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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich
Politischer Bezirk Krems
243 |
Haitzendorf, Pfk. Hl. Ulrich |
1551, 1562 |
Epitaph des Bernhard und der Katharina (geb. von Neidegg) Thurzó von Bethlenfalva, roter Marmor und heller, fast weißer Sandstein, an der Chornordwand. Hochrechteckige Marmorplatte mit elfzeiliger Inschrift in der oberen sowie zwei Vollwappen in seichten Rundbogennischen (die Zwickel seitlich mit vegetabilem Ornament, in der Mitte mit einem Cherubskopf ausgefüllt) in der unteren Hälfte, gerahmt von zwei in Resten rotmarmorfarbig bemalten Sandsteinpilastern mit Groteskstauden, über einfachem Gesims mit Hohlkehle rotmarmorfarbig bemalter Muschelsegmentbogen, im Scheitel bekrönt von kleinem weiß getünchten Cherubskopf (linker Flügel fehlt). Zeilenlinierung sichtbar.
H. 260 cm (gesamt) bzw. 205 cm (Marmorplatte), B. 149 cm (gesamt) bzw. 104 cm (Marmorplatte), Bu. 4,5 cm. – Kapitalis.
Textedition
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Anmerkungen
Wappen: Thurzó1); Neidegg2).
Kommentar
Bernhard (I.) Thurzó von Bethlenfalva zu Grafenegg, Rat und Mundschenk bzw. Truchseß (1538) König Ferdinands I., war der älteste Sohn des Kremnitzer Kammergrafen Georg Thurzó von Bethlenfalva (gest. 1521) und der Anna Fugger. 1536 hatte er das Schloß Grafenegg von den Brüdern Lasla (Ladislaus) und Adam von Schwetkowitz um 26.000 fl. gekauft3). Bald darauf dürfte er Umbauten am Schloß vorgenommen haben, worauf das qualitätvolle Sandsteinportal mit den Vollwappen der beiden Eheleute des offenbar 1538 (s. Kat.-Nr. 209) fertiggestellten Treppenturms am Osttrakt des Schlosses hindeutet. Am 14. April 1550 wurde er mit der oberungarischen/slowakischen Herrschaft Weinitz (das in der Inschrift genannte WOIIMIZ) in den Freiherrenstand erhoben und im selben Jahr in den NÖ Herrenstand aufgenommen. Seine spätestens 1538 mit ihm vermählte Frau Katharina war eine Tochter Hans’ (X.) von Neidegg zu Ranna. Aus der Ehe stammten neben mehreren frühverstorbenen Kindern (vgl. Kat.-Nr. 215†) die Töchter Barbara (gest. 1571), verh. mit Hans Fünfkircher zu Poysbrunn und Falkenstein, Maria (gest. 1613), verh. mit Hortensius Tiriach, und Elisabeth, die 1567 in Wien den zweifachen Witwer Christoph (d. Ä.) Jörger heiratete sowie die Söhne Hans (gest. 1588) und Bernhard (II.). Dieser, seit 1590 verheiratet mit Helena, Tochter des steirischen Erbuntermarschalls Georg von Saurau und der Barbara von Wildenstein, übernahm mit dem gesamten außerhalb Ungarns gelegenen Besitz seines Vaters auch Grafenegg4). Die kurzlebige Grafenegger Linie des Geschlechts starb mit ihm jedoch schon 1594 oder 1596 wieder aus5). Eine aus Bernhards (II.) Ehe stammende Tochter Benigna heiratete als Witwe nach Hans von Lembach am 3. März 1596 in Wien in zweiter Ehe den Kämmerer Erzherzog Matthias’, Martin von Starhemberg zu Schönbühel. Benigna starb am 23. September 1599
in Grafenegg und wurde offenbar ebenfalls in der Pfarrkirche Großweikersdorf begraben6).
Gert Adamek vermutete als Ausführende des gegenständlichen Epitaphs Angehörige einer italienischen Steinmetzwerkstätte, die auch den Treppenturm von 1538 im Schloß Grafenegg gebaut hätten (vgl. Kat.-Nr. 209). Das qualitätvolle Portal dieses Treppenturms verweist jedoch einmal mehr auf die Tätigkeit einer vermutlich in der Gegend um Eggenburg zu lokalisierenden Steinmetzwerkstätte, die neben Bauplastik an mehreren niederösterreichischen Schlössern der Zeit auch zahlreiche Grabdenkmäler in Eggenburger bzw. Zogelsdorfer Sandstein herstellte und offenbar 1549 auch im Auftrag Bernhard Thurzós das Neideggsche Schloß Wildegg umgestaltete7). Mit dem künstlerischen wie inschriftlichen Formenrepertoire dieser Werkstatt weist das Epitaph schon angesichts der großen zeitlichen Differenz, die Adamek ignoriert hatte, keine größeren Gemeinsamkeiten auf. Allerdings erinnern die Formen der Wappen, die Groteskstauden der Pilaster und der Cherubskopf an die vergleichbaren Elemente des ehemaligen Himberger Schloßportals von 1555 (Kat.-Nr. 250), das enger an die Produkte der Eggenburger Werkstatt anschließt. Größere Parallelen in Gesamtkonzeption und Details ergeben sich zum ganz ähnlich aufgebauten Epitaph des Hans Artstetter (gest. 1551) in der Pfarrkirche Kefermarkt8).
Die aus überwiegend recht schmalen, eng gesetzten Einzelformen gebildete Inschrift wurde bei kräftiger Strichstärke relativ linear ausgeführt. Das schmale A mit teilweise spornartiger Abflachung an der Oberlinie weist häufig eine merkliche Rechtsneigung auf, B zeigt mitunter eine minimale Vergrößerung des unteren Bogens, C hat gleich weit nach rechts reichende Bogenenden, das obere in einen Sporn, das untere spitz auslaufend. E hat leicht verlängerten unteren und stark verkürzten mittleren Balken, G kurze senkrechte Cauda, das sehr schmale K hat zwei gerade Schrägschäfte, das breite M ist konisch mit bis zur Basislinie reichendem Mittelteil und spornartigen Abflachungen an der Oberlinie, das schmale O erscheint mitunter fast spitzoval, R hat eine geschwungene Cauda. I erhält nur bei einer Doppelung des Buchstabens ein Quadrangel als diakritisches Zeichen übergestellt.
Literatur
Andreas Zajic
Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems
Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Austrian Academy of Sciences Press
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Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich Politischer Bezirk Krems Haitzendorf, Pfk. Hl. Ulrich • Epitaph • roter Marmor • Kapitalis • Inschriften des Totengedenkens •
Adamek, Gert •
Enzersdorf, Wolf Christoph •
Ferdinand I. •
Fünfkircher, Hans •
Fugger, Anna •
Gutenstein, Martha Margarete •
Lembach, Hans •
Neidegg, Hans X., Katharina, Leopold III. •
Reiger, Pankraz •
Saurau, Benigna, Franz d. Ä., Georg, Helena •
Schwetkowitz, Adam d. Ä. •
Schwetkowitz, Lasla •
Starhemberg, Martin •
Thurzó von Bethlenfalva, Barbara, Benigna, Bernhard I., Bernhard II., Elisabeth, Georg, Hans, Maria •
Tiriach, Hortensius •
Wildenstein, Barbara •
Wildhaus, Anna Dorothea •
Eferding •
Eggenburg •
Falkenstein •
Grafenegg •
Großweikersdorf •
Haitzendorf •
Himberg •
Weinitz •
Wien •
Wildegg •
Zemling •
Znaim •
Zogelsdorf
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