gschinzbach |
1543 |
Grenzstein mit Jahreszahl und Nennung der Herrschaftsträger, feinkörniges hellgraues Konglomeratgestein, nördlich außerhalb des Markts an einem parallel zur Umfahrungsstr. in Richtung Kammern führenden Güterweg (zwischen Fa. Wachau Obst und Tennisplatz Schuster) in einem Acker an der kleinen Wegbrücke über den Gschinzbach im Erdboden eingesetzt. An der Westseite des oben abgerundeten Quaders zuoberst Jahreszahl, darunter in vertieftem querrechteckigen Feld zwei Wappenschilde, unter diesen zweizeilige Inschrift in mit den Wappen auf einer Oberfläche liegendem, gegenüber dem Sockel jedoch leicht vertieftem querrechteckigen Feld, am Sockel eingeritztes Steinmetzzeichen (s. Nachzeichnung in Anhang 1). Gesamter Stein stark verwittert,
vom linken Wappen nur noch die Schildteilung und Reste der Wappenbilder im zweiten und dritten Feld klar erkennbar, das rechte Wappenbild stark verwittert.
H. (ab Boden) 126 cm, B. 52 cm, T. 21 cm, Bu. 4,5 cm. – Kapitalis.
Textedition
[1 ·] 5 · 4 · 3 / [G]RAF · [I]V[L]IV[S] / HEDER[S]T[ORF]
Wappen: Hardegg1); Markt Hadersdorf2).
Kommentar
Julius (I.) Graf von Hardegg, zu Glatz und im Machland (geb. um 1501), Obersterbschenk in Österreich, Truchseß in Steier, königlicher Rat Ferdinands I., NÖ Generallandobrist (1527), Landeshauptmann ob der Enns (1539–1543), seit 1547 Oberstkämmerer und schließlich Obersthofmarschall Erzherzog Ferdinands II. von Tirol als Statthalter von Böhmen und unter den drei vermögendsten Grundherren im Erzherzogtum unter der Enns, hatte den als Pfandschaft ausgegebenen landesfürstlichen Markt Hadersdorf von seinem Vater, dem prominenten niederadeligen Aufsteiger Heinrich Prüschenk, Freiherrn von Stettenberg und Graf von Hardegg und im Machland, ererbt und die bis 1495 zur Grafschaft Hardegg gehörige Pfandherrschaft und Stadt Retz samt zwei Teichen in Pulkau 1534 von den Erben des Michael von Eitzing abgelöst. Schloß und Herrschaft Grafenegg (damals Neu-Stettenberg) hatte er 1534 an Katharina, Witwe nach Adam von Schwetkowitz, verkauft, bereits 1533 hatte er die Herrschaft Grein, bestehend aus dem von seinem Vater errichteten Schloß Heinrichsburg (nachmals Greinburg), Stadt Grein, Markt Struden, einem Meierhof, dem Landgericht und weiterem Zubehör auf Befehl Ferdinands I. an den kaiserlichen Rat und Ennser Burggrafen Hans Löbl(e) verkaufen müssen3). Neben Hadersdorf war Graf Julius, seit 1529 infolge einer Erbteilung mit seinem Bruder Johann alleiniger Inhaber von Hardegg, auch Inhaber der angrenzenden Herrschaft Gobelsburg, die er 1555 an Christoph von Althan verkaufte4).
Zwischen 1537 – dem Jahr der Niederlage der habsburgischen Truppen bei Esseg, bei der Julius, schon 1529 an der Verteidigung Wiens gegen die osmanischen Belagerungstruppen beteiligt, als Kommandant der adeligen Reiterei des Erzherzogtums unter der Enns fungiert hatte – und 1540 ermahnte der offenbar im Dienst des Hardeggers am sächsischen Hof befindliche Eustach Enenkel von Albrechtsberg Graf Julius in mehreren Briefen, an seiner lutherischen Glaubensüberzeugung festzuhalten5). Julius, mit Gertrude Reichsgräfin von Eberstein vermählt und Vater von sechs Söhnen und vier Töchtern, starb am 14. Juli 1561 am Prager Hof und wurde in der als hochrangige adelige Begräbnisstätte prestigeträchtigen Teynkirche bestattet6).
Ein Gegenstück zum vorliegenden, wohl noch immer in situ befindlichen Grenzstein aus der offenbar im Jahr 1543 durchgeführten Grenzbereitung des Markts Hadersdorf befindet sich heute im privaten Hadersdorfer Weinbaumuseum (Kat.-Nr. 219). Die oben beschriebene Gestaltung des Steins entspricht völlig der damals allgemein üblichen, wie sie etwa auch 1549 für die Ausmarkung der landesfürstlichen Pfandherrschaft Litschau von der NÖ Kammer explizit vorgeschrieben wurde7).
Die Inschrift scheint – soweit der schlechte Erhaltungszustand eine Beurteilung erlaubt – recht linear und plump ausgeführt. A zeigt annähernd senkrechten Rechtsschrägschaft und offenbar einseitig rechts überstehenden Deckbalken, bei E und F sind alle Balken gleich lang, I trägt anscheinend i-Punkte, G hat eine rechtwinkelig nach links gebrochene senkrechte Cauda, R weist eine gerade Cauda auf.
Literatur
Andreas Zajic
Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems
Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Austrian Academy of Sciences Press
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Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich Politischer Bezirk Krems Hadersdorf a. Kamp, Nähe Umfahrungsstr./am Gschinzbach • Grenzstein • Jahreszahl • Nennung der Herrschaftsträger • Konglomeratgestein • Kapitalis •
Althan, Christoph •
Althan, Wolf •
Eberstein, Gertrude •
Eitzing, Michael •
Enenkel, Eustach •
Ernst •
Ferdinand I. •
Hardegg, Bernhard II. •
Hardegg, Johann •
Böhmen, Sigmund •
Huefnagl, Klaus •
Katharina •
Löbl, Hans •
Prüschenk, Heinrich •
Reinbold, Melchior •
Rosenharts, Hans •
Schneckenreiter, Leo •
Schober, Hans •
Schwetkowitz, Adam d. Ä. •
Steinpeck, Sigmund •
Stockhorner, Martin •
Esseg •
Fronsburg •
Gobelsburg •
Grafenegg •
Grein •
Groissenbrunn •
Hadersdorf a. Kamp •
Hardegg •
Haugsdorf •
Heinrichsburg •
Litschau •
Merkersdorf •
Obermallebarn •
Pernersdorf •
Pfaffendorf •
Prag •
Pulkau •
Retz •
Struden •
Wien
Abbildungen
Abb. 110: Grenzstein (1544) ©
ÖAW, Wien, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Fotograf: Michael Malina)
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ÖAW, NLH, 13. 4. 1965 (fälschlich 1544).